Niedersachsen: In Rekordzeit zum Koalitionsvertrag

Sechs Ressorts für die SPD, vier für die Grünen: So sieht die künftige Regierung in Hannover aus

Niedersächsischer Landtag in Hannover. (Symbolbild: falco)
Niedersächsischer Landtag in Hannover. (Symbolbild: falco)

 

Von Christian Urlage

 

Erstaunlich schnell haben SPD und Grüne in Niedersachsen ihre Verhandlungen zur Bildung einer neuen Landesregierung abgeschlossen. Das liegt an der inhaltlichen Nähe beider Parteien und daran, dass man sich kennt – aber auch am pragmatischen Stil der Verhandlungsführer Stephan Weil (SPD) und Julia Willie Hamburg (Grüne).

 

Bemerkenswert ist, dass Weil bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags neben Klimaschutz und Bildung den ländlichen Raum als einen Schwerpunkt nannte und ausdrücklich erwähnte, dass ein großer Teil der Bevölkerung in dünner besiedelten Regionen lebt. Der bisherige und wohl auch künftige Ministerpräsident sprach von einer „Politik der ausgestreckten Hand“. Damit machte er deutlich, dass die neue Landesregierung gemeinsam mit den Akteuren handeln wolle, zum Beispiel in der Landwirtschaft.

 

Agrarministerin vom linken Flügel der Grünen

 

Wie weit das gelingt, muss allerdings die Praxis zeigen. Künftige Landwirtschaftsministerin wird die bisherige agrarpolitische Sprecherin der Grünen, Miriam Staudte. Sie wird dem linken Flügel ihrer Partei zugerechnet. Gut möglich, dass die Ziele der Grünen in diesem Ressort – sie sprechen von Tierwohl, Ökolandbau und mehr Moorschutz – in Detailfragen noch zu Konfliktstoff mit den Bauern führen wird. Immerhin betonen SPD und Grüne, dass sie nur gemeinsam mit den Landwirten Reformen umsetzen wollen.

 

Konfliktstoff könnte es auch bei Fragen zum Umwelt- und Klimaschutz geben: Darum wird sich als Minister Christian Meyer kümmern. Der 47 Jahre alte Spitzenkandidat der Grünen, nach eigenen Angaben Mitglied von BUND, Greenpeace, WWF und attac, galt in seiner Zeit als Landwirtschaftsminister von 2013 bis 2017 als „Bauernschreck“.

 

Neben dem Agrar- und dem Umweltressort erhalten die Grünen das Kultusministerium – geführt von Julia Willie Hamburg – und das Finanzressort, das der Realo Gerald Heere übernehmen soll. Die übrigen sechs Ministerium im Landeskabinett gehen an die SPD.

 

SPD setzt auf drei erfahrene Kräfte

 

Die alte und neue Regierungspartei setzt auf drei erfahrene Kräfte: Innenminister Boris Pistorius und Gesundheitsministerin Daniela Behrens bleiben. Olaf Lies, bisher Umweltminister, wechselt ins Wirtschaftsressort, das er bereits von 2013 bis 2017 leitete. Hier hat sich Lies gegen die Grünen durchgesetzt. Neu im Kabinett sind Kathrin Wahlmann (Justiz), Falko Mohrs (Wissenschaft und Kultur) und Wiebke Osigus (Regionales, Bundes- und Europaangelegenheiten), die sich bisher keinen Namen gemacht haben.

 

Weil und Hamburg ging es bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags darum, die künftige Landesregierung in Krisenzeiten als handlungsfähig, vertrauenswürdig und stabil darzustellen, als eine Regierung, die Sicherheit gibt. SPD und Grüne verdeutlichten zugleich, für welches Profil sie stehen. Details ihrer Regierungsziele haben Weil und Hamburg ebenfalls bekannt gegeben: ein A 13-Gehalt für alle Grund-, Haupt und Realschullehrer, ein 29-Euro-Ticket für Schüler und das Prinzip der Vereinfachung. So sollen Kommunen nicht mehr komplizierte Anträge stellen müssen, um Zuschüsse zu bekommen. Und in der Pflege soll die Dokumentation weniger werden. Mit dieser Ankündigung, Bürokratie abzubauen, sorgte Weil für eine Überraschung. Denn so ein Vorhaben wird nicht unbedingt von Rotgrün erwartet.

 

Zustimmung auf Landesparteitagen gilt als ausgemacht

 

In anderen Fragen wie dem Umgang mit Wölfen kann man derzeit nur abwarten. Das gilt auch für den Bau der Autobahn A 39 Wolfsburg-Lüneburg und die Küstenautobahn A 20. Darauf angesprochen, äußerte sich Grünen-Verhandlungsführerin Hamburg mit Verweis auf den Bund ausweichend.

 

Ausgemacht gilt hingegen, dass der Koalitionsvertrag auf den Landesparteitagen von SPD (am Samstag) und Grünen (am Sonntag) eine klare Mehrheit bekommen wird.

 


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