Schleswig-Holstein hat ein Problem mit Fähren und Tunnel
Seit jeher ist das Land zwischen den Meeren auf einen funktionierenden Fährverkehr angewiesen. Ob die Reise vom Festland auf die nordfriesischen Inseln und Halligen führt oder ob es sich nur um eine kurze Querung der Schlei oder des Nord-Ostsee-Kanals handelt: Der ländliche Raum – sei es an der nordfriesischen Küste, an einem Meeresarm oder irgendwo im Binnenland mit seiner idyllischen Seenlandschaft – ist abhängig von zuverlässigen Querungen. Ob in Form von Schiffen oder via Tunnel.
Damit ist es derzeit nicht zum Besten bestellt. So hat Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) die seit Jahren anhaltende missliche Situation am Rendsburger Kanaltunnel inzwischen zur Chefsache erklärt. Rund 300 Mal ist in diesem Jahr bislang die Höhenkontrolle ausgelöst worden, was auf beiden Seiten des Nord-Ostsee-Kanals zu kilometerlangen Staus geführt hat. Die Wirtschaft, angeführt vom Unternehmensverband Nord, beklagt einen fast „täglichen Stillstand“ auf der nach der A7 bedeutendsten Nord-Süd-Verbindung. Abhilfe ist nicht in Sicht. Alle Protagonisten heben die Hand: „Wir haben keinen Lösungsansatz.“ Was auch Landeschef Günther ratlos macht.
Wenige Kilometer östlich hängt unter der Eisenbahnhochbrücke eine der wenigen Schwebefähren, die weltweit noch in Betrieb sind. Sie ist erst gut zwei Jahre alt und fällt im Durchschnitt alle zwei Wochen für mehrere Tage aus. Ein Desaster vor allem für Schüler, die auf die andere Seite des Kanals müssen, um am Unterricht teilnehmen zu können. Zwei Kilometer östlich wartet ein weiteres Desaster. Die neue Hybridfähre „Stecknitz“ liegt auf Reede. Offizieller Grund: Das Personal sei bis auf Weiteres nicht in der Lage, die Elektro-Fähre zu bedienen.
Die chaotischen Zustände auf dem Gebiet des schleswig-holsteinischen Fährverkehrs haben ihren Höhepunkt in der idyllischen Schleiregion zwischen Schleswig und Kappeln. Die Tourismusgesellschaft „Ostseefjord Schlei“ zählte im Vorjahr 4,6 Millionen Übernachtungen und vier Millionen Tagesgäste. Bis zu 120.000 Fahrzeuge und 50.000 Fahrräder nutzen jährlich die Fährpassage von der Halbinsel Schwansen in die Region Angeln und zurück. Wenn die Fähre denn in Betrieb ist.
Die bislang eingesetzte Fähre „Missunde II“ war nach 21 Betriebsjahren marode. Nach der Machbarkeitsstudie eines Ingenieurbüros entschied der zuständige Landesbetrieb, eine neue Fähre zu bauen. Statt eines Dieselmotors sollte die „Missunde III“ mit Solarzellen betrieben werden. Die vier Millionen Euro teure Elektro-Fähre aber schafft es nicht mit einer E-Ladung von einem zum anderen Ufer. Dabei beträgt die Entfernung ganze 100 Meter.
Von einem Konstruktionsfehler ist die Rede. Die moderne Fähre liegt im Hafen. Das Experiment sei gründlich ins Wasser gefallen, kritisiert nicht nur der Steuerzahlerbund. Mittlerweile hat das Land das bereits nach Dänemark veräußerte Vorgängerschiff für den dreifachen Verkaufspreis zurückgekauft. Was mit der neuen Fähre passieren soll, weiß niemand. Sie ist schon jetzt zum Museumsobjekt avanciert.
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