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Wolfgang Molitor

Cem 2Ö26 – Özdemirs Kandidatur ein Himmelfahrtskommando?

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir will in Baden-Württemberg Ministerpräsident werden – als letzter Hoffnungsträger der abgesackten Südwest-Grünen


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Cem Özdemir bei einem Besuch in seiner Geburtsstadt Bad Urach. (Foto: © BMEL/Photothek)

Jetzt kann es losgehen, sagt Cem Özdemir und präsentiert seine längst nicht mehr überraschende Bewerbung um die Spitzenkandidatur der im Frühjahr 2026 anstehenden Landtagswahl in Baden-Württemberg per Instagram-Video. Cem 2Ö26 betitelt der 58-Jährige seine Kampagne, und zumindest das ist nicht unoriginell. Er wolle für das Land alles geben, verspricht Özdemir. Im Ländle wird man sich also spätestens jetzt darin üben müssen, das Z im Nachnamen des schwäbischen Landmanns richtig wie ein stimmhaftes S und das C im Vornamen wie DSCH auszusprechen. Özdemir legt Wert darauf.


Die Grünen präsentieren damit einen Mann, dem große politische Erfahrung und ein mit grün-schwarzem Kretschmann-Pragmatismus verbundener ideologiefreier Kurs attestiert wird. Özdemir ist ein politisches Schwergewicht: seit 1981 Mitglied der Grünen, 1994 erster Bundestagsabgeordneter mit türkischen Wurzeln, von 2004 bis 2008 Mitglied des Europaparlaments, bis 2018 zehn Jahre Bundesvorsitzender der Grünen, seit 2013 wieder im Bundestag, seit 2021 mit letztem Ellenbogeneinsatz Bundeslandwirtschaftsminister. Sein Bekanntheitsgrad ist nicht nur im Südwesten hoch, seine realistische und um Ausgleich bemühte Politik über grüne Grenzen hinaus anerkannt.


Und doch ist Özdemirs Kandidatur ein Himmelfahrtskommando, auch wenn es noch anderthalb Jahre bis zum großen Showdown dauert; lange Monate, in denen zwischendurch eine neue Bundesregierung gewählt wird und die Zukunft der Grünen als richtungsoffen gilt.


Im urbanen Milieu Stuttgarts kann man Özdemirs Kommen kaum erwarten


Denn auch in Baden-Württemberg scheint die große Zeit der Grünen vorbei. Hatten sie 2021 noch 32,6 Prozent erreicht, landen sie jetzt bei 18 Umfrage-Prozenten (immerhin noch deutlich über dem Bundesdurchschnitt). Kretschmanns Stern ist verblasst, mittlerweile verbreitet das lahmende grün-schwarze Bündnis eher Überdruss als Zuversicht. Dass die CDU in der Landesregierung nach Kräften dazu beiträgt, wird mehr den Grünen als den Christdemokraten angelastet. Özdemir gilt da als grüner Hoffnungsträger, und in den urbanen Gebieten des Landes wie in Stuttgart kann man sein Kommen kaum erwarten. Hatte der studierte Sozialpädagoge in der Landeshauptstadt nicht nur ein Direktmandat gewonnen, sondern mit 40 Prozent der Erststimmen ein fulminantes, von keinem anderen grünen Sieger erreichtes Ergebnis abgeliefert? Tempi passati.


Heute freut sich die CDU über 34 Umfrage-Prozente und hat mit Manuel Hagel für christdemokratische Landes-Gewohnheit einen relativ entspannten Generationswechsel geschafft. Noch ist der 36-jährige Bankkaufmann an der CDU-Spitze wenig bekannt. Hier kann Özdemir punkten. Ob der Bundeslandwirtschaftsminister (der er voraussichtlich 2026 nicht mehr sein wird) allerdings im starken ländlichen Bereich des Südwestens punkten kann, um an der CDU vorbeizuziehen, darf bezweifelt werden. Zumal Özdemir im programmatischen Ringen auf der Seite von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und der künftigen Realo-Parteichefin Franziska Brantner sowie mit offener Sympathie von einem wie Boris Palmer nicht gerade der strahlende Held der murrenden Parteilinken ist.



Viel wird davon abhängen, ob Özdemir von Berlin und Kretschmann von Stuttgart aus harmonisch den Übergang schaffen. Ein vorzeitiger, mit dem Rücktritt von Kretschmann verbundener Wechsel Özdemirs in die Staatskanzlei gilt als ausgeschlossen. Zum einen steht Kretschmann dafür nicht zur Verfügung, zum anderen hat die CDU klargemacht, diesen Schritt als Koalitionspartner nicht mitzutragen.


Wie auch immer: Für die Südwest-Grünen ist Özdemir eine gute Wahl. Für die CDU eine starke Konkurrenz. Dem Ländle steht ein interessanter Wahlkampf ins Haus.

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