Bärendienste für Flüchtlinge und Klima

Wie Verfechter der Schönwetter-Politik rechtsradikalen Kräften in die Hände spielen und dem liberalen Rechtsstaat schaden

Foto: FelixMittermeier
Foto: FelixMittermeier

 

Von Michael Lehner

 

Mit der Aussicht auf 35 Prozent bei der bevorstehenden Landtagswahl in Bayern steht die CSU nicht gut da. Und doch besser als alle anderen demokratischen Volksparteien der Republik. Im Osten ist zu fürchten, dass die AfD zur stärksten Kraft werden könnte. Zumindest die SPD-Linke gibt sich schon geschlagen und liefert den Populisten zusammen mit einem Teil der Grünen eine Steilvorlage nach der anderen.

 

Akut ist da die Realitätsverweigerung zu drängenden Problemen der Flüchtlingspolitik. Während Bürgermeister und Landräte quer durch die Parteien „Es geht nicht mehr“ rufen, hält es SPD-Chefin Saskia Esken mit der leider widerlegten Hoffnung der Angela Merkel: „Wir schaffen das“. In Wahrheit haben wir es nicht geschafft. Die Hälfte der Menschen aus der Flüchtlingswelle des Jahres 2015 ist immer noch nicht angekommen im Land der Willkommenskultur.

 

Wer den direkten Zusammenhang zwischen misslingender Integration und Höhenflug der AfD-Partei noch leugnen will, verkennt den Ernst der Lage. Zumal in einer Realität, in der Wohnraum, Schulen und ärztliche Versorgung bei weitem nicht dem bereits vorhandenen Bedarf entsprechen. Und das Geld so knapp ist, dass der Staat auch am unbestritten Notwendigen sparen muss.

 

Wandel ist nicht aufzuhalten

 

Dass der so erzeugte Druck von Rechtsaußen auch demokratische Parteien zum Überdenken liebenswerter Positionen zwingt, lässt sich wohlfeil beklagen. Aber es wird den schleichenden Wandel nicht aufhalten. Am Ende sorgt die Realitätsverweigerung für Klimawandel, auch im Sinn des Wortes: Unter dem Druck der Sorge, demokratische Ideale zu gefährden, bleiben Idealvorstellungen einer mitmenschlich geprägten Migrationspolitik ebenso auf der Strecke wie der ökologische Umbau des Gemeinwesens.

 

Noch verweigern beträchtliche Teile von SPD und Grünen den Blick auf Länder, die der Gefahr aktiv begegnen. Wie Dänemark, das dem braunen Spuk den Garaus gemacht hat. Nicht nur mit Korrekturen bei der Zuwanderung, sondern auch mit praktikablen Wegen zu einer gemeinverträglichen Energiepolitik. Während in Deutschland noch um eine Wasserstoff-Strategie gestritten wird, produzieren die Dänen längst Wasserstoff – auch mit geschenktem Überschuss-Windstrom aus dem deutschen Norden.

 

Vielleicht ein Schelm, wer bei solchen Kuriosa denkt, rotgrüne Zweifel am Wasserstoff könnten darin begründet sein, dass das Zeug auch zum Betrieb von Verbrenner-Autos taugt. Sogar für solche, die schon etwas älter sind und schon bezahlt. Was Menschen aus der Not befreit, aufs Auto zu verzichten, weil sie sich keines mit Elektroantrieb leisten können.

 

Angst und Trotz sind schlechte Ratgeber. Was helfen könnte, ist Besinnung auf das Mach- und Zumutbare. Vor allem aber der nüchterne Blick auf die Heilsversprechen der rechten Populisten: In Italien hat sich die Zahl der Bootsflüchtlinge nahezu verdoppelt seit dem Machtwechsel zur Meloni-Regierung. Und die von Rechtsaußen geduldete Regierung in Schweden muss nicht nur die versprochenen Steuersenkungen kassieren, sondern scheint nach einem Jahr noch immer machtlos gegen die weiter wachsende Clan-Kriminalität in den größeren Städten.

 


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Kommentare: 2
  • #1

    Spielmann Ulrich (Mittwoch, 27 September 2023 09:16)

    Sie sprechen in Ihrem Artikel von „demokratischen Volksparteien“ ! Mir ist nicht bekannt, daß in deutschen Parlamenten „undemokratische“ Parteien vertreten sind !
    Alle Parteien sind auf demokratischen Wege in die deutschen Parlamente eingezogen.

  • #2

    Thomas Meise (Samstag, 30 September 2023 15:05)

    Es ist zwar richtig, dass alle Parteien auf demokratischem Wege in die deutschen Parlamente eingezogen sind. Das heißt aber leider nicht, dass alle dort vertretenen Parteien auch demokratisch sind. Und eine völkische Partei ist noch lange keine Volkspartei…

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