Dunkle Haushaltswolken über den Kommunen

 

Von Wolfgang Molitor

 

Das sechste Mal in Folge haben die Kommunen in Deutschland 2020 einen Überschuss verzeichnet und sind nahezu unbeschadet durch die Corona-Krise gekommen. Was wie eine gute Nachricht klingt, ist schon auf den zweiten Blick kein Grund zur Freude oder Eigenlob.

 

Ohne die Corona-Hilfen des Bundes hätten angesichts der schwindenden originären Einnahmen Geld für Schulen und Kitas sowie Investitionen in den Verkehr und Klimaschutz drastisch gekürzt werden müssen. Das sagt der Finanzreport der Bertelsmann-Stiftung.

 

Die Botschaft der Bilanz klingt daher eher in Moll. Danach drohen bei Städten, Gemeinden und Kreisen in den kommenden Jahren neue Haushaltsdefizite - von 2021 bis 2024 voraussichtlich im Gesamtumfang von 23 Milliarden Euro. Weil die Ausgaben steigen und die Steuereinnahmen zurückgehen. Laut Stiftung beläuft sich der finanzielle Schaden der Coronakrise für die Kommunen auf mindestens 17 Milliarden Euro.

 

Einbruch bei Gewerbesteuer

 

Allein die Gewerbesteuer brach in den 13 Flächenländern um fast neun Milliarden Euro ein. Dazu kamen beim Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer sowie bei den Gebühren Verluste von weiteren vier Milliarden Euro. Alles in allem wird der finanzielle Corona-Schaden für die Kommunen auf mindestens 17 Milliarden Euro geschätzt. Besonders betroffen: wirtschaftsstarke Regionen wie Bayern und Baden-Württemberg, wo das kommunale Steueraufkommen jeweils um mehr als anderthalb Milliarden Euro gesunken ist - jeweils deutlich mehr als in allen fünf ostdeutschen Bundesländern zusammen.

 

Dass es glimpflich lief, ist dem hohen Einsatz von Bund und Ländern zu verdanken. So konnten die Kommunen 2020 ihre Investitionen nahezu wie geplant umsetzen. Die kommunalen Ausgaben stiegen hier innerhalb eines Jahres in den 13 Flächenländern um zwölfeinhalb Prozent auf ein Rekordhoch von 50 Milliarden Euro.

 

Doch ein Danke kommt nur leise. Stattdessen kommen ideenarme Vorschläge, wie es weitergehen soll. Auch die Stiftung macht da keine Ausnahme. Her mit neuen Bundes- und Landeshilfen wie Erstattungen von Steuerausfällen und Aufstockung der Investitionsprogramme, heißt die Parole. Sonst müssten Investitionen in Schulen, Kitas, in den Verkehr und Klimaschutz drastisch gekürzt werden.

 

Land will Unmut vermeiden

 

Auch deshalb fließt etwa in Baden-Württemberg das Geld vom Land in die Kommunen weiter reichlich - auch um den Unmut in der Bevölkerung über mögliche Gebühren- und Steuererhöhungen in manchen gebeutelten Städten und Gemeinden zu vermeiden.

 

Das grün-schwarze Hilfsprogramm umfasst alles in allem 777 Millionen Euro. So sollen etwa Beiträge für geschlossene Kitas an Eltern zurückerstattet sowie entfallene Einnahmen von Musikschulen und Volkshochschulen ausgeglichen werden. Zusätzlich gibt es rund 130 Millionen Euro für den Rettungsschirm zugunsten des Öffentlichen Nahverkehrs. Schöne Einzelmaßnahmen, aber ohne großen Finanzplan.

 

Dabei hat die Corona-Krise riesige Löcher auch in den Haushalt des Landes gerissen. Im Nachtragshaushalt landet von den 1,2 Milliarden Euro neuen Krediten immerhin knapp die Hälfte bei den Städten und Gemeinden. Und im kommenden Jahr droht laut Steuerschätzung eine Deckungslücke von drei Milliarden Euro.

Die nächsten Jahre werden für viele Kommunen also weiter schwere, zumal sie sich nicht darauf verlassen dürfen, dass die milliardenschwere Hilfe von oben zum Dauerbrenner wird. Oder ein Schuldenerlass des Bundes wirklich Musik von Morgen ist.

 

Die meisten Kämmerer und ihre Gemeinderäte werden nicht umhinkommen, noch mehr als bisher jeden Euro zweimal umzudrehen. Was am Ende immer heißt: Sie werden Gebühren erhöhen und Angebote einschränken müssen.

 

Das ist die schlechte Nachricht nach der Corona-Krise: Immer mehr Gemeinden werden nicht mehr auf eigenen Beinen stehen. Gerade im ländlichen Raum werden das die Bürger wohl zuerst zu spüren bekommen.

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