Je ländlicher, desto vertrauenswürdiger

Eine neue Studie zeigt überraschende Unterschiede im Verhältnis der Bürger zu den politischen Institutionen

Schafe auf einer Grünfläche – im Hintergrund die Skyline einer Großstadt. (Symbolbild: iStock/franswillemblok)
Schafe auf einer Grünfläche – im Hintergrund die Skyline einer Großstadt. (Symbolbild: iStock/franswillemblok)

 

Von Jürgen Wermser

 

Je kleiner und ländlicher, desto bürgernäher und vertrauenswürdiger - so lässt sich verkürzt gesagt das Ergebnis einer Untersuchung des Meinungsforschungsinstituts Forsa zur Kommunalpolitik zusammenfassen. Seit über einem Jahrzehnt befragt das Institut die Bundesbürger, wie groß ihr Vertrauen zu 35 politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und weltanschaulichen Institutionen ist. Dabei ergibt sich aktuell ein wenig erfreuliches Bild.

 

So sei im jüngsten Institutionen-Vertrauens-Ranking zur Jahreswende 2022/23 das Vertrauen zu einer Reihe von Institutionen im Vergleich zum Vorjahr geringer geworden, heißt es in einem Gastartikel von Forsa-Chef Manfred Güllner für „Kommunal“. Dies gilt besonders für die Bundesebene. Eine solche Entwicklung ist laut Güllner in Krisenzeiten ungewöhnlich, denn häufig steigen in derartigen Phasen die Werte eher. Dies geschah auch zu Beginn der Corona-Pandemie.

 

Momentan ist die Lage anders. So sank der Wert für den Bundeskanzler innerhalb eines Jahres von 57 Prozent auf 33 Prozent und bei der Bundesregierung von 56 auf 34 Prozent. Etwas geringer fiel der Vertrauensrückgang zum Bundestag mit einem Minus von 13 Prozentpunkten aus. Dabei zeigen sich starke Unterschiede zwischen den Anhängern der einzelnen Parteien. So haben beispielsweise 83 Prozent der SPD-Anhänger zum Kanzler großes Vertrauen, aber nur 33 Prozent von den Anhängern der im Bund mitregierenden FDP. Weniger überraschend ist dagegen, dass von den Anhängern der AfD nur zwei beziehungsweise drei Prozent zu den Organen der Legislative wie der Exekutive auf Bundesebene Vertrauen haben.

 

Kein Unterschied zwischen Ost und West

 

In den Kommunen sieht es hier viel besser aus. Das Vertrauen zu den politischen Institutionen auf kommunaler Ebene ist Anfang 2023 zwar auch geringer als noch vor einem Jahr – doch der Rückgang ist nicht so groß wie bei den politischen Institutionen auf Bundesebene. Mehr noch: Aktuell ist das Vertrauen zu den kommunalen Institutionen – anders als in den Jahren zuvor – sogar größer als das in die Institutionen auf Bundesebene. Und anders als auf Bundesebene ist das Vertrauen der Ostdeutschen zur politischen Vertretung vor Ort nicht geringer, sondern sogar genauso hoch wie das der Westdeutschen.

 

Besonders bemerkenswert: Je kleiner - sprich ländlicher - und „übersichtlicher“ eine Kommune ist, desto besser scheint die Vertrauensbildung zu klappen. So haben in Orten mit weniger als 5.000 Einwohnern 52 Prozent der Bürger Vertrauen zum Bürgermeister ihrer Gemeinde. In den 15 größten Städten der Republik (mit mehr als 500.000 Einwohnern) sind dies nur 39 Prozent. Auch die Verwaltung vor Ort sehen die Bewohner in den Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern deutlich negativer. Dort beträgt der Zufriedenheitswert 33 Prozent, bei Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohner sind dagegen 46 Prozent zufrieden. Kaum Unterschiede gibt es an dieser Stelle zwischen den kleinen Gemeinden und den Städten bis 500.000 Einwohnern. Hier sind die Bewohner mit der Qualität ihrer Verwaltung weitgehend ähnlich zufrieden oder unzufrieden.

 

Interessanter Vergleich zwischen Bayern und NRW

 

Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang ein Vergleich zwischen den beiden bevölkerungsreichsten Bundesländern. So ist laut Forsa in Bayern mit noch rund 2.000 Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern und einer Vielzahl von CSU-Bürgermeistern das Vertrauen zu den Institutionen vor Ort größer als in Nordrhein-Westfalen, wo durch die radikale Gebietsreform in den 1970er Jahren lokale Identitäten zerstört wurden. 

 


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