Woche der Wahrheit für Ampelkoalition – Deutsche Schüler drohen Anschluss zu verlieren

Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und zurück auf diese Woche

 

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Liebe Leserinnen und Leser,

 

dies war in mehrfacher Hinsicht eine Woche der Wahrheit. Zum einen für die Ampelkoalition in Berlin. Das dortige Ringen um den Haushalt 2024 war erschreckend. Es zeigte sich zwar, dass alle drei Parteien an dem Bündnis festhalten wollen – allerdings wohl aus purer Angst, sonst von den Wählern vernichtend abgestraft zu werden. Vor allem jedoch zeigte sich, dass SPD, Grünen und FDP eine gemeinsame Vorstellung davon fehlt, wie Gesellschaft und Wirtschaft in Deutschland sich künftig entwickeln sollen. Keine Spur von einem plausiblen Konzept für die nächsten Monate, geschweige denn von einer langfristigen Strategie.
 

Jürgen Wermser
Jürgen Wermser

Das ist politisch einfach zu wenig. Denn ein bloßes „Weiter“ reicht nicht als Antwort auf die aktuell dramatischen Herausforderungen: von Klimakrise, Nahost-Krieg über den russischen Angriff auf die Ukraine bis hin zu einer zukunftsweisenden Energiepolitik. Angesichts dieses inhaltlichen Stillstands ist es kein Wunder, dass die Koalitionäre und nicht zuletzt ihr Kanzler die Quittung an den Wahlurnen fürchten – zu Recht, wie die jüngsten Zahlen des ARD-Deutschlandtrends bestätigen. Danach sind aktuell nur 17 Prozent der Bürger mit der Arbeit des Kabinetts zufrieden, 82 Prozent dagegen weniger oder gar nicht. Eine ähnlich schlechte Bewertung der Regierungsarbeit im Bund hatte es zuletzt vor über 13 Jahren gegeben. 

 

„Wenn schon am Sonntag Bundestagswahl wäre, käme die SPD auf 14 Prozent (-2 im Vergleich zum November 2023). Die Union würde zwei Prozentpunkte gewinnen und wäre mit 32 Prozent stärkste Kraft. Es ist ihr höchster Wert seit März 2021. Die Grünen lägen bei 15 Prozent (+1) und die Freien Demokraten bei unverändert 4 Prozent und damit unterhalb der Mandatsschwelle. Die AfD würde einen Prozentpunkt einbüßen, läge mit 21 Prozent aber weiterhin an zweiter Stelle.“
ARD-Deutschlandtrend, 7. Dezember 2023

 

Dieses verheerende Zeugnis hat natürlich viele Gründe. Aber einer liegt im schlechten Ansehen des Kanzlers. Aktuell sind nur 20 Prozent mit der Arbeit von Olaf Scholz zufrieden. Das ist der niedrigste Wert für einen Kanzler oder eine Kanzlerin im seit 1997 bestehenden ARD-Deutschlandtrend. Was muss eigentlich noch alles geschehen, damit die Ampelparteien – voran der Kanzler – endlich erkennen, dass sie sich viel stärker um die Sorgen und Probleme der leistungsorientierten Bevölkerungsmehrheit kümmern müssen, statt Klientelpolitik für soziale, zumeist in Großstädten lebende Minderheiten oder Randgruppen zu betreiben?

 

Wie ernst die Lage in Deutschland und nicht zuletzt auch im ländlichen Raum ist, machen die jüngsten Ergebnisse der internationalen Pisa-Studie deutlich. Ähnlich wie die deutsche Fußballnationalmannschaft sind wir hier auf dem besten Wege in die Zweitklassigkeit. Doch bei den Fußballern gibt es wenigstens noch ein Fünkchen Hoffnung, weil unsere U17-Kicker kürzlich Weltmeister geworden sind. In ein paar Jahren könnten diese Spieler in der Bundesliga und in der Nationalmannschaft dann entsprechend für Furore sorgen. In Sachen Bildung zeichnet sich bislang eine solche Perspektive leider nicht ab. Dort gibt es keinen Anlass zu Optimismus. Zu oft waren unsere Politiker bei ähnlichen Ergebnissen in der Vergangenheit zwar aufgeschreckt gewesen. Sie versprachen Besserung, aber nach ein paar Wochen der Aufregung blieb dann doch letztlich alles wieder beim Alten. Die Trendumkehr ist schlichtweg nicht gelungen, wie die Pisa-Studie belegt. 

 

Besorgniserregende Entwicklung bei deutschen Schülern

 

Die deutschen Schüler drohen damit den Anschluss zu verlieren – eine Entwicklung, die nicht nur für die betroffenen Jugendlichen, sondern für unser Land insgesamt höchst besorgniserregend ist. Denn Wirtschaft und Wohlstand basieren auf der Leistungsfähigkeit unserer Beschäftigten. Und darum scheint es langfristig schlecht bestellt zu sein, wenn die künftigen Fachkräfte in den Schulen zu wenig lernen. Hier muss schnellstens eine Trendumkehr geschafft werden. Das Problem ist nur, dass in den vergangenen Jahren zu viel auf Pump für andere, zumeist konsumtive Zwecke ausgegeben wurde, sodass dieses Geld jetzt fehlt und die Etats von Bund und Ländern durchweg auf Kante genäht sind. 

 

Vor allem im Bund sieht es nach den vom Bundesverfassungsgericht gekippten Tricksereien der Koalition heikel aus. Entsprechend schwierig gestalten sich die Gespräche über den zukünftigen Bundestag. Für die Ampelkoalition steht es hier Spitz auf Knopf. Dass Robert Habeck seinen geplanten Besuch bei der Weltklimakonferenz absagen musste, zeigt den Ernst der Lage. Denn für den grünen Wirtschaftsminister wäre die Tagung in Dubai eine ideale Plattform für seine energiepolitischen Botschaften gewesen. Auch der grünen Basis hätte ein solcher Auftritt ihres prominentesten Vertreters in der Bundesregierung auf großer internationaler Bühne gewiss gutgetan. Doch statt in Dubai publikumswirksam Flagge für den Klimaschutz zu zeigen, musste Habeck dem Kanzler das Feld überlassen.

 

Robert Habeck (Foto: © BMWK / Dominik Butzmann)
Robert Habeck (Foto: © BMWK / Dominik Butzmann)

Inhaltlich werden es die Teilnehmer der Weltklimakonferenz gewiss verschmerzen können, dass Habeck aus innenpolitischen Gründen nicht nach Dubai fliegen konnte. Schon jetzt ist diese Veranstaltung am Persischen Golf personell an ihre Kapazitätsgrenzen gelangt. Über 80.000 Teilnehmer haben sich registriert. Angesichts der damit verbundenen vielen Flugreisen mag man an die Klimabilanz einer solchen Mammuttagung gar nicht denken. Weniger wäre hier mehr.


Ein ganz anderes, gerade für den ländlichen Raum besonders interessantes Thema wird uns am Montag in unserem Blog beschäftigen: Die EU will die Vorschriften für Tiertransporte verschärfen. Die maximal zulässigen Transportzeiten werden verkürzt. Bei langen Fahrten soll es künftig verpflichtende Pausen geben. In den Pausen müssen die Tiere ausgeladen und gefüttert und getränkt werden. Spezielle Vorschriften soll es für Tiere geben, die auf dem Weg in die Schlachthöfe sind, sowie für trächtige oder Jungtiere. Die Mindestanforderungen an Platz werden vergrößert und angepasst an jede Tierart. Auch dürfen Transporte bei Temperaturen über 30 Grad künftig nur noch nachts stattfinden, bei Temperaturen unter null Grad soll es Schutz gegen die Witterung geben, bei Temperaturen unter minus fünf Grad darf der Transport maximal neun Stunden dauern. Es handelt sich um die erste Verschärfung der Tiertransportregeln in 20 Jahren. 

 

Zudem soll es EU-weite Regeln geben für Zucht, Verkauf und das Halten von Katzen und Hunden. Allerdings: Es ist nicht mehr damit zu rechnen, dass die Co-Gesetzgeber vor der Europawahl das Gesetzgebungsverfahren abschließen können. Das heißt, die Regeln werden frühestens 2025 in Kraft treten. Doch dazu können Sie bei uns am Montag mehr lesen …

 

Genießen Sie das Wochenende und freuen sich auf einen hoffentlich guten Start in eine positive Woche. In diesem Sinne verbleibe ich mit den besten Grüßen 

Ihr

Jürgen Wermser

Redaktionsleitung/Koordination

 

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