Bei den Feuerwehren brennt es

Immer mehr Einsätze und Katastrophenfälle – viele freiwillige Helfer stoßen an die Grenze ihrer Belastbarkeit

Feuerwehr bei der Brandbekämpfung mit Einsatzfahrzeugen. (Symbolbild: Wolfgang Claussen)
Feuerwehr bei der Brandbekämpfung mit Einsatzfahrzeugen. (Symbolbild: Wolfgang Claussen)

 

Von Jürgen Wermser

 

Waldbrände, Überflutungen und andere Naturkatastrophen sind in Deutschland fast schon trauriger Alltag geworden. Umso wichtiger ist ein effizientes und gut ausgestattetes Hilfs- und Rettungswesen. Feuerwehren sind hier ein zentrales Element. Doch sie kommen zunehmend an ihr personelles Limit. Dies gilt gleichermaßen für die Berufs- wie die Freiwilligen Feuerwehren.

 

Hinzu kommt, dass in mehr als der Hälfte aller deutschen Städte Feuerwehren auch für die Rettungseinsätze verantwortlich sind und deren Anzahl ist laut ARD in den vergangenen 20 Jahren von 1,5 Millionen auf rund 2,6 Millionen bundesweit gewachsen.

 

94 Prozent der Feuerwehrleute sind in Freiwilligen Feuerwehren organisiert. Nach Angaben des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV) hatten die mehr als 22.000 Freiwilligen Feuerwehren in Deutschland Ende 2018 knapp 997.600 Mitglieder. Zum Vergleich: In den 104 Berufsfeuerwehren, die es bundesweit gibt, sind lediglich knapp 33.500 Menschen tätig. Hinzu kommen noch 33.300 Frauen und Männer, die in knapp 770 Werksfeuerwehren organisiert sind.

 

Die Zahl der freiwilligen Einsatzkräfte bricht ein

 

Tausende Einsatzkräfte fehlen. Die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft (DFeuG) schätzt, dass in ganz Deutschland 5.000 bis 10.000 Einsatzkräfte fehlen, um den wachsenden Aufgaben gerecht zu werden. Zwar gebe es offiziell rund 9.000 Berufskräfte mehr als vor 20 Jahren, so die Gewerkschaft. Doch diese Zahl sei auf Neugründungen und mehr Teilzeitstellen zurückzuführen. Im Übrigen hätten sich laut Statistik von 2019 - neuere Zahlen gibt es noch nicht - früher rund 66.000 Freiwillige mehr als heute in den Feuerwehren engagiert.

 

Letzteres ist vor allem mit Blick auf den ländlichen Raum beunruhigend. Denn hier

sind die Berufsfeuerwehren naturgemäß schwächer aufgestellt als in den dicht besiedelten Ballungsräumen. Hinzu kommen die oft großen Distanzen zur Einsatzstelle. Gerade bei Bränden, Unglücken und Naturkatastrophen können Freiwillige Feuerwehren mit die ersten am Ort des Geschehens sein. Denn ihre Angehörigen wohnen und arbeiten häufig in der Nähe, Und sie kennen die örtlichen Gegebenheiten, gelegentlich sogar die unmittelbar Betroffenen und sind schon deshalb eine unentbehrliche Hilfe für die spezialisierten „Profis“. Kurzum, ohne die Zehntausenden freiwilligen Helfer mit ihren Lösch- und sonstigen Einsatzfahrzeugen würde der deutsche Rettungsdienst im weitesten Sinne zusammenbrechen.

 

Auch Arbeitgeber sind gefordert

 

Ähnlich wichtig ist die Bereitschaft von Arbeitgebern, ihren in den Feuerwehren tätigen Mitarbeitern keine beruflichen Steine in den Weg zu legen. Denn natürlich kann es auch während der Dienstzeit im Job Alarm geben. Dann muss im Büro oder an der Werkbank alles stehen und liegen gelassen werden, um Menschen in Not zu helfen. Keine Frage, das kann im Einzelfall gravierende Folgen für den Arbeitsprozess haben, aber für eine solche Situation müssen - und werden zumeist - vorab praktische Vorkehrungen getroffen. Konkret: Dann müssen möglichst genügend andere Freiwillige bereitstehen, die für ihre beruflich oder familiär gerade unabkömmlichen Kameraden einspringen.

 

Hinzu kommen für die vielen freiwilligen Feuerwehrleute noch Lehrgänge und Fortbildungen - alles Belastungen neben Familie und Beruf. Keine Frage, wer sich so stark als Mitarbeiter und Arbeitgeber für andere Menschen und das Gemeinwohl einsetzt, verdient großen Respekt und viel Anerkennung.

 

Gefahr einer Überforderung ist durchaus real

 

Gleichwohl darf die Gesellschaft diese Bereitschaft zum Engagement nicht überstrapazieren. Denn sonst könnte der Punkt erreicht werden, wo sich unter den Freiwilligen immer stärker Erschöpfung und Frust ausbreiten nach der Devise: Wofür tue ich mir das eigentlich an? Diese Gefahr einer Überforderung und der damit verbundenen Resignation ist durchaus real. Man denke hier nur an die diesjährigen Waldbrände im südlichen Brandenburg und in Sachsen, wo im Sommer rund 800 Hektar in Flammen standen und tausende zumeist freiwillige Feuerwehrleute tagelang im Einsatz waren. Sie mussten gegen die Flammen kämpfen, aber auch gegen die eigene Erschöpfung - von den damit verbundenen Schwierigkeiten mit Familie und Arbeitgebern ganz zu schweigen.

 


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