Hessen: Alles spricht für ein „Weiter so“ mit Schwarz-Grün

Die Ergebnisse der Landtagswahlen stehen gerade auch bei Naturnutzern im Blickpunkt. Heute schauen wir auf die Hessen, die in gut drei Wochen wählen

Der hessische Landtag in Wiesbaden. (Foto: Thorsten Neuhaus)
Der hessische Landtag in Wiesbaden. (Foto: Thorsten Neuhaus)

 

Von Jost Springensguth

 

Die deutsche Innenministerin drückt dem laufenden Landtagswahlkampf zwischen Kassel und Wiesbaden einen besonderen Stempel auf. Sie stammt aus Hessen und will als erste Regierungschefin dort wieder hin. Alles, was für Nancy Faeser in Berlin schief läuft, schlägt allerdings derzeit auf ihre Rolle als Spitzenkandidatin der SPD im Lande durch. Boris Rhein agiert als Ministerpräsident und mit seinem führenden Listenplatz für die CDU wirkungsvoll im Lande, wobei er außerhalb der Landesgrenzen kaum wahrzunehmen ist. Wenn am 8. Oktober hier die Stimmen ausgezählt werden, ist nach dem Stand heute kaum mit Überraschungen zu rechnen. 

 

Ein Blick auf die natürlich noch nicht sicheren Daten der Demoskopie lässt nichts anderes erwarten als die Fortsetzung der schon von Volker Bouffier geräuschlos geführten Koalition der CDU mit den Grünen. Boris Rhein regiert mit ihnen seit seiner Amtsübernahme ebenso unspektakulär pragmatisch weiter. Der grüne Spitzenmann Tarek Al-Wazir wurde von seiner Partei mit einem überwältigenden Ergebnis zwar erneut als „Ministerpräsidenten-Kandidat“ nominiert, doch sieht alles danach aus, dass das fortgesetzt wird, was bereits 2013 begonnen wurde: die schwarz-grüne Koalition mit ihm als Wirtschafts-, Energie und Verkehrsminister. Ende letzter Woche ermittelte das ZDF-Politbarometer für die Sonntagsfrage 30 % für die CDU, je 19 für die Grünen und die SPD und 6 für die FDP. Insa, das als Institut für die Bildzeitung Prognosen erstellt, meldete gestern in seinem „Hessen-Trend“ ähnliche Zahlen, womit die bisherige Koalition weiter mit einer Mehrheit rechnen kann. Faesers SPD liegt damit gut zehn Prozent hinter der CDU mit Rhein. Eine „Große Koalition“, die es eigentlich nicht mehr geben kann, kommt hier wohl nicht infrage.

 

Perspektiven der Landnutzer in den Wahlprogrammen

 

Vor den zu erwartenden Koalitionsverhandlungen lohnt sich mit Blick auf den ländlichen Raum ein Check der Regierungsprogramme der Koalitionsparteien.

 

Die Grünen wollen dafür sorgen, dass Hessen „Vorreiter der Agrarwende“ bleibt; sie wollen den Anteil des Ökolandbaus erhöhen und ein „Innovationszentrum für Agrarsystemtransformation“ einrichten. Das Staatsziel Tierschutz soll in bestehende Gesetze „effektiv eingearbeitet“ werden. Und dann wollen die Grünen wie anderswo das anstreben, was sie als „Ökologisches Jagdgesetz“ bezeichnen. Die Bejagung bestandsgefährdeter Tierarten soll beendet und für das Rehwild sollen die Hegegemeinschaften in die Verantwortung für die natürliche Verjüngung des Waldes genommen werden. Das liest sich mehr wie „Wald vor Wild“ als „Wald und Wild“. Sollten die Grünen erneut die Koalition mit der CDU verhandeln, bleibt zu hoffen, dass diese Zielsetzungen strittig und damit auch ein Randthema der künftigen Regierung bleiben. Das Thema Wolf scheint hier in der Programmatik kaum eine Rolle zu spielen.

 

Die CDU nimmt in ihrem Programm die Waldbesitzer in die Pflicht und will sie gleichzeitig für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung mit dem Ziel der CO2-Speicherung honorieren. Das Betretungs- und Erholungsrecht soll im Einklang mit Eigentümerinteressen gewährleistet werden. Die CDU im Lande möchte im Übrigen die Nutzung des Rohstoffes Holz voranbringen. Für die Naturnutzer ist dann weiter diese Aussage relevant: „Nur durch das Engagement der Eigentümer und Flächennutzer, Jäger und Angler werden Artenschutz, Boden- und Wasser- sowie Klimaschutz gewährleistet. Freiwillige Maßnahmen und Vertragsnaturschutz haben deshalb Vorrang.“ Weiter soll eine CDU-geführte Landesregierung „ideologiefrei mit dem Wolf umgehen“ und ihn in das Jagdrecht nehmen.

 

Wieder ein eigenes Landwirtschafts- und Forstministerium?

 

Übrigens will Boris Rhein ein eigenständiges Ministerium „Land- und Forstwirtschaft“ schaffen und es damit offensichtlich von den bisherigen Bereichen Umwelt und Verbraucherschutz abtrennen. Die Amtsinhaberin Priska Hinz von den Grünen ist seit 1998 und damit schon seit der Eichel-Regierung Umweltministerin; im ersten Kabinett Bouffier war sie weiter im Amt, erhielt aber zusätzlich die Zuständigkeit für die Landwirtschaft. Jetzt tritt sie nicht wieder an. 

 

Wenn es denn zwischen Boris Rhein und den Grünen mit Tarek-Al-Wazir bei der bisherigen Koalition bleibt, lohnt es sich schon, kritisch auf das zu schauen, was für den ländlichen Raum mit Landwirtschaft, Forst und Jagd in den Koalitionsvertrag geschrieben wird. Jedenfalls werden bei den Grünen dabei auch personell die Karten neu gemischt.

 

Um die Sache für Hessen abzurunden: Die AfD stabilisiert sich in den Umfragen bei 15 Prozent und die Freien Wähler robben sich mit ihrem Bundesvorsitzenden Aiwanger in bayerischer Nachbarschaft mit vier Prozent nach der Insa-Umfrage an die Fünf-Prozent-Marke heran, während die FDP mit zuletzt übereinstimmenden sechs Prozent in die Gefahrenzone kommt. Von diesen Entwicklungen hängt letztlich ab, mit welchen Mandatszahlen eine neue Regierungsbildung erfolgen wird. Es bleibt also bei allen derzeitigen schwarz-grünen Prognosen spannend.

 


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