Zweieinhalb Wochen vor der Bundestagswahl wird über Migration und Brandmauern debattiert. Auf dem Parteitag folgte die CDU ihrem Kanzlerkandidaten in großer Geschlossenheit

Die täglichen Veranstaltungen laufen häufig gleich ab. Die Kandidaten touren quer durchs Land, stellen sich Diskussionen im Wahlkreis, sprechen auf Podiumsdiskussionen, geben Interviews. Es geht natürlich um die auseinandergebrochene Ampel-Regierung, die Wirtschaftskrise, die jeden Tag 1000 gut bezahlte (und damit für die sozialen Sicherungssysteme bedeutsame) Arbeitsplätze in der Industrie kostet, um Krieg und Frieden. Jede Partei gibt unterschiedliche Antworten darauf.
Nach jedem Anschlag gab es die gleichen Beschwörungen: Nein, jetzt reicht es. Jetzt wird endlich durchgegriffen. Auch wenn die Gesetze es oft hergaben, verhinderten Vollzugsprobleme genau das. Dazu kommt, dass durch die seit 2015 kontinuierlich wachsende Zahl von Flüchtlingen die Kapazitäten fast aller Kommunen erschöpft sind. Und das wird spürbar – in jeder Schulklasse, in der Turnhalle, die jetzt halt nicht mehr für Sport und Spiel zur Verfügung steht.
Friedrich Merz musste reagieren und hat dies zum Thema gemacht. Ob sein Vorgehen von vergangener Woche der Union nutzt (oder als Mobilisierungsinstrument einer müden SPD taugt), bleibt abzuwarten. Es wird jetzt – vor allem aus dem linken Spektrum – viel gesprochen über die Brandmauer der Union. Das ist aus Sicht der in Umfragen fast aussichtslos zurückliegenden Rest-Ampel natürlich „alternativlos“. Aber auch in traditionell sozialdemokratisch dominierten Wohnvierteln und Regionen herrscht ein mindestens ungutes Gefühl angesichts einer ungehinderten Migration.
Das ganze Land schaute denn also gebannt auf den Parteitag der CDU am Montag in Berlin. Und der Kanzlerkandidat durfte sich der Zustimmung seiner Partei sicher sein. Langanhaltender Beifall, Rückhalt der Ministerpräsidenten, eine 100-prozentige Zustimmung zum Sofortprogramm: Im Regierungsprogramm ist auch die Entlastung für die Wirtschaft enthalten, die aktuell unter erheblichem Wettbewerbsdruck leidet. Enthalten ist ebenfalls ein klarer Kurs in der Außen- und Sicherheitspolitik. Aber Merz nutzte auf dem Parteitag seine von Jubel begleitete Rede, um die Distanz zur AfD deutlich zu machen. Es gibt keine Zusammenarbeit, es gibt keine Duldung, es gibt keine Minderheitsregierung, gar nichts. Merz erteilte die Versicherung, dass man mit dieser Partei nicht zusammenarbeiten werde. „Vorher nicht, nachher nicht, niemals.“ Auf die Vorkommnisse der vergangenen Woche ging er dabei nicht ein.
Ländlicher Raum bleibt im Wahlkampf unter dem Radar
Unklar ist, ob der Sauerländer damit das Thema Brandmauer von der politisch-medialen Tagesordnung nehmen konnte. Andere Themen und Herausforderungen gibt es zum Beispiel auch für den ländlichen Raum ausreichend: Drohende Handelskriege, die mangelnde Akzeptanz für die wirtschaftlichen Belange der Forstwirtschaft, das drohende Weiterauseinanderfallen der Lebenswelten von Stadt und Land – all das segelt weiter unter dem Radar. Verschwunden oder gar gelöst sind die Probleme aber nicht. Immerhin hat die CDU auf ihrem Parteitag im beschlossenen Sofortprogramm immer wieder betonte Anliegen des ländlichen Raumes aufgegriffen. So will sie die Landwirte entlasten, indem die Agrardieselrückvergütung wieder vollständig eingeführt werden soll. Und bei der beabsichtigten Verschlankung des Staates sind offensichtlich auch die Punkte enthalten, die Berichts- und Meldepflichten aus dem Agrarbereich enthalten.
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