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  • 20.000 Elefanten für die Lüneburger Heide?

    Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und zurück auf diese Woche Liebe Leserinnen und Leser, nach den Osterfeiertagen heißt es überall im Land und auch im politischen Berlin: die Ärmel hochkrempeln und wieder kräftig anpacken. Die Ampelkoalition muss endlich zeigen, dass sie das Land tatsächlich nach vorne bringen will und kann. Dies wird höchste Zeit, denn vieles ist seit ihrem Amtsantritt – und nicht nur über Ostern – liegen geblieben. Oder wie es der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung so treffend beschrieb: Es waren zwei verlorene Jahre. Angesichts der weltweiten Krisen und nicht zuletzt der schwierigen wirtschaftlichen Situation in Deutschland ist dies eine bittere Zwischenbilanz. Auch im ländlichen Raum hat die Ampel vieles unbearbeitet oder vernachlässigt gelassen, was für das dortige Leben und für die Zukunft der Arbeitsplätze von zentraler Bedeutung ist. Dazu gehören Infrastrukturmaßnahmen wie bessere Straßen und Schienennetz ebenso wie die längst überfällige Versorgung mit schnellem Internet – und zwar bis an jede Milchkanne. All dies ist kein Hexenwerk. Andere Länder machen es uns vor. Apropos andere Länder. Ende März sind wir in unserem Blog unter der Überschrift „Peinliche Schüsse aus Namibia“ auf das von Bundesumweltministerin Steffi Lemke betriebene Einfuhrverbot von Jagdtrophäen und das begründete Unverständnis darüber nicht nur unter unseren Jägern eingegangen, sondern auch die heftige Reaktion aus Namibia. Umweltminister Pohamba Shifeta warf damals seiner deutschen Amtskollegin „neokoloniale Einmischung in die Souveränität Namibias“ vor. Auch ausländische Jagdgäste leisten dort in Kooperation mit dem örtlichen Jagdmanagement einen maßgeblichen Beitrag zur nachhaltigen Wildbewirtschaftung. Es geht darum, Tierpopulationen unter Kontrolle und mit dem Artenschutz in Einklang zu bringen. Letztlich werden so auch landwirtschaftliche und forstliche Schäden weitmöglichst vermieden. Mit den Einnahmen aus dem Jagdtourismus werden in afrikanischen Ländern Lebensräume angestammter Wildtierarten erhalten und für viele Einheimische Existenz und Arbeitsplätze gesichert. Zweifellos würde ein hiesiges Einfuhrverbot von Trophäen das Interesse an Jagdreisen stark vermindern. Jetzt hat der Präsident von Botswana, Mokgweetsi Masisi, angesichts der Überpopulation einzelner Tierarten den Ton noch verschärft. Deutschland könne das besonders von den Grünen vertretene Verständnis von Artenschutz bei sich selbst umsetzen. Er wolle der Bundesregierung 20.000 Elefanten mit der Auflage schenken, sie frei laufen zu lassen – wie in Afrika. In Botswana könne man sehen, wie Ernten vernichtet oder Dörfer verwüstet würden. Er meine sein Angebot übrigens ernst, wenn die deutsche Umweltministerin durch das geplante Einfuhrverbot von Trophäen Armut und Wilderei in seinem Land fördere. Botswana hat rund zwei Millionen Einwohner, ebenso viele Touristen und rund 130.000 Elefanten. In dieser Woche droht der Präsident übrigens zusätzlich den Engländern mit 10.000 Elefanten, weil sie ähnliche Einschränkungen wie Deutschland vorhaben. Die Süddeutsche Zeitung fragt schon: „Was macht man, wenn man plötzlich 20.000 Elefanten aus Botswana geschenkt bekommt? Überlässt man ihnen das Tempelhofer Feld? Die Lüneburger Heide? Oder gleich das komplette Saarland?“ Es geht letztlich um falsch verstandene Tierliebe, wie sie von der grünen Ministerin nun regierungsamtlich international umgesetzt werden soll. Und ein Kommentator der „Welt“ meint: „Die Elefanten-Blamage zeigt die Übergriffigkeit der Grünen.“ Das Thema weitet sich zum diplomatischen Eklat aus. Damit wäre dann auch das ebenfalls grün geführte Außenministerium damit befasst. Unsere Anmerkung zu dem ganzen Vorgang: Wir sind noch nicht einmal mit der kleinen Gruppe von knapp 20 freilaufender Wisenten im Rothaargebirge fertig geworden. Dort ist das Artenschutz-Projekt bekanntlich gescheitert. Deutschland fällt zurück Doch zurück zur Wirtschaftslage in Deutschland. Hier scheint oberflächlich betrachtet vieles ja noch in Ordnung zu sein. So liegt die Zahl der Arbeitslosen momentan nicht allzu hoch. Doch angesichts geburtenschwacher Jahrgänge ist dies nicht das früher übliche Zeichen für wirtschaftlich gute Zeiten. Gleiches gilt für die weiterhin hohen Gewinne großer Unternehmen. Denn wie BDI-Chef Russwurm in dem oben zitierten Interview zu Recht betont, machen viele Konzerne mittlerweile einen Großteil ihrer Geschäfte im Ausland. Und dort läuft es momentan deutlich besser. Doch viele Mittelständler und kleinere Betriebe gerade im ländlichen Raum haben nicht diese Möglichkeiten zur Internationalisierung und damit der Streuung von Risiken. Sie sind aufgrund ihres Geschäftsmodells auf den heimischen Markt fokussiert, und dort sieht es eben weit weniger positiv aus. Im Vergleich zu Wettbewerbern in der EU verlieren wir kontinuierlich Marktanteile und damit am Ende auch Wohlstand und Arbeitsplätze. „Nicht wenige große Unternehmen haben ihre Gewinne im Ausland erwirtschaftet, die Profitabilität in Deutschland war dagegen gering oder sogar negativ. Die ziehen deshalb nicht gleich hier ab, überlegen aber, ob nächste Investitionsvorhaben nicht woanders realisiert werden … Das ist ein schleichender Prozess, ein Effekt, der im allgemeinen Bewusstsein noch gar nicht angekommen ist. Noch schwerer haben es viele mittlere und kleinere Betriebe, die nur in Deutschland produzieren und sich jetzt fragen, ob das künftig noch geht. Das gab es so früher nicht.“ Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie Zu viel Bürokratie, teils veraltete Infrastruktur, hohe Energiepreise und drückende Abgaben- und Steuerlasten behindern die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen. Hier ist ein Umdenken erforderlich. Eigentlich wäre das eine Riesenchance für die Koalition, sich zu profilieren und mit überzeugenden Reformschritten eine Wende zum Positiven einzuleiten. Doch vor allem im Kanzleramt will man vom Ernst der Lage nichts wissen, wie auch der BDI-Chef kritisiert. Dort höre man laut Russwurm aus dem Kanzleramt zuletzt nur häufig das Zitat „Die Klage ist das Lied des Kaufmanns.“ Von einem Regierungschef, der eine solche Botschaft des Desinteresses an die Wirtschaft – immerhin die wichtigste Quelle unseres Wohlstands – sendet, ist wohl kein neuer Schwung zu erwarten. Statt die wirklich großen Probleme des Landes anzugehen, verzettelt sich die Ampelkoalition in symbolträchtigen und aus Sicht vieler Bürger überflüssigen bis hin zu schädlichen Projekten. Beispiel: die begrenzte Freigabe von Cannabis. Wir haben darüber in unserem Blog mehrfach berichtet. Doch die Würfel sind jetzt gefallen. Und in Berlin trafen sich am Stichtag 1. April um Mitternacht viele hundert Menschen vor dem Brandenburger Tor zum „Ankiffen“ – ein Schauspiel, das von der Lebenswirklichkeit der meisten Menschen gerade im ländlichen Raum meilenweit entfernt ist. Hier feierten Großstadtmenschen wie auf einem anderen Stern. Man mag dies als Randerscheinung abtun. Doch immerhin wird die Cannabis-Freigabe von der Koalition als einer ihrer wichtigen Erfolge gefeiert, was angesichts der zahlreichen wirtschaftlichen, militärischen und sozialen Missstände doch recht befremdlich wirkt. Aufregung beim Thema Wald Beim Thema Wald gibt es ebenfalls immer wieder Konflikte mit Menschen, die wenig Verständnis und Gespür für die ländliche Lage haben. Jüngstes Beispiel ist die Debatte über Einschränkungen für Mountainbiker. Hintergrund ist der Entwurf für ein neues Bundeswaldgesetz, der im vergangenen Dezember geleakt worden war. Dort heißt es in Paragraph 29 Absatz 4, dass die Länder entscheiden könnten, das Radfahren nur noch auf ausgewiesene Wege zu beschränken. „Sie können dann insbesondere vorsehen, unter welchen Voraussetzungen die zuständige Behörde sowie der Waldbesitzende den Wald sperren darf und wann eine Sperrung wieder aufzuheben ist.“ Angesichts von Klimawandel und Artensterben sollte es eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass bestimmte Bereiche des Waldes vor unkontrollierten und teils rabiaten Freizeitaktivitäten geschützt werden. Und nicht zuletzt sollten Waldbesitzer, die ihre Bestände oft seit Generationen nachhaltig bewirtschaften, nicht länger in ihren Eigentumsrechten von Hobbysportlern an den Rand gedrängt werden dürfen. Stattdessen gilt es, einen pragmatischen und für alle Seiten vernünftigen Ausgleich zu finden. Genießen Sie das Wochenende vielleicht auch mit einem schönen Spaziergang im Wald, ohne dass Sie dabei von einem übermotivierten Mountainbiker fast überfahren werden. Ich wünsche Ihnen eine gute, positive Woche und verbleibe mit den besten Grüßen Ihr Jürgen Wermser Redaktionsleitung/Koordination

  • Das Bundesmodell wird zur Belastungsprobe

    Gerecht, ausbalanciert und aufkommensneutral? Fehlanzeige. Vor allem in NRW dürfte die Grundsteuerreform viele Hausbesitzer und Mieter teuer zu stehen kommen Warnungen wurden in den Wind geschlagen. Der Vorwurf einer teilweise verkorksten Reform vollmundig zurückgewiesen. Nun wissen diejenigen Bundesländer, die sich bei der vom Bundesverfassungsgericht im Jahr 2018 verordneten Reform der Grundsteuer vollkommen auf das vom damaligen Finanzminister Olaf Scholz vorangetriebene Bundesmodell verlassen haben, nicht mehr weiter. Plötzlich wünschen sie auf dem Weg über den Finanzausschuss im Bundesrat und die Finanzministerkonferenz eine Klausel, die den Kommunen erlauben soll, bei der Grundsteuer B zwischen Wohn- und Gewerbeeigentum zu differenzieren. Das ohnehin fragile Grundsteuergesetz soll noch einmal angepackt werden. Dahinter steckt die große Sorge, dass Wohneigentum in Stadt und Land ab 2025 im Grundsteuerbescheid überproportional belastet wird. Die Angst davor ist alles andere als neu. Schon vor Jahren warnten vor allem die Kommunalverbände, der Mieter- und der Steuerzahlerbund vor dieser Gefahr. Vergeblich. In Nordrhein-Westfalen, wegen der stellenweise enorm hohen Hebesätze längst als „Höchststeuerland“ in Verruf geraten, waren die Warnrufe besonders laut. Doch erst jetzt will NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) gegensteuern. Gemeinsam mit der Vorsitzenden der Finanzministerkonferenz, Doris Ahnen (SPD), Ressortchefin in Rheinland-Pfalz, schrieb er einen Brief an Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) mit der Bitte, eine weitere Bestimmung ins Gesetz einzuarbeiten. Und dies, obwohl der Bund 2019 das Grundsteuer-Reformgesetz bereits so angelegt hatte, dass die Länder durchaus eigene Modelle anwenden dürfen. Nur: Nordrhein-Westfalen machte wie acht weitere Bundesländer von der Öffnungsklausel für die Festlegung eigener Messzahlen keinen Gebrauch. Jetzt sollen es die Kommunen richten, für die die Grundsteuer neben der Gewerbesteuer zu den wichtigsten Einnahmequellen zählt. Die Grundsteuer fließt direkt und vollständig in die Stadtkasse. Den Steuersatz können die Städte und Gemeinden selbst bestimmen. Allein in NRW handelt es sich jährlich um vier Milliarden Euro, die als Steuer für bebaute und bebaubare Grundstücke erhoben und von den Eigentümern bezahlt oder auf die Mieter umgelegt wird. Flickenteppich wird noch bunter Und gerade auf diesem Feld soll der heute schon bestehende Flickenteppich der verschiedenen Hebesätze noch einmal bunter werden, wenn Städte und Gemeinden nebeneinander auch noch die Grundsteuer B ausdifferenzieren. Eine gesetzliche Grundlage gibt es dafür bislang nicht. Und bis zum 1. Januar 2025 sind es nur noch wenige Monate. Wie das umgesetzt werden soll, weiß bis dato niemand. Vage ist von einem Übergangsjahr die Rede, obwohl das Bundesverfassungsgericht dies wohl nicht mehr dulden würde. Kein Wunder, dass der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen, Christof Sommer, sauer auf die Landesregierung ist. „Trotz der zahlreichen Warnungen aus der kommunalen Familie hat das Land es nicht für nötig gehalten, rechtzeitig die Lastenverschiebung im Bundesmodell auszugleichen und eine höhere Messzahl für Geschäftsgrundstücke festzusetzen. Ausbaden sollen es jetzt die Kommunen“, reagierte er auf die Minister-Initiative. Wuppertals Stadtkämmerer Thorsten Bunte: „Damit wird ein Problem, das das Land schon längst hätte lösen müssen, nun auf die Kommunen abgewälzt, die dies aber kaum lösen können. Für Städte und Gemeinden entstünde damit großes Konfliktpotenzial vor Ort.“ Die Wellen der Empörung schlagen hoch In einer Aktuellen Stunde im Landtag in Düsseldorf bemühten sich CDU und Grüne Ende März darum, dem Richtungswechsel einen positiven Anstrich zu verpassen. Die kommunale Selbstverwaltung werde gestärkt, hieß es. FDP und SPD sprachen dagegen verärgert von einem „schwarz-grünen Scherbenhaufen“ und einer „Wüst-Steuer“. Tatsächlich schlagen in NRW die Wellen der Empörung unabhängig von einer Lösung auf dem Gesetzesweg schon heute beim Thema Grundsteuer B hoch. Denn Umfragen haben ergeben, dass viele Städte und Gemeinden in den vergangenen zwei Jahren bereits beherzt an der Steuerschraube gedreht und die Hebesätze teilweise massiv angehoben haben. Die drei größten beschlossenen bzw. geplanten Steuererhöhungen in Nordrhein-Westfalen lesen sich so: Gronau von 479 auf 958, Niederkassel von 690 auf 1100, Rheinberg von 510 auf 920.  Haus & Grund NRW, ein Zusammenschluss der Landesverbände der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümerverbände in Nordrhein-Westfalen, spricht mit Blick auf das kommende Jahr bereits von einem „Kostenschock“. Die Politik muss handeln.

  • Tödliches Risiko Ärztemangel

    Keiner soll früher sterben oder eine schlechte gesundheitliche Betreuung erfahren, wenn er nicht in der Stadt lebt, sondern auf dem Dorf. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus Die Erleichterung war dem Präsidenten der Landesärztekammer Sachsen anzumerken. „Die Zahl der Ärzte in Sachsen ist im vergangenen Jahr gestiegen. Derzeit arbeiten bei uns im Freistaat 19.693 Ärzte. Das sind immerhin 442 mehr als noch ein Jahr zuvor“, erklärte Erik Bodendieck bei einer Pressekonferenz in Dresden. Doch wo kommen diese Ärzte her? Und genügen sie, um die medizinische Versorgung auch in den ländlichen Räumen sicherzustellen? Bekannt ist: Laut Landesärztekammer kommen von den knapp 20.000 Ärzten, die in Sachsen aktuell arbeiten, 3200 aus dem Ausland – Tendenz steigend. Die meisten stammen aus Syrien (416), der Tschechischen Republik (415), Polen (275), der Slowakei (238), Russland (182), Rumänien (175) sowie der Ukraine (160). „Viele Kliniken und Praxen in Sachsen sind auf die Unterstützung aus dem Ausland angewiesen. Ohne die ginge vielerorts nicht viel“, erklärte Bodendieck sicher auch mit Blick auf den im Freistaat grassierenden Rechtspopulismus. Denn genau dieser schreckt Bewerber aus dem Ausland ab, gemeinsam mit ihren Familien als Arzt in den „Osten“ zu ziehen und dort als Landarzt sein Glück zu versuchen. Wer geht schon an einen Ort, wo er Ablehnung sogar mehr befürchten muss. Dabei ist der ländliche Raum bundesweit mehr denn je auf den Zuzug von Medizinern aus dem Ausland angewiesen. Denn die Ärztedichte liegt besonders in Teilen Sachsens, Sachsen-Anhalts und vor allem in Brandenburg unter der kritischen Marke von 138 bezogen auf 100.000 Einwohner. Da mag es ein schwacher Trost sein, dass auch im Westerwald sowie Teilen Schleswig-Holsteins und Bayerns die Lage ebenfalls schlimm ist. Es trifft Kinder – und alte Menschen Gefährlich ist diese Unterversorgung des ländlichen Raumes für alle Bevölkerungsgruppen. Sie trifft alte und junge Menschen, chronisch Kranke und Notfallpatienten. So wohnen zum Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern fast fünf Prozent der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren mehr als 20 Kilometer vom nächsten aktiven Arzt entfernt. 20 Kilometer – und das oft ohne guten öffentlichen Personennahverkehr. Gesundheitsforscher haben zudem bewiesen, dass Kinder und Jugendliche, die in unterversorgten Regionen leben, oft die lange Fahrt scheuen und deswegen seltener zum Arzt gehen. Ein riskantes Spiel, geboren aus der Not. Alarmierend ist diese Tendenz auch für chronisch Kranke oder Menschen ab 65 Jahren. Regelmäßige ärztliche oder pflegerische Betreuung wird für diese Bevölkerungsgruppe zur Strapaze, die man scheut oder vielleicht nur mit viel Aufwand bewältigen kann oder will. Oder eben nicht will. Landarztquote wirkt sich ab 2030 aus Und was unternimmt die Politik? Der sächsische Ärztekammerpräsident Bodendieck wirbt für „moderne Arbeitsmodelle und Kooperationsmodelle“, um wenigstens frei werdende Praxen auf dem Land wieder besetzen zu können. Ob dies hilft, steht doch eher in den Sternen. Telemedizin ist ein weiterer Hoffnungsschimmer. Viele Bundesländer setzen auf die Landarztquote. Das hat wenig mit der romantisierende ZDF-Serie zu tun, sondern soll mehr junge Menschen befähigen, auch mit schlechterem Abi-Notenschnitt ein Medizinstudium aufzunehmen. Im Gegenzug verpflichten sich diese Studierenden, sich für einen festgeschriebenen Zeitraum nach dem Medizin-Studium im ländlichen Raum als Arzt niederzulassen. Finanzielle Anreize für die Ausstattung der Praxis kommen in vielen Bundesländern – so zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen – hinzu. Das ebenfalls an Ärztemangel leidende Bayern – schon immer stolz auf eigene Ideen – meldete im Frühling erste Zahlen: 2023 studieren im Freistaat über 440 junge Menschen über die Landarztquote sowie 51 im Rahmen der ÖGD-Quote an einer der sieben medizinischen Fakultäten Humanmedizin. Also, alles bald gelöst im Söder-Land? Von wegen: Die ersten Hausärzte, die über diesen Weg ihr Studium aufnehmen, werden voraussichtlich erst im Jahr 2031 die größten Lücken in den Praxen schließen. Sieben Jahre also. Eine Zeit, die wohl viele Patienten auf dem Land nicht haben.

  • Schluss mit der grünen Blockadepolitik beim Wolf

    Umweltministerin Steffi Lemke hintertreibt den Vorstoß der EU-Kommission, den Schutzstandard des Wolfes von „streng geschützt“ auf „geschützt“ zu senken Der sinnvolle Vorstoß der EU-Kommission, den Schutzstatus des Wolfes zu senken und ein aktiveres Management der Bestände zu ermöglichen, könnte ins Leere laufen. Im Kreis der 27 Mitgliedstaaten zeichnet sich (noch) keine Mehrheit für den Vorschlag ab, den die Kommission kurz vor Weihnachten vorgelegt hat. Eigentlich sollten die Umweltminister am 25. März abstimmen. Um grünes Licht zu geben, müssten 15 Mitgliedstaaten, in denen 65 Prozent der EU-Bevölkerung leben, dafür stimmen. Das war nicht gesichert, daher hat die belgische Regierung, die derzeit im Rat die Geschäfte führt, nicht abstimmen lassen. Nun soll ein erneuter Anlauf Mitte April unternommen werden, diesmal im Kreis der EU-Botschafter. Ob dann die Mehrheit steht, ist offen. In dieser Woche nach Ostern soll es noch einmal eine technische Sitzung auf Beamtenebene der Umwelt- und Agrarressorts geben. Der Plan der Kommission sah vor, nach einem Beschluss der Mitgliedstaaten den ständigen Ausschuss der Berner Konvention zum Schutz von Wildtieren anzurufen. Eigentlich steht erst im Herbst die nächste reguläre Sitzung an. Die Kommission wollte daher eine Sondersitzung beantragen. Die Abstimmung über den Antrag, den Schutzstatus von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herabzustufen, galt als Formsache, weil in dem Gremium des Europarates neben den Europäern noch Marokko und die Türkei abstimmen. Beide Länder sind für das Anliegen. Mit dem Beschluss im Rahmen der Berner Konvention wollte die Kommission dann die EU-Gesetzgebung ändern und noch vor der Europawahl ein aktiveres Wolfsmanagement in der EU ermöglichen. Es droht Verzögerung um mehrere Jahre Sollte es keine Mehrheit im Kreis der Mitgliedstaaten geben, dürfte das Thema für mehrere Jahre erledigt sein. Dann hätte der hinhaltende Widerstand von Sozialisten, Grünen und Linken, die sich die Argumente von übertriebenen Artenschützern und Esoterikern zu eigen gemacht haben, Erfolg. Die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) spielt hier eine entscheidende Rolle. Sie verweigert der Initiative der Kommission die Unterstützung. Da in der Bundesregierung zumindest die Liberalen dafür wären, müsste sich der deutsche Vertreter enthalten. Das sieht der Koalitionsvertrag der Ampel vor. In Brüssel wird die chronische Enthaltung des größten und einwohnerreichsten Mitgliedstaates bereits als „German Vote“ (deutsch so viel wie: Abstimmungsmodus der Deutschen) gebrandmarkt. Meist war es der liberale Koalitionspartner zuletzt, der das „Geman Vote“ durchgesetzt hat, etwa bei der Abstimmung zum Verbrenner-Aus oder zum Renaturierungsgesetz. Diesmal wären die Grünen dafür verantwortlich. Lemkes Ministerium meldet die Bestände nachlässig Steffi Lemke hintertreibt jeden Versuch, die Wolfsbestände hierzulande zu regulieren. Das von ihr geführte Ministerium meldet nachlässig die Bestände. Derzeit liegen Brüssel die Zahlen aus dem Jahr 2017 vor. Das Umweltministerium will erst turnusgemäß 2025 wieder neue Zahlen an die EU melden. Bereits unter dem streng geschützten Status könnten die Behörden eingreifen und Wölfe abschießen. Hier hält sich Deutschland sehr zurück. In Deutschland sind 2023 zwei Wölfe von den Behörden getötet worden. In Frankreich werden Schätzungen zufolge jedes Jahr 200 Exemplare geschossen. Frankreich, das wesentlich dünner besiedelt ist als Deutschland, hat etwa 1100 Wölfe. Mit 200 Abschüssen im Jahr bleibt die Population jenseits des Rheins in etwa stabil. In Deutschland werden derzeit zwischen 1300 und 2000 Wölfe vermutet. Beobachter halten eine Zahl von 500 der Beutegreifer, die keine natürlichen Feinde haben und sich daher stark vermehren, hierzulande für sinnvoll. Der Vergleich mit unserem Nachbarland zeigt, wie viel in Deutschland zu tun ist. Die Blockade eines sinnvollen Wolfsmanagements in der gesamten EU durch den grünen Teil der Bundesregierung sollte umgehend beendet werden.

  • Geld fürs Dorfleben

    Der Generalsekretär des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, Stephan Gersteuer, kritisiert im Interview mit „natur+mensch“ die grüne Landwirtschaftspolitik Deutliche Verbesserungen, aber der große Durchbruch ist es nicht. Der Generalsekretär des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, Stephan Gersteuer, äußert sich zu den jüngsten Beschlüssen der EU-Kommission. Dabei kritisiert er Auswüchse der gegenwärtigen Politik mit „überbordenden bürokratischen Pflichten und Doppelerhebungen“. Sollte es beim Agrardiesel keine weiteren Verbesserungen geben, kündigt der Generalsekretär neue Demonstrationen im Vorfeld der Bundestagswahlen an. Frage: Die Zeiten in der Landwirtschaft sind ungemütlich, europaweite Proteste an der Tagesordnung. Jetzt hat die EU-Kommission angekündigt, den Bauern entgegenkommen zu wollen. Kehrt damit Ruhe ein? Gersteuer: Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Änderungen sind in der Tat bemerkenswert. Im Grunde enthalten sie das Zugeständnis, dass die derzeitige Gemeinsame Agrarpolitik insofern fehlkonzipiert ist, als dass eine immer geringer werdende Basisprämie je Hektar mit zu hohen Auflagen im Rahmen der sogenannten Konditionalität verknüpft ist. Immerhin soll nun die vierprozentige Stilllegungspflicht entfallen, die Winterbodenbedeckung flexibler gestaltet werden können und neben dem von Jahr zu Jahr vorzunehmenden Fruchtwechsel auch eine jährliche Anbauvielfalt anerkannt werden können. Das werden die Landwirtinnen und Landwirte, wenn es denn national auch so umgesetzt wird, als deutliche Erleichterung wahrnehmen. Das größere Ärgernis sind aber die zumeist vor allem aus dem nationalen Recht stammenden, überbordenden bürokratischen Pflichten und Doppelerhebungen auf den Betrieben. Frage: 55 Milliarden Euro gibt die EU jährlich an die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), sechs Milliarden davon gehen nach Deutschland. Rund drei Viertel davon fließen als Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe, der Rest ist für die Förderung ländlicher Regionen vorgesehen. Was heißt das? Geld fürs Dorfleben? Gersteuer: Ja, aus der zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik wird auch die ländliche Entwicklung gefördert, unter anderem die Dorferneuerung. Das ist also nicht nur etwas für Landwirte, sondern auch für Landräte. Soweit die Landwirtschaft gefördert wird, sind dafür von den Bäuerinnen und Bauern konkrete Gegenleistungen für Natur und Umwelt zu erbringen. Frage:  Die Höhe der Direktzahlungen hängt mit der bewirtschafteten Fläche zusammen. Ist diese Regelung noch zeitgemäß? Gersteuer: Die flächenbezogene Zahlung macht heute nur noch einen Teil der Direktzahlungen aus und ist zudem an die – bislang zu strenge – Konditionalität gebunden. Dieses Konstrukt sehen wir kritisch und zeigen uns offen für Lösungen, die unter dem Namen „Gemeinwohlprämie“ oder „erfolgsorientierte Agrarprämie“ bestehende und neue Leistungen der Landwirte für Natur und Umwelt vergüten sollen. Frage: Landwirte müssen sich an bestimmte Umweltstandards halten. In Schleswig-Holstein haben sie unter anderem breite Knickpflege zu akzeptieren. Dagegen gibt es Widerstand. Ist da eine Einigung mit dem grünen Umweltministerium in Sicht? Gersteuer: Wir sind dazu in Gesprächen mit der Landesregierung. Es geht darum, dass, so wie das Land es auslegt, sich Regelungen aus dem Landes- und dem Bundesnaturschutzgesetz miteinander verhaken: Im Ergebnis dürfte der Knick nur alle drei Jahre nach der Ernte im Sommer seitlich beschnitten werden, dabei aber nur der Zuwachs aus dem letzten Jahr entfernt werden. Der Knick wächst dann aber immer weiter in die Fläche hinein. Dies entspricht nicht der klassischen Knickpflege und ruft nach Änderung. Zusatzfrage: Belastet die grüne Philosophie die landwirtschaftliche Zukunft? Gersteuer: Frage ist, was die grüne Philosophie ist. Es gibt ja das Schlagwort von den Grünen als Verbotspartei oder zumindest Regulierungspartei. Und in der Tat will man den klimarelevanten Emissionen nicht nur – wie auch von Ökonomen empfohlen – mit europäischem Emissionshandel und der nationalen CO₂-Abgabe zu Leibe rücken, sondern mit Dirigismus und detailversessener Regulatorik. Das geht dann vom nationalen Klimaschutzgesetz über die Nachhaltigkeitsberichterstattung, Lieferkettengesetze und das Heizungsgesetz bis hin zum Verbrennerverbot. Genauso geht man beim Erhalt der Biodiversität und beim Ostseeschutz vor: Mehr Auflagen und mehr Regeln sollen es richten. Andererseits erkennen auch Grüne, dass die überbordende Bürokratie Wirtschaft und Landwirten immer Fesseln anlegt und die Unternehmen im Übermaß belastet. Dass zwischen Regulierungssucht und Bürokratie ein Zusammenhang besteht, erkennt man anscheinend nicht. Der grüne Umweltminister Schleswig-Holsteins, Tobias Goldschmidt, soll einen Aufkleber am Monitor in seinem Büro haben, der besagt „I love Ordnungsrecht!“. Zu Ende gedacht bedroht das durchaus die Zukunft unserer Betriebe. Frage: Die deutsche Ampelregierung hält am schrittweisen Abbau des Agrardiesel-Privilegs fest. Findet sich die Bauernschaft damit ab? Gersteuer: Die Kürzung war ein unüberlegter Schnellschuss. Sowas kommt, wenn man eine fragwürdige Liste des Umweltbundesamtes zu angeblich klimaschädlichen Subventionen zu Rate zieht. Dabei bestehen zumindest zwei Denkfehler: Zum einen ist es keine Subvention und kein Privileg, sondern ein berechtigter teilweiser Erlass der Kraftstoffsteuer, weil wir den Diesel weitaus überwiegend auf unseren Feldern verbrauchen und nicht auf öffentlichen Straßen, die mit dieser Steuer gebaut und unterhalten werden sollen. Zum anderen ist diese Befreiung nicht klimaschädlich, weil die Landwirte gar keine Ausweichmöglichkeit haben. Es gibt noch keine funktionierenden Alternativen zum Dieselschlepper. Deshalb bleiben wir am Agrardiesel dran und werden das spätestens im Bundestagswahlkampf thematisieren. Frage: Brüssel will Zölle auf Agrarimporte aus Russland und – überraschend – auch aus der Ukraine einführen. Halten Sie das für den richtigen Weg? Gersteuer: Beides hilft nur bedingt. Letztlich handeln wir Getreide auf dem Weltmarkt und das Hauptproblem ist, dass Russland zurzeit billigen, zum Teil geraubten Weizen auf diesen Markt wirft – sicherlich auch um die Ukraine zu schwächen, die auf die Einnahmen aus den Getreideexporten dringend angewiesen ist. Dadurch sinken Preise und Nachfrage nach heimischem Getreide dramatisch. Importe aus Russland und der Ukraine führen vor allem zu einer Nachfragedelle im Osten der EU. Deshalb reagiert die EU mit Zöllen auf ukrainische Waren, wobei Weizen allerdings noch ausgenommen ist, und überlegt, das russische Getreide mit Zöllen zu belegen. Auch wir sagen, diese Getreidelieferungen müssen dorthin, wo das Getreide gebraucht wird – und das ist nicht die EU. Frage: Die Landwirte sollen rückwirkend ab 2023 bei der Einkommensteuer über sechs Jahre entlastet werden. Ein Entgegenkommen der besonderen Art, wovon andere Branchen in der Wirtschaft nur träumen können. Ein etwas überzogenes Privileg, heißt es. Eine Konzessionsentscheidung zugunsten der Landwirte? Gersteuer: Die Steuerglättung, die wir übrigens bis zum Jahr 2023 hatten, hilft den Betrieben durchaus. Die Formulierung Ihrer Fragestellung überschätzt die Wirkung aber erheblich. Gerade in Schleswig-Holstein mit einem hohen Anteil an Vollerwerbsbetrieben bleiben viele Betriebe trotz Glättung über dem Progressionsbereich, sodass die Glättung vor allem einen Liquiditäts-, aber keinen Steuerspareffekt hat. Bei den übrigen Betrieben ist die Mittelung des Steuersatzes gerechtfertigt, weil in der Landwirtschaft durch die zunehmend extremer werdende Witterung und die volatilen Weltmärkte die Einnahmen in der Landwirtschaft stärker schwanken, ohne dass der einzelne Betrieb darauf Einfluss hat.

  • Bahn fährt wieder und mehr Hasen – zwei gute Nachrichten zu Ostern

    Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und zurück auf diese Woche Liebe Leserinnen und Leser, beginnen wir vor dem Osterfest mit zwei guten Nachrichten. Wer an den Festtagen Freunde oder Verwandte besuchen möchte, hat endlich wieder im wörtlichen Sinne freie Bahn. Die Lokführergewerkschaft GdL und das Bahn-Unternehmen haben sich erfreulicherweise auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt. Die Kunden mussten viel zu lange auf diese Tariflösung warten. Die Gewerkschaft hatte mit ihren massiven Streikaktionen zu einem schweren Vertrauensverlust der Bahn beigetragen. Um deren Ruf als verlässliches Verkehrsmittel steht es wegen Misswirtschaft und viel zu häufiger Unpünktlichkeit von Zügen ohnehin nicht zum Besten. Wird jetzt, nach der jüngsten Einigung, alles gut werden? Davon ist leider nicht auszugehen. Denn die Verbesserungen für die Beschäftigten wird das Unternehmen zumindest kurzfristig kaum auffangen können, ohne dass die Kunden darunter leiden müssen. Zu befürchten sind noch mehr Zugverspätungen, höhere Preise oder gar ein generell ausgedünnter Fahrplan aufgrund Personalmangels – Stichwort Arbeitszeitverkürzung der Lokführer. Jedem einzelnen von ihnen sei es persönlich gegönnt, aber in der jetzigen wirtschaftlichen Situation ist weniger arbeiten keine gesamtgesellschaftlich sinnvolle Lösung. Darunter wird der Güterverkehr schwer leiden, der ohnehin zum Stiefkind des Unternehmens geworden ist – siehe den Beitrag unseres Autors Michael Lehner – „Die Bahn, ein Trauerspiel“ – vom vergangenen Montag. Auch im Personenverkehr dürfte die Geduld der Passagiere künftig weiter arg strapaziert werden. Doch das ist noch Zukunftsmusik. Kurzfristig heißt es erst mal aufatmen, weil die Züge zu Ostern wie geplant wieder rollen können. Auch Flugreisende müssen keine weiteren Streiks mehr zu Ostern befürchten, nachdem sich jetzt der Konzern und die Gewerkschaft ver.di auf Grundzüge eines neuen Tarifvertrags für das Lufthansa-Bodenpersonal geeinigt haben. Gewinner des Klimawandels Indirekt hat auch die zweite gute Nachricht etwas mit Ostern zu tun: Die Zahl der Feldhasen in Deutschland hat wieder zugenommen. Dies wird nicht nur Jäger und Naturliebhaber freuen, sondern auch viele Familien und Kinder, für die die Langohren zum tierischen Symbol des Osterfestes geworden sind. Im vergangenen Frühjahr lebten auf Äckern, Wiesen und Feldern im Durchschnitt 19 Feldhasen pro Quadratkilometer. Dies ist nach Angaben des Deutschen Jagdverbandes (DJV) der höchste Wert seit Beginn des bundesweiten Monitorings im Jahr 2001. Im Frühjahr 2022 seien in Deutschland lediglich 16 Tiere pro Quadratkilometer gezählt worden. Der Feldhase gehört damit zu den Gewinnern des Klimawandels, denn er mag es vor allem in der Geburtszeit im Frühjahr gerne trocken und warm. Auch war der letzte Winter nicht besonders hart. Allerdings waren die kürzlichen Überschwemmungen in weiten Teilen Deutschlands fatal gerade für junge Feldhasen. Sie hatten bei den Wassermassen keine Chance, zu entkommen und sich in trockene, sichere Gebiete zu flüchten. Die deutsche Wildtier-Stiftung schätzt die Gesamtzahl der Feldhasen in Deutschland auf mindestens zwei Millionen. Man kann nur hoffen, dass der positive Trend auch langfristig anhält. Dazu ist es allerdings erforderlich, die Bedürfnisse von Landwirtschaft und Naturschutz noch stärker miteinander in Einklang zu bringen. Dies wird nur über finanzielle Verbesserungen für Bauern gehen, die die Äcker und Wiesen bewirtschaften, die den Lebensraum der Feldhasen bilden. Hier ist die Politik gefordert. Özdemir wird daran gemessen, was er persönlich leistet Der zuständige Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir scheint das Problem erkannt zu haben, wie jüngste Äußerungen in einem ARD-Interview nahelegen. Der Grünen-Politiker zeigte auch Verständnis für die kürzlichen Proteste der Bauern. Bedenklich stimmt jedoch, dass er den Unmut der Landwirte vor allem auf die Versäumnisse aus den letzten Jahrzehnten bezog, nicht jedoch auf die aktuelle Politik. So einfach sollte es sich Özdemir nicht machen. Denn natürlich ist in der Vergangenheit viel versäumt und falsch entschieden worden. Doch das ist kein Grund, jetzt die Hände in den Schoß zu legen und mit dem Finger auf die Vorgängerregierungen zu zeigen. Im Gegenteil, der Grünen-Politiker wird daran gemessen, was seine Koalition und er persönlich aktuell leisten, und nicht daran, was frühere Politiker versäumt haben. Selbst ist der Minister. Auch bei der jüngsten Einigung der europäischen Agrarminister über ein neues Reformpaket war Özdemir keine treibende Kraft. Denn er stand mit seinen umwelt- und klimapolitischen Bedenken, den Bauern auf vielen Politikfeldern entgegenzukommen, weitgehend allein da. Vorausgesetzt, das Europäische Parlament stimmt im April wie erwartet zu, werden Landwirte dauerhaft von der Pflicht entbunden, vier Prozent ihrer Ackerflächen brachliegen zu lassen. Wer es dennoch tut, muss dafür vom Staat entlohnt werden. Aufgeweicht werden zudem Regeln für die Fruchtfolge, die erlassen worden waren, damit die Böden sich besser erholen können. Und die nationalen Regierungen sollen künftig etliche andere Ökoregeln flexibler als bisher anwenden. All dies mag für die Bauern noch nicht der große Durchbruch zum Positiven sein, doch es sind für sie klare Verbesserungen. Umso wichtiger, dass gewalttätige Proteste wie jüngst in Brüssel die politische Stimmung nicht wieder zuungunsten der Bauern kippen lassen. Schritt nach vorn beim Thema Wolf Einen kleinen Schritt nach vorn macht die Politik derweil auch beim Thema Wolf, zumindest in Niedersachsen. Dort darf seit Dienstagabend in der Region Hannover ein Wolf geschossen werden. Niedersachsen setzt damit als erstes Bundesland das neue, sogenannte Schnellabschussverfahren um, auf das sich die Umweltministerkonferenz Anfang Dezember geeinigt hatte. Danach ist in Gebieten mit überdurchschnittlich vielen Wolfsangriffen auf gut geschützte Herden in einem Abstand von 1.000 Metern um die entsprechende Weide für 21 Tage der Abschuss erlaubt – ohne dass eine DNA-Probe bestätigen muss, dass es sich um einen bestimmten Wolf handelt. „Um die Akzeptanz für den Wolf zu erhalten, müssen wir im Einzelfall, wo Wölfe wiederholt Probleme machen, zum Schutz der Weidetiere handeln, und zwar schnell.“ Niedersachsens Grünen-Umweltminister Christian Meyer Am vergangenen Wochenende war in der Region Hannover ein Rind durch einen Riss getötet worden. Aus dem Umweltministerium hieß es laut NDR, mit „hinreichender Sicherheit“ handele es sich dabei um einen Wolfsriss. Die Genehmigung zum Abschuss gelte für einen Zeitraum von drei Wochen. Das getötete Rind war den Angaben zufolge Teil einer Herde mit rund 30 erwachsenen Heckrindern und einem Jungbullen. Nach geltenden Vorgaben sei damit ein ausreichender Schutz gegeben gewesen, so das Ministerium. Wolfs-Freunde drohen mit „beispielloser Klagewelle“ Seit September 2023 handelt es sich um den fünften Riss in diesem Gebiet. Eindeutiger und krasser könnte die Gefahr für die betreffenden Weidetiere kaum sein. Selbst das von einem Grünen geführte Umweltministerium in Hannover sieht hier klaren Handlungsbedarf. Doch radikale Artenschützer laufen gleichwohl Sturm gegen die Ausnahmegenehmigung und halten sie für rechtswidrig. Der in Wolfsburg ansässige „Freundeskreis freilebender Wölfe“ kündigte an, mit einer „beispiellosen Klagewelle“ bis hin zum Europäischen Gerichtshof gegen die Regelung vorzugehen. Man kann nur hoffen, dass die Justiz hier schnell mit einem wirklichkeitsnahen Urteil Klarheit schafft. Derweil hintertreibt Bundesumweltministerin Steffi Lemke im Kreis der 27 EU-Mitgliedstaaten den Vorstoß der Kommission, den Schutzstandard des Wolfes von „streng geschützt“ auf „geschützt“ zu senken. Darüber berichtet nach Ostern in unserem Blog Ludwig Hintjens, unser Mann in Brüssel. Doch genug der Politik. Jetzt stehen hoffentlich für uns alle schöne Ostertage an. Genießen Sie die Zeit mit Freunden und der Familie. Und wenn Sie im ländlichen Raum leben, schauen Sie vielleicht bei einem der vielerorts stattfindenden Osterfeuer vorbei. Dort kann man in zwangloser und angenehmer Atmosphäre Nachbarn und andere Bekannte treffen, die einem sonst nicht jeden Tag über den Weg laufen. In meiner Heimat haben solche Veranstaltungen eine lange Tradition. Ich gehe gern dorthin und lasse mir dabei eine (nicht vegane) Bratwurst vom Grill der Freiwilligen Feuerwehr gut schmecken … Mein Kollege Jost Springensguth und alle Autoren unseres Blogs wünschen Ihnen frohe Ostern. Den nächsten Beitrag von uns können Sie dann am Dienstag nach den Festtagen lesen. Mit besten Grüßen Ihr Jürgen Wermser Redaktionsleitung/Koordination

  • Lasst die Hasen Eier legen

    Ostern ist die hohe Zeit der Kommerz-Tierliebe und der großen Missverständnisse Ostern hat die kommerzielle Tierliebe Hochkonjunktur. Mit veganen Kampagnen gegen der Verzehr von Eiern oder gar von geschmortem Kaninchen. Und mit Stimmungsmache gegen Landwirtschaft und Jagd. Dabei bewirkt ahnungslose Tierliebe oft das Gegenteil von Natur- und Artenschutz. Tatsache ist zum Beispiel, dass längst nicht mehr viele Jäger des (Oster-)Hasen Tod sind. Sondern weit eher einseitige Tierliebe. Weil Fuchs und Waschbär ohne Jagd überhandnehmen und nicht nur dem Feldhasen, sondern auch den Wiesenbrütern in ihren verbleibenden Lebensräumen das (Über-)Leben schwer machen. Zusammen mit den Greifvögeln, von denen viele längst nicht mehr zu den bedrohten Arten gehören. Nicht der Rotmilan, was sogar hartnäckige Windkraftgegner zugeben müssen. Jäger wissen, dass im Acker meist noch weit mehr Hasen sitzen als im akkurat gestutzten (und gespritzten) Rasen von Golfplätzen oder Parkanlagen. Und wahr ist auch, dass kein vernünftger Jagdpächter „seine“ Hasen ausrottet. Ein guter Besatz gehört zum Stolz des Beständers. Jedes Jahr im Herbst zur Treibjagd ist zu bestaunen, dass es tatsächlich noch solche Reviere gibt. Und oft sind sie in überwiegend bäuerlicher Hand. Zu solcher Hege gehört auch der Mut, Hass auszuhalten. Wenn Tierfreunde „Mörder“ brüllen. Und nicht verstehen, dass die Füchse sich ohne Regulierung mit Flinte und Büchse so lange vermehren, bis Tollwut und Räude für Gleichgewicht sorgen – weit grausamer und quälender als der Schuss des Jägers. Doch in der Realität wird um jeden Fuchs gestritten. Auch vor Gerichten und auch um sicher nicht bedrohte Arten wie die Saatkrähe. Sogar um Schädlinge, die nicht heimisch sind, sorgt sich ein Teil der Naturschutz-Szene. Zumal der NABU, der dabei mitunter auch die Lächerlichkeit nicht scheut. Zum Beispiel in Niedersachsen, wo ein örtlicher NABU-Vorsitzender eine „starke Bekämpfung“ der Waschbären verlangte. Und prompt von Vereinsoberen dafür gerüffelt wurde. Dabei waren sogar die von Freiwilligen mühsam errichteten Krötenzäune für die Katz, weil sich die niedlichen Bärchen hemmungslos an den Fangeimern bedienten. Waschbären-Wahrheit spricht sich beim NABU herum Mittlerweile hat sich die Waschbären-Wahrheit zwar auch in NABU-Führungskreisen herumgesprochen, aber weitere Aufklärung dürfte nicht schaden: „Es gab schon länger den Verdacht, dass Waschbären für den Rückgang zahlreicher einheimischer Reptilien- und Amphibien-Arten in bestimmten Gebieten mitverantwortlich sind“, sagt Projekteiter Sven Klimpel von der in Wolfsangelegenheiten beim NABU hochgeschätzten Senckenberg-Gesellschaft. Grasfrösche, Erdkröten und Gelbbauchunken gehören demnach zu den Beutetieren. Die Erdkröte häuten die Waschbären vor dem Verzehr, um Kontakt mit der giftigen Haut zu minimieren. Dass so auch das Nahrungsangebot für den prächtig gedeihenden Bestand an Störchen ernsthaft geschmälert wird, mag allenfalls Artenschutz-Feinschmecker interessieren. Eher von allgemeinem Interesse ist zur österlichen Zeit das Schicksal von Hahn und Henne. Wobei Ersterer vor allem als „Bruderhahn“ aktuell Schlagzeilen macht: Selbige aus der Legehennen-Zucht können es nämlich mit ihren auf Fleischzuwachs gezüchteten Artgenossen an Ertrag nicht aufnehmen und blieben bisher ausgeschlossen von der Hähnchen-Mast. Es droht Küken-Mangel So wurden jährlich rund 45 Millionen männliche Küken der Legerassen getötet, bis die Bundesregierung diese Praxis im Jahr 2022 untersagt hat. Einige Betriebe versuchen nun, die Brüderhähne durchzufüttern. Was kaum kostendeckend ist, weil die Verbraucher bei allem Verständnis fürs Tierleid ihren Broiler gern billig und vollfleischig kaufen. Ergebnis: Einige Brütereien haben bereits aufgegeben. Es droht Küken-Mangel. Und der Futter-Markt zum Beispiel für Greifvögel in zoologischen Gärten entbehrt der Küken, die dort gern genommen wurden. Zumindest lehrt die österliche Zeit durch derlei Aufklärung, dass Hasen vermutlich doch keine Eier legen. Und dass die Komikerin Anke Engelke womöglich schief liegt, wenn sie in ihrer „Neuen Häschenschule“ vermutet, dass die Füchse keine Hasen fressen. So wenig wahr wie die Behauptung, dass Hennen zum Psychiater müssen, weil wir ihnen die Eier stehlen.

  • Demokraten unter Druck

    In Deutschland stehen in diesem Jahr wichtige Wahlen bevor. Da wächst die Sorge vor Einschüchterungsversuchen und Attacken gegen Kandidaten und Mandatsträger 2024 stehen neben der Europawahl am 9. Juni unter anderem Kommunalwahlen in Thüringen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt auf dem Programm. Hinzu kommt die Wahl der Landtage im September in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Gerade in den neuen Bundesländern hat sich das politische Klima in den letzten Monaten weiter radikalisiert. Dies gilt nicht zuletzt für Thüringen, wo der rechtsextremistische AfD-Landesvorsitzende Björn Höcke in weiten Kreisen die Tonlage bestimmt. In diesem Bundesland hat es nun 2023 fast doppelt so viele Attacken gegen Politiker wie zwei Jahre zuvor gegeben. Erst Ende der vergangenen Woche hatten sich deswegen Thüringer Kommunalpolitiker, Abgeordnete und politische Bürger laut Frankfurter Allgemeine über die zuletzt erheblich verschärfte Sicherheitslage von Amts- und Mandatsträgern ausgetauscht. Landesinnenminister Georg Maier beklagte dort eine Verrohung der politischen Auseinandersetzung. So habe es im Jahr 2023 in Thüringen 82 Attacken auf Wahlkreisbüros gegeben. Das Dunkelfeld der Bedrohung sei allerdings deutlich größer, da längst nicht alle Angriffe gemeldet würden, so der Innenminister. Viele Kommunalpolitiker würden darauf verzichten, etwa zerstochene Autoreifen zu melden, weil sie Angst hätten oder sich ärgerten, dass derartige Verfahren oft eingestellt würden. Brandanschlag auf Privathaus Für bundesweite Schlagzeilen hatte zuletzt ein Brandanschlag auf das Haus des SPD-Lokalpolitikers Michael Müller in Schnepfenthal im Kreis Gotha gesorgt. Menschen kamen dabei glücklicherweise nicht zu Schaden, aber die Flammen erfassten die Hausfassade und ein geparktes Auto. Und wenn etwa die Mitglieder der Suhler Linken-Stadtratsfraktion zusammenkommen, erwartet sie dort vor dem Parteibüro Woche für Woche ein Grüppchen selbsternannter Montagsspaziergänger, denen Verbindungen zur rechtsextremen Szene nachgesagt werden. Oft stehen die Marschteilnehmer dann am Büro, brüllen ins Mikrofon, klopfen an die Scheibe oder platzieren vor dem Eingang Transparente. Ende Februar warfen Unbekannte zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate die Scheibe des Parteibüros ein. Auch in Büros der Suhler Grünen und der SPD gingen Scheiben zu Bruch. Solche Attacken sind in Thüringen momentan leider keine Einzelfälle. Der Verfassungsschutzpräsident des Bundeslandes, Stephan Kramer, sprach von einer aggressiven politischen Stimmung, die weitere Anschläge und Angriffe befürchten ließe. Ministerpräsident Bodo Ramelow versetzte die Sicherheitsbehörden des Freistaats inzwischen in erhöhte Alarmbereitschaft. Die Grünen haben vor diesem Hintergrund beschlossen, dass kein Parteimitglied in Thüringen allein Straßenwahlkampf betreiben solle. Zudem werde trainiert, wie man in brenzligen Situationen deeskalieren könne. Solch zunehmende Aggressivität und Gewaltbereitschaft betrifft alle Parteien. Statistisch gesehen wird neben den Grünen und Linken auch die in Thüringen als rechtsextremistisch eingestufte AfD ebenfalls häufig Ziel von Attacken. So zog etwa ein parteiloser Landratskandidat der AfD nach wenigen Tagen seine Bewerbung zurück, weil seine Familie bedroht worden war. Und an ein AfD-Wahlkreisbüro in Nordhausen war kürzlich eine zunächst unbekannte Substanz verschickt worden. Ein Mitarbeiter sei deswegen vorsorglich ins Krankenhaus gebracht worden, hieß es. Gewiss, all dies hat noch nicht die schreckliche Dimension wie das Attentat auf den damaligen Kassler Regierungspräsidenten Walter Lübcke im Juni 2019. Dieser war Ziel einer rechtsextremen Hasskampagne gewesen und wurde vor seinem Haus von Kugeln tödlich getroffen. Gleichwohl sind die jüngsten Angriffe politisch nicht zu unterschätzen. Es sind zumeist Hasskommentare oder auch verbale Angriffe, doch auch tätliche Attacken mit entsprechend heftigerer Wirkung haben – wie gezeigt – zugenommen. Das Ziel ist immer das gleiche: den politischen Gegner einschüchtern, zum Rückzug bewegen oder im schlimmsten Falle gar physisch ausschalten. Folgen können fatal sein Die Folgen können nicht nur für die Betroffenen und deren Familien fatal sein. Auch der Schaden für die Allgemeinheit ist gewaltig, wenn sich zunehmend Bürger aus der öffentlichen Verantwortung zurückziehen und politische Posten nicht länger bekleiden wollen. Hinzu kommt, dass solche Ämter aufgrund der negativen Schlagzeilen natürlich für qualifizierte Bewerber deutlich an Attraktivität verlieren. Denn so mancher dürfte es sich künftig doppelt und dreifach überlegen, ob er sich und seiner Familie eine solche Belastung zumuten möchte. Eine schnelle Lösung gegen diese Verrohung von Sprache und politischem Klima gibt es leider nicht. Doch es sind Schritte in die richtige Richtung möglich. Dazu gehört etwa eine parteiübergreifende Solidarität für Kommunalpolitiker, die Ziel solcher Attacken geworden sind. Auch muss die Justiz mit einer konsequenten Strafverfolgung Täter rasch und hart in die Schranken weisen. Zudem sollte man über eine bessere Hilfe für Opfer politischer Gewalt und Hetze nachdenken – von psychologischer Betreuung über juristische Unterstützung bis hin gegebenenfalls zu mehr staatlichem Schutz. Und alle Demokraten sollten auch in ihrem persönlichen Umfeld entschieden gegen Hassreden und politische Verunglimpfungen eintreten. Die Devise: Wehret den Anfängen. Momentan geht die größte Gefahr für unsere politische Kultur vom rechten Spektrum aus. Neonazis und Extremisten aus dieser Ecke scheuen nicht vor verbalen und auch physischen Gewaltaktionen zurück. Doch auch von links lauern Gefahren für die Demokratie, die eines Tages zu einer ähnlich starken Bedrohung führen können, nicht zuletzt auf lokaler Ebene. Die kommenden Wahlen in Ostdeutschland sind auch deshalb für Kommunalpolitiker überall in Deutschland von großer Bedeutung und Brisanz.

  • Peinliche Schüsse aus Namibia

    Die Bundesumweltministerin handelt sich mit dem geplanten Einfuhrverbot für Jagdtrophäen heftigen Protest aus Afrika ein Die Jagdgegner im Bundesumweltministerium haben ihrer Ministerin heftigen Ärger verschafft. Namibias Umweltminister Pohamba Shifeta wirft seiner deutschen Kollegin „neokoloniale Einmischung in die Souveränität Namibias“ vor. Grund für den peinlichen Vorgang: das von Steffi Lemke (Grüne) geplante Einfuhrverbot für Jagdtrophäen. Dass sich ausgerechnet eine „grüne“ Ministerin „Neokolonialismus“ vorwerfen lassen muss, hat wohl auch mit beschränkter Wahrnehmung zu tun. Wie sehr gut bezahlte Trophäenjagd dem Artenschutz in Entwicklungsländern dient, ist aus unverdächtigen Quellen belegt. Daran erinnert Minister Shifeta im Protestschreiben nach Berlin erneut. Elefant, Breitmaul- und Spitzmaulnashorn, Löwe, Bergzebra, Leopard und Giraffe seien in Namibia keineswegs bedroht, sondern häufig bei wachsenden Beständen. O-Ton: „So wie in Deutschland und Europa auch, brauchen Wildtiere ein nachhaltiges Management, um ihre Populationen, Lebensräume, aber auch um landwirtschaftliche und forstliche Schäden zu verhindern.“ Dass ausländische Jagdgäste die Arbeit erledigen, stört zwar die direkt Betroffenen wenig, dafür aber Bundesumweltministerin Steffi Lemke: „Aus Sicht des Bundesumweltministeriums sollten Einfuhren von Jagdtrophäen geschützter Arten verboten werden. Dazu konnte im Koalitionsvertrag leider keine Einigung erzielt werden. Deshalb wird das Bundesumweltministerium auf Basis artenschutzfachlicher Maßgaben die Importe von Jagdtrophäen geschützter Arten insgesamt reduzieren und im Einzelfall ganz verbieten.“ So weit die Antwort auf eine Anfrage der Unionsabgeordneten Dr. Anja Weisgerber. Verweis auf Wildtier-Monitoring Der Protest aus Namibia verweist auf das dort praktizierte Wildtier-Monitoring, das die Jagd streng reglementiert. Und darauf, dass die Einnahmen aus dem Jagdtourismus helfen, Lebensräume, Nahrungssicherheit und Arbeitsplätze sichern. Nicht zuletzt diene die Jagd zudem der Entschärfung des mitunter tödlichen Konflikts zwischen Wildtieren und Menschen mit ihren Nutztieren, verursacht durch Elefant, Löwe, Hyäne, Leopard und Flusspferd. Minister Shifeta sieht jedenfalls keine artenschutzrechtliche Grundlage für eine einseitige politische Entscheidung. Er stehe dem Bundesumweltministerium jederzeit für einen Dialog mit Experten zur Verfügung. Dies sei zudem für eine fundierte Entscheidung rechtlich von der Weltnaturschutzunion (IUCN) vorgeschrieben, zitiert die Bild am Sonntag Minister Shifeta: „Wenn Deutschland uns die Trophäenjagd unmöglich machen will, ist das eine gesetzeswidrige, neokoloniale Einmischung, die der internationalen Rechtslage zuwiderläuft. Wir können uns eigentlich nicht vorstellen, dass Deutschland uns das antut. Unsere Länder sind ja Freunde. Wer Tiere schützen will, muss kontrollierte Jagd erlauben.“

  • Die Bahn, ein Trauerspiel

    Industrie und Gewerbe kehren dem Schienengüterverkehr nach horrenden Preiserhöhungen massenhaft den Rücken Wieder mal „Gut gemeint und schlecht gemacht“. Ausgerechnet die Ampel-Regierung lässt zu, dass die Bahn neben dem Rückzug aus dem ländlichen Raum auch noch dem Lastwagen-Güterverkehr ein Konjunkturprogramm liefert. Obwohl das Umsteigen auf die Schiene auch fürs Klima mehr bringen könnte als Wärmepumpen und Elektro-Autos. Besonders spannend: Die Grünen halten ziemlich still zum Trauerspiel. Ist ihnen womöglich klar, dass die Utopie von der möglichst kostenlosen Personenbeförderung und die sinnvolle Ertüchtigung von Streckennetz und Güterverkehr nicht zusammenpassen? Zumal der Rückzug aus der Fläche längst zum Dauer-Verstoß gegen die im Grundgesetz geforderte „Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse“ im ländlichen Raum geraten ist. Das glücklose (und fürstlich bezahlte) Bahnmanagement flüchtet sich derweil in weitere brutale Preiserhöhungen für Industrie- und Gewerbekunden. Mit der Folge, dass diese massenhaft zum Lastwagen-Transport zurückkehren. Dieser ist plötzlich preiswerter als die Bahn, obwohl auch die Lkw-Unternehmen mit gestiegenen (Energie-)Kosten klarkommen müssen. Kommentar der Linkspartei: „Zeitgleich die Kapazitäten des Güterverkehrs auf der Schiene bei der DB Cargo herunterzufahren, ist gerade selbstmörderisch, sowohl für den Konzern als auch für die deutsche Klimapolitik. Durch LKWs noch verstopftere Autobahnen werden die ersten Signale des zusammengestrichenen Schienengüterverkehrs sein.“ Transportvolumen: Rückzug aus der Fläche Grotesk, dass die Bahn mit ihrer lange Jahre hochrentablen und (mittlerweile abgewirtschafteten) Lastwagen-Tochter DB-Schenker an der Rückwärts-Wende zum Straßentransport womöglich wieder gutes Geld verdient. Aber dem Vernehmen nach soll nun der Verkauf von Schenker den maroden Konzern retten. Das aktuelle Trauerspiel folgt allerdings einer langen Tradition. Seit Jahrzehnten verliert die Bahn Transportvolumen durch den Rückzug aus der Fläche, der ja nicht nur den Personennahverkehr auf dem flachen Land ins Auto gezwungen hat, sondern auch für viele Kleinstadt-Betriebe das Aus der Bahnverladung bedeutet. Die Entwicklung trifft vor allem die ländlich verortete Wirtschaft und damit bisher weitgehend gesunde Mittelstandsbetriebe außerhalb von Ballungszentren. Rettung versprach zeitweise die Idee, Lastwagen und Bahn durch intelligente Lösungen besser zu verknüpfen. Stichwort „Kombiverkehre“ oder auf DB-Deutsch „DB Intermodal Services“. Gerade junge, umweltbewusste Logistik-Unternehmer setzten auf die Kombination von Lkw und Schiene. Oft mit Millionen-Investitionen für moderne Ausrüstung wie sogenannte Wechselbrücken, die schnelles und problemloses Umsetzen der Ladungen auf die Schiene ermöglichen. Wer die Lastwagen-Flotte reduzierte, um solchen Aufwand zu finanzieren, steht zwar aus der Umwelt-Perspektive jetzt gut da, sieht im wirklichen Leben aber alt aus. Die Bahn hat nämlich dafür gesorgt, dass sich der ökologisch sinnvolle Schienentransport nicht mehr rechnet. Die Folge: Gerade Großkunden kehren zurück zum Lkw-Transport. Darunter auch Konzerne, die um Milliarden-Hilfen vom „grünen“ Wirtschaftsminister buhlen. Eine weitere „Baustelle“, die belegt, dass Habecks Ideen, die Wirtschaft durch Vorschriften und Subventionen zu lenken, im praktischen Leben nicht fruchten.

  • Lauterbachs Ostergabe – „Protokollerklärung“ zur Entlastung der Landwirtschaft

    Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und zurück auf diese Woche Liebe Leserinnen und Leser, gestern war es dann so weit: Karl Wilhelm Lauterbach hat sein Cannabis-Gesetz mit der Teillegalisierung knapp durch den Bundesrat gebracht. Das auch gestern noch in der Debatte der Länderkammer weiter umstrittene Gesetz wird zum 1. April in Kraft treten. Dass der dann legal begrenzte Bezug, Anbau und Konsum dieses Rausch- und Heilmittels zu der von den Befürwortern erwünschten Austrocknung eines Schwarzmarktes und zur Entkriminalisierung in der Drogenszene führen soll, überzeugt unverändert die Kritiker nicht. Ich höre und lese von vielen Medizinern fast nur Bedenken. So etwa, dass die Hemmschwelle zum Drogenkonsum eher sinken wird, weil Cannabis nun einmal eine Einstiegsdroge ist und damit die Gefahr steigender Suchtprobleme birgt. Drogen sind nachweisbar gesundheitsgefährlich wie ohnehin schon das Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum. Erwachsene ab 18 Jahren dürfen künftig bis zu 25 Gramm Cannabis zum eigenen Verbrauch bei sich haben und zu Hause bis zu 50 Gramm aufbewahren. Im Eigenanbau werden drei Pflanzen erlaubt. Von Juli an sollen sogenannte Cannabis-Clubs zum Anbau und begrenzten Erwerb der Droge erlaubt werden. Wie soll das alles kontrolliert werden? Etwa wenn es um Abstandsregelungen zu Kinder- und Jugendeinrichtungen geht oder das Konsumverbot bis 20 Uhr in Fußgängerzonen. Zudem beklagen viele Länder zu Recht nicht nur den absehbaren Aufwand für Kontrollen sowie für die Umsetzung der zugleich rückwirkend beschlossenen Legalisierung: Laufende Verfahren und noch nicht vollständig vollstreckte Strafen müssen neu bearbeitet werden. Der Straferlass und die Wiedereröffnung von Verfahren wirken wie ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für unsere ohnehin überlasteten Staatsanwaltschaften und Gerichte. In Baden-Württemberg allein sollen das nach Meldung der Südwest Presse circa 19.000 Cannabis-Verfahren sein. Und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer verweigert die Zustimmung, „auch wenn es Ärger in meiner Koalition gibt“. Dort, wo Grüne und SPD in den Ländern mitregieren, konnten sich die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten nicht verweigern. Mal sehen, wie sie vor Ort mit den Folgen dessen umgehen, was da auf Bundesebene zur Beschusslage wurde. „Die Konfrontation mit einem Cannabis-Gesetz ist angesichts der Bewältigung multipler Krisen in Frage zu stellen. Zudem ist mit mehr Todesfällen zu rechnen. Am Ende wird dies Menschenleben kosten. Der Staat aber hat die Pflicht, Menschenleben zu schützen.“ Rainer Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt Wachstumschancen durch Entlastungen? Und die Wirtschaft atmet auf, weil als zweite wichtige Meldung aus dem Bundesrat die Zustimmung zum ebenfalls mehr aus parteitaktischen Gründen umstrittenen „Wachstumschancengesetz“ kam. Das Wort selbst klingt wie ein bürokratisches Ungeheuer, wobei es doch auch um Bürokratieabbau gehen soll. Das Wesentliche sind Steuerentlastungen für Unternehmen in einer Größenordnung von 3,2 Milliarden Euro. Unter anderem sollen dem schwächelnden Wohnungsbau durch weitere Abschreibungsmöglichkeiten geholfen, steuerliche Forschungsanreize in der Wirtschaft gegeben und Abschreibungen für bewegliche Wirtschaftsgüter verbessert werden. Beim umstrittenen Agrardiesel blieb die Bundesregierung bei der Abschaffung, dafür soll es Zugeständnisse zur Entlastung der Landwirtschaft geben – in einer angehefteten Protokollerklärung. Sorgenvolle Töne waren nach den Bauernprotesten und Berliner Debatten in dieser Woche auch aus einem großen Verbundunternehmen der Landwirtschaft zu hören. Der Vorstandsvorsitzende der Agravis, eines genossenschaftlichen Agrarunternehmens, Dr. Dirk Köckler, sagte auf der Bilanzpressekonferenz: „Landwirtschaft braucht verlässliche Rahmenbedingungen und eine Perspektive, damit der Nachwuchs die Betriebe fortführt, Investitionen getätigt werden und auch eine Chance besteht, dass das investierte Geld wieder erwirtschaftet werden kann.“ So zitiert ihn das Bayerische Landwirtschaftliche Wochenblatt. Und in der Zeitung am Agravis-Standort Münster, den Westfälischen Nachrichten, lesen wir, dass sich nach Köcklers Worten an das Unternehmen viele politische Fragen stellten, „die weit über die konkrete Geschäftspolitik des zweitgrößten Agrarhändlers der Republik hinausgehen“. Landwirtschaftspolitik mit den Augen der Großstadt zu betreiben, könne nicht funktionieren. Seine Erinnerung daran, dass Landwirtschaft nichts mit Bullerbü-Romantik zu tun hat, haben wir am Donnerstag in unserem Blog an einem breit wahrgenommenen aktuellen Beispiel kritisch unter die Lupe genommen. Wolfgang Kleideiter hat sich mit dem jüngsten Werk von Anke Engelke unter dem Titel Schlechte Noten für Ankes „Häschenschule“ auseinandergesetzt. Die TV-Komikerin hat sich als Kinderbuch-Autorin versucht und dabei heftige Proteste unter den Bauern provoziert. Engelkes modernisierte Fassung der „Häschenschule“ stellt nicht nur das Original auf den Kopf, sondern auch die Natur. Dort gibt es nämlich keine veganen Füchse, die mit Hasen schmusen. Und nicht nur wir Jäger wissen, dass im Acker weit mehr Hasen sitzen als auf Golfplätzen oder gepflegtem Parkrasen. Merke: Wohlfeile Beißreflexe machen noch kein gutes Kinderbuch. Noch einmal zurück zur Politik: Die letzte Sitzungswoche des Bundestages vor den Osterferien wurde wieder von den bekannten großen Themen dominiert, die in diesen Zeiten nun einmal außen- und europapolitisch unsere Agenda beherrschen. Da war im Parlament zunächst erneut eine Regierungserklärung des ansonsten nicht gerade erklärungsfreudigen Bundeskanzlers zur Ukraine zu hören. Entsprechend fiel – auch nicht überraschend – dann wiederum die Replik des mit wachsender Scharfzüngigkeit attackierenden Oppositionsführers aus. Es geht natürlich um die Aufreger Taurus und den Gedanken, ob man einen Krieg mit den zwangsläufigen Folgen eines Diktatfriedens und dann der zu erwartenden Teilung eines Staates einfrieren sollte. Nahezu jede und jeder fragt sich inzwischen im Lande, wie nahe oder wie weit weg ist der Krieg von mir selbst und droht uns da etwas noch Schrecklicheres, wovon wir direkt erfasst werden könnten. Das bestimmt viele Gespräche im persönlichen Kreis. Die Saatkrähe und der Kormoran als parlamentarisches Randthema Circa 30 weitere Tagesordnungspunkte in derselben Sitzung des Bundestages wirken dann wie Kleingedrucktes, obwohl die Inhalte schon wichtig sind. Etwa die Frage von Bestandsregulierungen des Kormorans und der Saatkrähe. Solche Themen erscheinen derzeit im Parlamentsalltag eher an den Rand dessen gedrängt, wie die zitierten großen Komplexe der Politik zeigen. Grundlage bilden Anträge, die aufwendig und überzeugend formuliert wurden und dann wieder verschwinden. Das traf jetzt für die von der Union begründete und beantragte Herabstufung des Schutzstatus der Saatkrähe zu. Dabei geht es um geschätzte 200.000 Vögel, die aufkeimende Saat fressen und damit erhebliche Verluste im Pflanzenbau verursachen. Durch einen niedrigeren Schutzstatus müsse die Bejagung durch entsprechende Gesetzgebung ermöglicht werden. Und weil die Tiere gleichzeitig mit ihren Brutkolonien Gesundheit und Lebensqualität der Menschen in der Nähe von Wohnsiedlungen beeinträchtigen, sollte eine Verlagerung von Brutkolonien genehmigt werden können. Ähnlich argumentiert wird in dem Kormoran-Antrag. Für die circa 120.000 Fischräuber, die Anfang des 20. Jahrhunderts als ausgerottet galten, sollte ebenfalls nun der Status einer besonders geschützten Art gesenkt werden. Warum gehe ich an dieser Stelle darauf ein? Die Behandlung solcher Tagesordnungspunkte ist im Parlament trotz der geschilderten Relevanz für Betroffene in der Regel Minutensache bei minimaler Präsenz. Dazu gehört dann das übliche Schicksal von noch so gut begründeten Oppositionsanträgen. Sie werden abgelehnt und auf Nimmerwiedersehen in einen Ausschuss verwiesen. An dieser Stelle haben wir es dann übernommen, in unserem Blog wenigstens ein Stück Öffentlichkeit herzustellen. Im dänischen Sonderburg wird so ein Problem übrigens anders gelöst. In den Regionalzeitungen des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages war zu lesen, dass lästige und aggressive Möwen nun „reguliert“ werden. Was nichts anderes als Schusswaffengebrauch bedeutet. Abschüsse in einer Stadt wären bei uns nicht denkbar. In Sonderborg sollen dagegen Einheimische und Besucher künftig in Ruhe ihr Fischbrötchen essen können. Die beklagenswerte Situation der Mümmelmänner Nicht nur der Jahreszeit geschuldet gehen wir in diesen Tagen in unserem Blog näher auf das Thema Osterhasen ein. Michael Lehner beschäftigt sich aus Jäger-Sicht mit der oft beklagenswerten Situation der Mümmelmänner. Und mit der Tatsache, dass längst nicht mehr viele Jäger des Hasen Tod sind, sondern weit mehr einseitige Tierliebe. Weil Fuchs und Waschbär ohne Jagd überhandnehmen und nicht nur dem Feldhasen, sondern auch den Wiesenbrütern in ihren verbleibenden Lebensräumen das (Über-)Leben schwer machen. In der letzten Woche habe ich auf eine neue Initiative unserer Stiftung hingewiesen. Anlass ist der Verlust von zwei Jagdhunden, den eine Familie im Raum Düsseldorf zu beklagen hat. Unser Beitrag dazu hat neben den Aufrufen in den sozialen Medien eine Reihe von Lesern veranlasst, sich zu melden und die Aktion „Wer findet Ben und Lissy?“ durch einen Beitrag zu unterstützen. Dabei geht es künftig auch um weitere Unterstützung bei der Wiederbeschaffung vermisster Hunde und Prävention zu diesem Thema. Mit diesem Wochenbrief verabschiede auch ich mich in einen kleinen Urlaub an der See. Mein Kollege Jürgen Wermser wird Ihnen dann nächste Woche in seiner Kolumne frohe Osterwünsche unseres gesamten Redaktionsteams von natur+mensch übermitteln. Ihr Jost Springensguth Redaktionsleitung / Koordination

  • Wenn der Ausflug an der Ostsee ausfällt

    Die Menschen wollen gern auch in Deutschland ihren Urlaub verbringen. Doch gerade in den ländlichen Regionen fehlt Restaurants und Hotels das notwendige Personal Die ersten Segelschulen holen in Boltenhagen schon ihre Boote raus, die Restaurants an der Strandpromenade werden herausgeputzt. An den Küsten Mecklenburg-Vorpommerns bereitet man sich auf die Osterferien vor. „Alle Zeichen stehen auf eine gute Feriensaison. Wir könnten uns freuen. Eigentlich“, sagt ein örtlicher Tourismusmanager und schaut auf die Hotels, Campinganlagen und örtlichen Tourismusgeschäfte. Doch seine Miene will nicht so recht zum guten Ausblick auf das Oster- und Sommergeschäft 2024 passen. Denn viele Betriebe werden nur ein verknapptes Angebot vorhalten können. „Wir haben einfach nicht genug Mitarbeiter“, sagt der Mann. Nach Angaben des Dachverbands Dehoga fehlt überall Personal. Die Bundesagentur für Arbeit meldete schon im Juni mitten in der Saison 33.160 offene Stellen im Gastgewerbe – Tendenz steigend, trotz hoher Flüchtlingszahlen und schwächelnder Konjunktur. Corona hat den Mitarbeiterschwund „wie unter einem Brennglas“ verschärft. Dehoga geht von einem Fachkräfte- und Mitarbeitermangel aus, der in Wahrheit mindestens doppelt so hoch liegt. Konsequenz: In den Restaurants, den Hotels, den örtlichen Geschäften wird man deshalb Öffnungszeiten reduzieren, tageweise schließen, die Karte reduzieren. Oder Ausflüge ins Umland halt nur am Nachmittag anbieten können. Und den Anbietern in strukturschwachen Regionen, deren Umsatz und Gewinn nun einmal auf Spitzenzeiten ausgelegt ist, wird es das Geschäft erheblich verhageln. Die Schleuse macht dicht – mangels Personal Oder noch schlimmer, wie das Beispiel der Schleuse Banzkow am Störkanal zeigt, wird man gleich alles zusperren müssen. Dort – an der Mecklenburger Seenplatte – führt der Mangel an ausgebildeten Schleusenwärtern jetzt dazu, dass die Zufahrt zum Schweriner See geschlossen werden muss. Konsequenz: Der bei Bootstouristen äußerst beliebte See ist für die gesamte Sommersaison 2024 nicht mehr erreichbar. Tausende zahlungskräftige Bootstouristen werden jetzt eben nicht mehr durch die strukturschwache Region mit ihren Booten schippern können. „Eine katastrophale Situation“, sagt der Geschäftsführer des Tourismusverbands Mecklenburg-Vorpommern, Tobias Woitendorf, der Nachrichtenagentur dpa. Er weiß, wovon er spricht: Für das strukturschwache Mecklenburg-Vorpommern ist der Wassertourismus einer der wichtigsten Wirtschaftszweige. Politik reagiert hilflos Laut Bundesregierung werden im Osten bis zum Jahr 2030 voraussichtlich 800.000 Menschen im arbeitsfähigen Alter weniger leben. Wie überall, ist der ländliche Raum besonders hart getroffen, so etwa im Erzgebirge, in den Gebieten abseits der Küste in Mecklenburg-Vorpommern, in Brandenburg jenseits der Region Berlin/Potsdam. Früher konnte man sich dort auf die saisonalen Aushilfen aus Tschechien, Polen und dem Baltikum stützen. Doch seitdem es diesen Ländern und ihrer Wirtschaft besser geht, kommen nur noch wenige. Oder noch schlimmer: Viele Ostdeutsche fahren mittlerweile zur Arbeit selbst über die Grenze. Das Lohnniveau und die Infrastruktur sind in den westlichen Regionen Polens und Tschechiens auch dank EU-Hilfen mindestens so gut wie in Deutschland. Schon jetzt stellen Wirtschaftsförderer rund um die Boom-Städte Magdeburg, Dresden und Leipzig die Frage, von wo man die Fachkräfte aus dem In- und Ausland holen will, die die geplante Ansiedlung der Hightech-Firmen wie Intel, Infineon und AMD stützen soll. „Ländliche Regionen aufgeben?“ Die Vorschläge aus der Politik oder der Wissenschaft klingen eher hilflos: Das Wirtschaftsinstitut in Halle hat schon einmal vorgeschlagen, sich deshalb auf die Förderung der Boom-Zentren zu beschränken. Die Kritik war vernichtend, parteiübergreifend. Nein, man dürfe die kleinstädtisch geprägten Regionen oder gar Dörfer nicht aufgeben. Der Ost-Beauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, wirbt dafür, den Standort Osten nicht mehr mit Wirtschaftskrise und Radikalismus zu besetzen. „Wir brauchen eine neue Selbstverständlichkeit für Zuwanderung in den Osten, die gibt es bisher nicht. Beides muss gelingen, sonst wird es in einigen Regionen in Zukunft ziemlich schwierig“, räumt er ein. Angesichts des dramatischen Wegzugs aus dem Osten in den 90er Jahren fehlen jetzt knapp zwei Millionen Menschen. „Vor allem die jungen Frauen sind damals weg. Und die fehlen jetzt, um Kinder oder schon Enkelkinder zu bekommen“, sagt ein Soziologe. Ein schwacher Trost ist es deshalb, dass es Regionen in Bayern, Schleswig-Holstein und in anderen Ländern nicht viel besser geht. Und auch dort werden Urlauber in diesem Jahr wohl häufig vor geschlossenen Restauranttüren stehen.

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