Wasser immer knapper und begehrter

Klimawandel und Dürren führen auch in Deutschland zu mehr Konflikten zwischen Metropolen und ländlichen Räumen

Ein tropfender Wasserhahn. (Foto: piu700 / pixelio.de)
Ein tropfender Wasserhahn. (Foto: piu700 / pixelio.de)

 

Von Jürgen Wermser

 

Trockene Felder und besorgte Kommunen: Dieser Sommer zeigt uns drastisch, wie gefährdet und zugleich wichtig die Wasserversorgung in Deutschland ist. Bei einer Umfrage unter 357 Wasserversorgungsunternehmen, die zusammengenommen rund 40 Prozent der Gesamtwasserabgabe im Jahr 2022 in Deutschland lieferten, erklärten zwar 90 Prozent, dass die Versorgung über das Jahr 2022 uneingeschränkt gewährleistet gewesen sei. Aber immerhin neun Prozent mussten die Versorgung zeitweise bereits einschränken, zum Beispiel bei der Gartenbewässerung und Poolbefüllung, durch Zuhilfenahme anderweitiger Mittel wie Tankwagen oder technischer Maßnahmen wie etwa der Absenkung des Versorgungsdrucks. Nur bei einem Prozent der Wasserversorgungsunternehmen kam es laut der Umfrage teilweise zu einem Ausfall der Versorgung.

 

Die Appelle von Behörden und Verbänden an die Bürger, möglichst wenig Wasser zu verbrauchen, nehmen zu. Zugleich bahnt sich hier ein größerer Konflikt zwischen Städten und ländlichen Räumen an. Denn viele Menschen, die in Metropolen leben, haben längst den persönlichen Bezug zu den Kreisläufen der Natur verloren. Entsprechend wachsen Unkenntnis und Unverständnis über eventuelle Einschränkungen. Doch ebenso wenig wie Strom aus der Steckdose kommt, fließt Wasser nicht einfach und unbegrenzt aus dem Hahn. Konkret: Das wertvolle Nass muss aus teilweise weit entfernten Regionen in die immer durstigeren Ballungsgebiete transportiert werden. Lange Zeit war dies kein Problem, weil genug Wasser vorhanden war oder zumindest vorhanden schien. Doch auch hier macht der Klimawandel einen dicken Strich durch die bequeme Rechnung.

 

20 Prozent weniger Grundwasser

 

Seit der Jahrtausendwende ist die Menge des Grundwassers in Deutschland um rund 20 Prozent gesunken. Doch zwei Drittel des Trinkwassers werden hierzulande aus Grundwasser gewonnen. Insgesamt beziffern Experten den Rückgang der Wasserreserven seit 2000 auf 35 Prozent. Denn auch in den Flüssen, an deren Ufern durch Brunnen Trinkwasser gewonnen wird, sinken die Pegel. Ganz abgesehen davon: Flüsse sind nicht nur ein Wasserreservoir, sondern auch wichtige Verkehrsadern. Wenn Rhein oder Elbe Niedrigwasser haben, bekommen Transportschiffe mangels Tiefgang schnell ein Problem. Transporte von Bau- und Rohstoffen, von Chemie- und Erdölprodukten kommen nicht rechtzeitig oder gar nicht an. Die Produktion stockt – mit den entsprechenden wirtschaftlichen Folgen für Betriebe und Konjunktur.

 

Ein Beispiel für die wachsenden Probleme ist ein Konflikt zwischen Metropole und ländlichem Raum im Norden. So sieht sich Hamburg wachsender Kritik aus der Region um Lüneburg ausgesetzt. Die Hansestadt bezieht von dort über zehn Prozent ihres Wasserbedarfs und möchte künftig noch mehr fördern. Die Interessengemeinschaft Grundwasserschutz Nordheide (IGN) wendet sich strikt dagegen. Der gemeinnützige Verein verweist darauf, dass in dem entsprechenden Gebiet die Grundwasserpegel seit 1982 an 14 von 15 Messstellen gesunken sind. Der IGN-Vorstand brachte es jüngst auf diese Formel: „Niedersachsen ist kein wasserreiches Land mehr.“ Die Bäche und Flüsse, Moore und Feuchtgebiete nicht zuletzt in der Nordheide müssten besser geschützt werden. 

 

Nötig seien regionale Wasserbewirtschaftungskonzepte, die das ganze Bundesland umfassen. Dabei sei auch der Mehrbedarf in der Landwirtschaft für die Beregnung von Feldern zu berücksichtigen. Angesichts lang anhaltender Dürrephasen sind Bauern zunehmend dazu gezwungen, Äcker zu bewässern, um eine angemessene Ernte zu bekommen. Für den IGN heißt dies: „Wir brauchen einen Runden Tisch Wasser, einen Dialog zwischen Land- und Forstwirten, Umweltschützern, Wissenschaft und Genehmigungsbehörde.“

 

Versorgung Berlins bedroht

 

Anderes Beispiel Berlin: Eine neue Studie für das Umweltbundesamt (UBA) sieht gewaltige Aufgaben für die Wasserversorgung entlang der Spree, wenn mit Ende der Braunkohleförderung in der Lausitz deutlich weniger Grundwasser in den Fluss gepumpt wird. Laut Studie kann dies in trockenen Sommermonaten dazu führen, dass die Spree örtlich bis zu 75 Prozent weniger Wasser führt – mit entsprechenden Konsequenzen für den Spreewald, seine Seen und Kanäle sowie die Trinkwasserversorgung in der Region Berlin. 

 

UBA-Präsident Dirk Messner beschreibt die Entwicklung so: „In Berlin und Brandenburg könnte im schlimmsten Szenario das Wasser empfindlich knapp werden, wenn nicht entschlossen gegengesteuert wird.“ Die Länder Brandenburg, Berlin und Sachsen stünden vor entsprechenden Herausforderungen. Sie sollten diese schnell gemeinsam mit der Wasserwirtschaft angehen.

 

Die Studie schlägt unter anderem vor, Talsperren und Wasserspeicher zu ertüchtigen und bestehende Seen als Wasserspeicher auszubauen. Auch sollten die Länder gemeinsam ausloten, wie sich Wasser aus anderen Regionen durch neue Rohrsysteme möglichst naturverträglich in die Spree pumpen lässt. Haushalte, Industrie und Landwirtschaft sollten zudem mehr Wasser sparen.

 

Bauern kritisieren Strategie der Regierung

 

Durch den Klimawandel wird aus Sicht des Deutschen Bauernverbands (DBV) auch in Deutschland die Ressource Wasser zum entscheidenden Schlüsselfaktor für die Versorgungssicherheit. Anlässlich der Verabschiedung der Nationalen Wasserstrategie im Bundeskabinett forderte der DBV im März, Prioritäten für die Wassernutzung festzulegen. Nach der Trinkwasserversorgung müsse die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln Vorrang bekommen. Doch der vorgesehene Aktionsplan der Bundesregierung enthalte keinerlei Initiativen zur Stärkung von Wasserkooperationen oder anderer Formen der Zusammenarbeit zwischen Wasserwirtschaft und Landwirtschaft. Die Zielsetzung der Wasserstrategie sei deutlich zu kurz gegriffen, kritisierte der Bauernverband.

 

Die Wasserstrategie ist auf den Zeitraum bis 2050 ausgelegt. Um die Ziele zu erreichen, setzt sie auf einen Mix aus Förderung, rechtlichen Regelungen, Wissensaufbau und Dialog. Für zehn strategische Themenfelder wird beschrieben, wie unser Umgang mit Wasser zukunftsfähig werden kann. Dazu kommt ein Aktionsprogramm mit rund 80 konkreten Maßnahmen.

 


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