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Misstrauen auf den Landtagsfluren

  • Autorenbild: Frank Polke
    Frank Polke
  • 12. Dez. 2024
  • 3 Min. Lesezeit

Drei Bundesländer, drei wackelige Bündnisse: Während in Thüringen und Brandenburg die Regierungen stehen, wird in Sachsen bald ein Politik-Krimi aufgeführt


Neu-Ministerpräsident Voigt (Foto: Guido Werner)
Neu-Ministerpräsident Voigt (Foto: Guido Werner)

Vor knapp fünf Jahren fand das Polit-Drama in Thüringen statt. Im Februar 2020 wurde der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten für einen Tag gewählt. Schockwellen gingen über die gesamte Republik. In dieser Woche stand das kleinere Drama in Potsdam auf dem Spielplan: Die Wahl des Dietmar Woidke zum Ministerpräsidenten von Brandenburg klappte erst im zweiten Wahlgang – und lässt reichlich Spekulationen und Misstrauen.


Mucksmäuschenstill war es, als am Mittwochmittag das Ergebnis des zweiten Wahlgangs für den alten und neuen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke im Potsdamer Landtag verkündet wurde: 50 Ja-Stimmen. 50? Im ersten Wahlgang fehlten Woidke noch zwei Stimmen. Geschenkt, dachten viele auf den Fluren des Landtages. Beim zweiten Wahlgang votierten dann in geheimer Abstimmung sogar 50 Abgeordnete für den SPD-Politiker, 36 Abgeordnete stimmten gegen ihn, ein Abgeordneter enthielt sich. Für die Wahl waren 45 Ja-Stimmen notwendig. SPD und BSW, die in Brandenburg eine neue Koalition bilden, haben zusammen aber nur 46 Abgeordnete. Woidke, der nach der Wahl den Amtseid ablegte, bekam also auch Ja-Stimmen aus der Opposition. Wegen der geheimen Abstimmung in Wahlkabinen bleibt unklar, von wem.


Der brandenburgische CDU-Fraktionschef Jan Redmann äußerte die Vermutung, dass Woidke mit Stimmen der AfD wiedergewählt worden sei. "Dietmar Woidke ist nach Thomas Kemmerich der zweite Ministerpräsident, der mit den Stimmen der AfD ins Amt kommt." Aus der CDU habe es keine Zustimmung zu dieser Koalition gegeben, schrieb er. Warum keine namentliche Abstimmung beantragt wurde, bleibt aber Redmanns Geheimnis.


Zum angespannten politischen Klima in Brandenburg dürfte auch eine Personalie beitragen, die für die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft und die Jäger in dem Bundesland wichtig ist: Hanka Mittelstädt. Die SPD-Politikerin ist im Kabinett Woidke als neue Landwirtschaftsministerin gesetzt, gilt auch als Agrarfachfrau. Doch – und damit beginnt die Sache schwierig zu werden – Mittelstädt hat ein Problem. Aktuell ist sie noch als Geschäftsführerin der "Ucker-Ei GmbH" in der Gemeinde Nordwestuckermark eingetragen. Und laut brandenburgischer Verfassung dürfen Mitglieder im Landeskabinett kein Gewerbe ausüben. Die SPD-Politikerin hat zwar die Ernennungsurkunde ausgestellt bekommen, vereidigt wurde sie aber noch nicht.


Reibungslose Wahl in Erfurt


Diese Hürde haben die Kabinettsmitglieder der neuen Landesregierung von Thüringen schon genommen. Neuer Ministerpräsident einer Minderheitsregierung ist Mario Voigt. Er übernimmt jetzt den Platz von Bodo Ramelow, der die vergangenen Jahre die Amtsgeschäfte in der Staatskanzlei geführt hatte. Damit endet das Bündnis aus Linkspartei, SPD und Grünen in Thüringen, dessen schwache Bilanz vor allem für den Agrarbereich oft nur durch die Führungsperson Ramelow "übertüncht" wurde. Doch Ramelow machte auch den Weg für Deutschlands erste Brombeer-Koalition frei: Der Christdemokrat Mario Voigt erhielt bereits im ersten Wahlgang 51 Stimmen der insgesamt 88 Abgeordneten und damit die nötige absolute Mehrheit. Die Linksfraktion hatte zuvor nach Zugeständnissen der Koalitionsfraktionen CDU, Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und SPD für eine künftige Zusammenarbeit Unterstützung für Voigt zugesagt. Also, kein großes Drama, sondern nur die Hoffnung, dass die Salon-Kommunistin und Putin-Versteherin Sahra Wagenknecht ihre BSW-Vertreter im Kabinett arbeiten lässt.


Unsichere Mehrheit für Kretschmer


In Dresden kommt es am 18. Dezember zum Showdown: An diesem Tag will sich Michael Kretschmer in Dresden zum sächsischen Ministerpräsidenten wählen lassen. 100 Seiten umfasst der zwischen CDU und SPD ausgearbeitete Koalitionsvertrag. Sie wollen mehr Entwicklung im ländlichen Raum, in Bildung investieren, Anreize für mehr Klimaschutz (besonders Hochwasserschutz) setzen und "irreguläre Migration" begrenzen. Allerdings hat die ganze Sache einen Haken: Die beiden Parteien haben zusammen nur 51 Stimmen und keine Mehrheit im Landtag – ihnen fehlen zehn Stimmen. Wer mithelfen soll, Michael Kretschmer dennoch zur Mehrheit zu verhelfen, ist unklar. Grüne und Linke haben sich gesprächsbereit gezeigt, mit der AfD will keiner reden. Die Rechtspopulisten schielen auf 2029 und hoffen, dass das fragile Bündnis der seit der Wende regierenden CDU in Sachsen ihnen weiteren Zulauf bringt. Deswegen ist es durchaus möglich, dass sie Kretschmer wählen werden. Eine vergiftete Unterstützung, die keiner will. Auflösung am 18. Dezember.


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