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  • Die neuen Sehnsuchtsorte

    Im ländlichen Raum leben 24 Millionen Menschen – ihnen soll die neue Kleinstadt-Akademie helfen, sich besser zu vernetzen Für Klara Geywitz ist sie „der neue Sehnsuchtsort“ für viele Deutsche. Die Bundesbauministerin meint damit die Kleinstadt, jene überschaubare, meist in ländlichen Regionen angesiedelte Kommune zwischen 5000 und 20.000 Einwohnern. Da, wo das Zusammenleben überschaubar scheint, soziale Kontakte noch gepflegt werden, das Ehrenamt noch nicht außer Mode gekommen ist und angeblich fast jeder jeden kennt, dort, wo Kommunalpolitik mit bekannten Köpfen verbunden ist, die man im Alltag trifft, und wo es keine aufgeregten Demonstrationen braucht, um im Gespräch zu bleiben. Natürlich sind Kleinstädte keine reinen Idyllen, aber das Leben in Deutschland wird nicht zuletzt von jenen rund 2100 Orten geprägt, in denen rund 24 Millionen Menschen ihr Zuhause haben. Und doch: Diese Kleinteiligkeit hat auch Nachteile. Geringe finanzielle Mittel, personell eng gefasste Verwaltungen, die unbestreitbare Arroganz und Ignoranz der mittelgroßen Nachbarn und großen Ballungszentren lässt in so manchem Rathaus anspruchsvolle Ambitionen und Investitionen erst gar nicht wachsen. Man bleibt lieber bei seinen vermeintlichen Leisten. Dass sich von den 2100 möglichen Bewerbern am Ende nur 44 Gemeinden an jenem Wettbewerb um die Ansiedlung der vom Bund mit zwei Millionen Euro unterstützten Kleinstadt-Akademie beteiligt haben, spricht da Bände. Dennoch: Natürlich gibt es einen Sieger, und der heißt Wittenberge im Nordwesten Brandenburgs, eine Meisterin in der Akquise von Fördermitteln. Erste Modellprojekte in zwei Jahren Als eigenständige Einrichtung soll die Kleinstadt-Akademie Wissen und Erfahrungen in der Entwicklung von kleinen Städten bündeln. Geywitz gibt sich optimistisch. Die Kleinstädte bekämen zum ersten Mal ihre eigene Plattform, um sichtbarer zu werden. Bis dahin aber ist der Weg noch weit. Erst in zwei Jahren sollen die ersten Modellprojekte starten. In der Aufbauphase wird der Stadt das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung fachlich und organisatorisch zur Seite stehen. Auch der Städte- und Gemeindebund will den Prozess weiter eng begleiten. Schließlich hat die 17.000-Einwohner-Stadt bis 2027 mit der Vorbereitung der Landesgartenschau genug zu tun. Doch die Richtung ist klar: Gerade strukturschwache Regionen sollen gestärkt und den spezifischen Wünschen von Kleinstädten mehr Gehör verschafft werden. Denn gerade für die weniger verwaltungsstarken Kleinen auf dem Land sind die Herausforderungen oft nicht allein zu stemmen. Klimaschutz, demografischer Wandel, Fachkräftemangel, Innenstadtentwicklung oder Digitalisierung: Hier will die Kleinstadt-Akademie mit „Hilfe zur Selbsthilfe“ und einer Stärkung der eigenen Kräfte anfangen. Die Kleinstadt-Akademie sei „keine Landlust im Behördenformat“ hat Geywitz bei der Vorstellung der „Vernetzungs- und Wissensplattform“ gesagt. Mal sehen, was daraus wird. Immerhin: Der erste Schritt ist getan, nicht zuletzt als ein überfälliges Zeichen der Wertschätzung.

  • Landwirte bleiben weiterhin auf den Diesel angewiesen

    Biologische Kraftstoffe könnten eine Alternative sein Der Elektroantrieb wird in der Landwirtschaft im nächsten Jahrzehnt keine große Rolle spielen. Es gibt derzeit kaum Perspektiven für den Einsatz nicht-fossiler Kraftstoffe bei der bäuerlichen Feldarbeit. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Fachbereiches Agrarwirtschaft der Fachhochschule Kiel. Landmaschinen, die auf dem Feld arbeiten, benötigen viel mehr Energie als ein Fahrzeug im herkömmlichen Pkw-Verkehr. So müssen Traktoren in der Regel schwere Geräte ziehen und diese antreiben. Und sie müssen über lange Zeiträume laufen, ob bei der Bestellung von Feldern, bei der Ernte oder bei der Nährstoffausbringung.  Dies ist derzeit fast nur mit fossilen oder biologischen Brennstoffen möglich. Beispiel: Ein Mähdrescher hat zwischen 600 und 700 PS. Schon ein Traktor mit 200 bis 250 PS würde bis zu sieben Stunden benötigen, um ausreichend Strom zu laden. Dazu kommt der Weg vom Acker zur Ladestation auf dem Hof, was wertvolle Feldarbeitszeit kostet. Insofern ist ein wirtschaftlicher Betrieb nicht gegeben. Möglich ist, so haben langjährige Untersuchungen ergeben, ein Betrieb mit biologischen Kraftstoffen. Wie Prof. Yves Reckleben von der Fachhochschule Kiel erläutert, bestätigen dies langjährige Untersuchungen mit dem Betrieb von 100 Traktoren, die mit Biodiesel oder Pflanzenöl angetrieben worden seien. Und doch hat sich der Einsatz dieser Kraftstoffe bislang nicht durchgesetzt. Was daran liegt, dass die Herstellung von Biodiesel aufwändiger und somit teurer ist als die Produktion von Diesel aus Mineralöl. Raps muss geerntet und gepresst werden, Methanol muss beigemischt werden. Weil auch auf diese biologischen Kraftstoffe Mineralölsteuer anfällt, wird Biodiesel dermaßen teuer, dass er für die Landwirtschaft nicht interessant ist. Der Preis eines Liters Biodiesel entspricht dem Diesel-Tankstellenpreis – allerdings kommen noch die Mineralölsteuer und die CO₂-Bepreisung hinzu. Und dann lohnt sich der Einsatz in der Landwirtschaft nicht mehr. Keine Mineralölsteuer mehr auf Biodiesel? Abhilfe könnte die Politik schaffen. Der Biodiesel müsste von der Mineralölsteuer befreit werden, wie es die Bauern immer wieder fordern. Sie argumentieren auch mit dem Klimaschutz, scheitern aber stets an der grünen Philosophie. Dabei entsteht beim Einsatz biologischer Kraftstoffe deutlich weniger CO₂. Die Produktivität beim Einsatz von Raps ist hoch. Im Bundesdurchschnitt liegt der Ertrag bei 3,5 Tonnen pro Hektar. Damit ließen sich 1600 Liter Diesel pro Hektar produzieren. In Deutschland könnte damit ein Großteil des Kraftstoffbedarfs für die  Landwirtschaft gedeckt werden. Biodiesel könnte ausreichend regional produziert werden, gibt es doch genügend Pflanzenölwerke zwischen Flensburg im Norden und Garmisch im Süden, zwischen Magdeburg im Osten und Mönchengladbach im Westen. Nach der Kieler Studie werden noch Jahrzehnte vergehen, bis auf Dieselkraftstoff in der Landwirtschaft verzichtet werden kann. Auch Wasserstoff wird nach den neuesten Erkenntnissen in naher Zukunft auf den Höfen keine Rolle spielen. Wohl erst dann, wenn auf deutschen Feldern keine Trecker mehr fahren, wie von Teilen der bäuerlichen Gesellschaft befürchtet wird.

  • Scheingefechte um Wölfin Gloria

    Der Raubtier-Bestand ist auf Rekord-Niveau und EU-Vorschläge lassen viele deutsche Gerichte unbeeindruckt – noch Verwaltungsrichter in Münster haben die bundesweit bekannte Problemwölfin „Gloria“ vor dem vom Kreis Wesel amtlich angeordneten Abschuss bewahrt. Angeblich wäre der Bestand in Nordrhein-Westfalen sonst gefährdet. Zugleich addieren sich die offiziellen Wolfszahlen aus den Bundesländern auf den Rekord-Höchststand von über 1300 Tieren. So gut wie sicher ist jedoch, dass die Tage des allerstrengsten Artenschutzes für Wölfe in der Europäischen Union gezählt sind. Die Kommission wartet zwar immer noch auf endgültige Zahlen aus Deutschland, machte jedoch schon im Herbst des vergangenen Jahres klar, dass einer Lockerung in der FFH-Richtlinie nichts im Wege stehe. Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber kommentierte: „Das ist eine frohe Weihnachtsbotschaft aus Brüssel an unsere Weidetierhalter, die seit langem durch immer mehr Wölfe unter Druck kommen. Endlich bestätigt die EU-Kommission, dass der Wolf nicht mehr gefährdet ist.“ Dass die Uhren nicht nur in Düsseldorf und Münster, sondern mitunter sogar vor bayerischen Gerichten (noch) anders gehen, ist bekannt. Solange sich klagende Tierrechtler auf gültiges EU-Recht berufen, bleiben Landesregierungen und Regional-Behörden weitgehend machtlos. CSU-Frau Kaniber: „Damit künftig auch noch unsere Tiere auf unseren Weiden stehen, müssen die Mitgliedsstaaten jetzt schnell handeln. Sie müssen die Berner Konvention und die FFH-Richtlinie ändern und dann nationales Recht anpassen. Dazu fordere ich Bundesumweltministerin Steffi Lemke auf: Keine Tricks, keine Verzögerung.“ Wölfin Gloria wird trotz derartigem Stimmungswandel wohl einen weiteren Sommer überleben: In der Hauptsache ist über die Abschussverfügung zwar noch nicht entschieden. Aber die klagenden Vereine erreichten einen Aufschub bis zum generellen Abschussverbot, das am 15. Februar beginnt und Wölfe während der Aufzucht ihrer Welpen schützt. Die Frage, ob „Gloria“ besonders verhaltensauffällig ist, spielt bisher eine eher untergeordnete Rolle. Wichtiger ist erst einmal der mögliche „artenschutzrechtliche Schaden“ für den Fall, dass nach „Glorias“ Abschuss kein anderes Wolfsweibchen ins Münsterland zuwandert. Juristisch bleibt Artenschutz für Wölfe wichtiger als Erhalt der Deichschäferei Der auf der anderen Seite „zu berücksichtigende landwirtschaftliche Schaden in Gestalt gerissener Weidetiere würde dagegen aufgrund bestehender Entschädigungsregelungen für Nutztierhalter kompensiert“, heißt es in der Urteilsbegründung: „Die damit einhergehende Belastung der Steuern zahlenden Allgemeinheit erscheint vergleichsweise marginal.“ Woran sich selbst durch die Hochwasser-Ereignisse des laufenden Winters nichts änderte: Dass die Schafweide wichtig fürs Instandhalten der Deiche ist, ist zwar bekannt. Juristisch bleibt der Artenschutz für Wölfe wichtiger als der Erhalt der Deichschäferei. Spannend am Rande: Auch in Nordrhein-Westfalen hat der Landesjagdverband seinen Mitgliedern dringend davon abgeraten, an einer möglicherweise bevorstehenden Wolfsentnahme teilzunehmen. Nicht nur wegen der Risiken, vor Gericht zu landen. Sondern auch wegen der Gewaltbereitschaft mancher Wolfs-Paten.

  • Bei der Bezahlkarte preschen Thüringer Landräte vor

    Die Bezahlkarte für Asylbewerber haben zwei Kreise bereits testweise mit positiven Ergebnissen eingeführt. Mit diesem Pragmatismus graben sie der AfD das Wasser ab Weniger Verwaltungsaufwand, keine Warteschlangen mehr, zufriedene Einzelhändler – und eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung: Die Bezahlkarte für Asylbewerber bringt mehrere Vorteile, ohne für die Geflüchteten stigmatisierend zu wirken, denn diese Karte sieht aus wie eine normale Geldkarte. Mit dieser Technik wird verhindert, dass Gelder in die Heimatländer überwiesen werden oder Kredite an Schlepper zurückgezahlt werden. Daher ist es gut, dass die Länder sich darauf verständig haben, die Bezahlkarte einzuführen. Nur Bayern und Mecklenburg-Vorpommern sind nicht dabei; doch sie befürworten die Karte ebenfalls, möchten aber unter Umständen andere Anbieter damit beauftragen. Im Sommer oder spätestens im Herbst soll sie kommen. Testweise in Eigenregie eingeführt haben die Bezahlkarte aber schon längst die Thüringer Landkreise Greiz und Eichsfeld, andere wollen nachziehen. Dieser Pragmatismus im ländlichen Raum ist bemerkenswert. Daher lohnt es sich, die beiden Protagonisten näher anzuschauen. Landrätin Martina Schweinsburg aus Greiz und ihr Eichsfelder Amtskollege Werner Henning haben einiges gemeinsam: Beide haben sie reichlich Erfahrung als Kommunalpolitiker gesammelt und gehören deutschlandweit zu den dienstältesten Landräten. Beide stehen bereits seit der Wende an der Spitze eines Landkreises, sind CDU-Mitglieder und im Alter von Mitte 60. Henning ist Vorsitzender des Finanzausschusses beim Deutschen Landkreistag, Schweinsburg Präsidentin des Thüringischen Landkreistages. „Entweder ich mache es alleine oder es wird wieder mal dauern“, wird die Landrätin in einem Beitrag des Portals kommunal.de zitiert. Recht hat sie. Und Henning sagt in einem Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Wenn ich manchmal die Diskussionen in Berlin verfolge, habe ich den Eindruck, da sind sehr viele sehr Ideal-getrieben und mit großen Visionen unterwegs. Vielleicht übersteigt das ja meinen Horizont als kleiner Landrat.“ Aber erst einmal stellt er fest, dass das Modell läuft. Henning will damit zugleich die Eigeninitiative der Asylbewerber stärken. Hauptproblem im ländlichen Raum ist die menschenwürdige Unterbringung von Asylbewerbern „Es ist nicht unsere Aufgabe, die Finanzierung von Familien in Afghanistan oder andernorts zu sichern“, erklärt der CDU-Politiker. Aber dem gläubigen Katholiken Henning ist durchaus daran gelegen, dass die Flüchtlinge vor Ort menschenwürdig versorgt werden. Als größtes Problem im ländlichen Raum nennt er die Frage, wie die Asylbewerber menschenwürdig untergebracht werden. Große Containersiedlungen am Dorfrand sieht er nicht als geeignete Lösung an. Die beiden Kommunalpolitiker stehen beispielhaft dafür, dass kleinere Einheiten oft schneller handlungsfähig sind als größere wie die Länder oder der Bund. Zugleich bejammern sie nicht eine Überlastung, sondern handeln und nehmen die Sorgen der Bevölkerung ernst. So entziehen sie zugleich der AfD gerade in der Migrationspolitik die Argumente. Vom ersten AfD-Landrat, Robert Sesselmann im thüringischen Sonneberg, sind übrigens bisher keine konkreten Schritte bekannt.

  • Verwurzelt im ländlichen Raum

    Sehr viele junge Menschen zeigen in Ehrenämtern großes Engagement – und würden gern bleiben, wenn es vor Ort bessere Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten gäbe So ist er, der ländliche Raum: Er lebt von seiner aktiven Mitmachgesellschaft, vom Anpacken und Mitgestalten. Das macht ihn so unverwechselbar und lebenswert. Und zu einem demokratischen Bollwerk, anders als es hier und da manche alarmierenden AfD-Ergebnisse vorgaukeln. Eine Studie der Jugendstiftung Baden-Württemberg hat es wieder einmal wissenschaftlich untermauert: Insbesondere ehrenamtlich engagierte junge Menschen im ländlichen Raum (in Baden-Württemberg sind das gut 3,8 Millionen Menschen – gut ein Drittel der Gesamtbevölkerung – auf 70 Prozent der Fläche) spielen dabei eine entscheidende Rolle. Sie haben nicht nur eine ganz besondere Perspektive auf ihre Region. Sie sind auch überdurchschnittlich hoch engagiert, ob in Sportvereinen, Narrenzünften, Blaulichtorganisationen, Sozialinitiativen oder Musikvereinen. Dass der Spaß am Ehrenamt einer der Hauptgründe für das Engagement ist, schmälert die Anerkennung dafür keinesfalls. Und ja, es gibt auch andere Umfragen. Zwar ist das Vertrauen in die Demokratie unter jungen Deutschen im europäischen Vergleich ausgeprägt, aber es misstrauen viele dennoch Regierung und Parlament. Das zeigt eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung. 59 Prozent der befragten 18- bis 30-Jährigen sagen, sie vertrauten der Demokratie, wenn auch mit Zukunftssorgen. Und so misstraut jeder zweite junge Erwachsene (52 Prozent) der Regierung, 45 Prozent misstrauen dem Parlament. Auch wenn der Rat der Stiftungsexperten nicht originell ist: Es braucht schnell gezielte Maßnahmen, um den Glauben an die Problemlösungsfähigkeit von Politik wieder zu stärken. Große Mehrheit würde gerne bleiben Die baden-württembergische Studie macht da Mut. Sie zeigt, wie groß die Verbundenheit junger Menschen mit ihrer Heimat ist. Fast zwei Drittel der Befragten würden an ihrem derzeitigen Wohnort bleiben, wenn dies für die geplante Ausbildung oder das Studium möglich wäre. Welch große Chance für den ländlichen Raum! Junge Menschen haben hier mit 45 Prozent zudem eine sehr hohe Engagementquote – in Sport, gefolgt von Kirche und Religion sowie Musik. Ihr Engagement ist oft nachhaltig. Junge Menschen am Übergang zum Erwachsenenalter sind häufig schon über viele Jahre ehrenamtlich aktiv und bereit, viel Zeit dafür aufzubringen. Fast die Hälfte der ehrenamtlich Engagierten übt bereits seit vier und mehr Jahren ein Ehrenamt aus. Jeder fünfte Engagierte investiert acht bis zwölf Stunden im Monat, weitere 28 Prozent sogar zwölf und mehr Stunden. Nicht nur am Rande interessant: Junge Frauen stehen einem Ortswechsel deutlich offener gegenüber als männliche Jugendliche. Der ländliche Raum darf sich indes nicht auf der Heimatliebe ausruhen. Denn die Studie zeigt auch, dass 72 Prozent der Männer, aber nur 57 Prozent der Frauen vor Ort bleiben würden, wenn sie am Heimatort das gewünschte Studium oder die angestrebte Ausbildung absolvieren könnten. Es lohnt sich also, vor allem bei der Bildung und Ausbildung im ländlichen Raum aufzurüsten. Weil die jungen Menschen hier tiefer verwurzelt sind als gemeinhin behauptet wird.

  • Helfen oder wegbleiben

    Bei der jüngsten Flutkatastrophe im Norden haben Sensationslustige Unheil angerichtet – nicht zuletzt auch beim Wild Für die betroffenen Einwohner in den norddeutschen Flutgebieten war das Hochwasser ein Drama. Große Gebiete verwandeln sich plötzlich in Seenlandschaften, in denen dann auch zahlreiche Wildtiere umkamen. So verlautete es jüngst aus der Jägerschaft Soltau, dass in den überschwemmten Revieren – etwa rund um die Flüsse Aller und Leine – vermehrt totes Wild gefunden worden sei. In vielen Fällen handelt es sich dabei um Rehe oder Feldhasen. Die gestiegene Zahl an verluderndem Wild müsse mit Jagdhunden aufgespürt werden. Doch vielerorts können die Jäger noch nicht überall in die überfluteten Gebiete hinein, sodass sich das ganze Ausmaß der Schäden wohl erst im Frühjahr erkennen lässt. Am meisten ist das Niederwild betroffen, das den Wassermassen nur schwer ausweichen konnte. Größeres Wild hat es naturgemäß leichter, vor den Fluten flüchten, aber die beschädigten Saaten und das deswegen eingeschränkte Nahrungsangebot können eine baldige Rückkehr behindern. All dies ist gewiss schlimm, aber angesichts einer solchen Flutkatastrophe kaum zu vermeiden. Nicht zwangsläufig und damit stark kritikwürdig ist dagegen, dass sich viele Schaulustige gegenüber den bedrängten Tieren rücksichtslos verhalten haben. So gibt es Berichte, dass Spaziergänger und nicht angeleinte Hunde Wild an Deichen und Feldern unnötig aufgeschreckt haben. Da es ein Rückzugsorten fehlte, seien etwa hilflose Rehe ins Wasser getrieben worden. Viele egoistische oder unbedarfte Bürger hätten zudem trocken gebliebene Waldstücke aufgesucht, in die sich Wild vor den Fluten geflüchtet hatten. Aufgeschreckte Rehe von Strömung mitgerissen Im Heidekreis berichtete die örtliche Presse von einem tragischen Fall, bei dem vier Rehe auf einer Straße Zuflucht gesucht hatten. Es bildete sich Publikum, die Tiere wurden verschreckt und dadurch zurück ins Wasser getrieben. Die intensive Strömung habe die chancenlosen Tiere sofort mitgerissen. Ein Kreisjägermeister aus der Lüneburger Heide beklagte, dass durch die starke Flut viel Wild in Richtung Nordsee mitgenommen worden sei. Künftig habe die Sperrung trockener Standorte Priorität. Zentrale Aufgabe sei, Störung in entsprechend stressbehaftete Umständen zu unterbinden. „Ganz einfach mal wegbleiben“, laute die Devise, so der Kreisjägermeister im von den Fluten stark betroffenen Heidekreis. Diesem Appell kann man nur zustimmen. Im Straßenverkehr gibt es mittlerweile harte Sanktionen gegen Schaulustige, wie etwa bei Unfällen oder in Situationen, in denen andere Menschen in Not sind. Solche Gaffer können mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldbuße bestraft werden. Auch wenn Hilfeleistende oder Rettungskräfte behindert werden, drohen derartige Strafen. Und wer verunglückte Fahrzeuge und Verletzte fotografiert oder filmt, muss mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren rechnen. Gewiss sind diese Regelungen nicht ohne weiteres auf Fälle wie jüngst auf die Fläche der Hochwassergebiete zu übertragen. Es stellt sich aber auch hier die Frage, ob der Staat nicht härter durchgreifen sollte, um Menschen und Tiere besser zu schützen. Sensationslustige und rücksichtslose Menschen gilt es, in ihre Schranken zu weisen. Bei einigen mag es nur Unkenntnis über mögliche Folgen etwa für Wildtiere sein, die sie zu derartigem Verhalten veranlasst. Da könnten bereits Hinweise und Ermahnungen reichen. Damit kann nicht früh genug begonnen werden: Je mehr Bürger ein besseres Verständnis für die Natur und die Besonderheiten des ländlichen Raums gewinnen, desto eher dürften sie sich auch in Notsituationen wie der jüngsten Hochwasserkatastrophe angemessen verhalten.

  • Sitzungspause in Berlin und Aktivismus in Brüssel – Wie der ländliche Raum zu beschreiben ist

    Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit subjektivem Blick auf diese Woche Liebe Leserinnen und Leser, nach all den Aufregungen um den laufenden und auch schon den nächsten Haushalt atmet Berlin erst einmal durch. Im Westen und Südwesten ist in diesen Tagen Karneval. Das bindet den einen oder anderen Abgeordneten in seiner Heimat. Der Bundesgesundheitsminister, der in der närrischen Hauptstadt am Rhein seinen Wahlkreis zu pflegen hat, begründet so seine ressortfremde Anwesenheit bei der Eröffnung des neu gebauten ersten Teils der Autobahnbrücke zwischen Leverkusen und Köln. Politische Hauptfigur war dort Ministerpräsident Hendrik Wüst, der das zu Straßenfreigaben gehörende Band zerschneidet – eine Lieblingsbeschäftigung von Regierenden. Seit zwölf Jahren hat diese Brücke verkehrspolitisch für Verdruss gesorgt. Nicht nur bei denen, die seitdem mit ihrem Lkw im Stau standen oder Umleitungen zu fahren hatten. Sondern auch unter den Verkehrspolitikern, zu denen Wüst gehörte, als er zuständiger Landesminister war. Diese Brücke gilt als Symbol für das, was an Reparaturen und Ersatzbauten in den Verkehrssystemen Brücken, Schienen und Straßen noch vor uns liegt. Dabei geht neben dem Ballungsverkehr insbesondere auch um die Anbindung und die Versorgung der Kreise, Städte und Gemeinden im ländlichen Raum. Wir werden weiter daran arbeiten, dass das nicht in Vergessenheit gerät. Im Übrigen erinnert mich das an unser Anliegen, regelmäßig Zusammenhänge und Entwicklungsnotwendigkeiten für die Regionen zu thematisieren, in denen auch die Nutzung natürlicher Lebensgrundlagen Ausgangspunkt für Leben und Arbeiten der Menschen ist. Nach Beschreibung des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Forsten lebt über die Hälfte der bundesdeutschen Bevölkerung in ländlichen Regionen (57 Prozent). „Auch ist hier der überwiegende Anteil unserer mittelständischen Wirtschaft mit Handwerk, Industrie und Dienstleistungen angesiedelt. Fast die Hälfte des deutschen Bruttosozialprodukts (46 Prozent) wird auf dem Land erwirtschaftet. Auch die regionale Vielfalt unserer Lebensmittel wird in den ländlichen Räumen erzeugt. Die dezentrale Struktur ist eine besondere Stärke Deutschlands.“ So heißt es dort weiter. In der Tagespolitik scheint dieses Gewicht manchmal in Vergessenheit zu geraten. Ein vergleichbarer thematischer Blick nach Großbritannien Diese Feststellung scheint nicht nur für unser Land zu gelten, wie die Bauernproteste nicht nur bei uns, sondern auch in verschiedenen Nachbarländern zeigen. Das gilt mit Blick auf Großbritannien (jetzt) auch außerhalb der EU und dennoch in Europa. Dort meldet sich regelmäßig die Organisation „Countryside Alliance“ ähnlich wie wir in Veröffentlichungen und Newslettern zu Wort. Und sie wirbt wie wir um weitere Unterstützer wie eine Bürgerinitiative mit diesem Anliegen: Einsatz für ländliche Gemeinden, die Landwirtschaft, nachhaltige Lebensmittelproduktion, Unterstützung ländlicher Unternehmen und lokaler Wirtschaft und Schutz von Lebensräumen der Wildtiere. Tim Bonner, der Verantwortliche der Alliance, schreibt zu den Zielsetzungen: „Stimme des ländlichen Raums zu sein und Kampagnen zu verstärken.“ Wie schon bemerkt, hat der Bundestag Sitzungs- und vielleicht auch Atempause. Die Regierungsflieger sind allenfalls in außenpolitischen Missionen unterwegs. Sie sind aktuell vom Bundespräsidenten (Mongolei), Bundeskanzler (USA) oder Robert Habeck (Algerien) gebucht. Öko-Umbau und „Kraftwerksstrategie“: Geld spielt keine Rolle Eine wirtschafts- und energiepolitische Ausnahme machte der Wirtschafts- und Energieminister mit der Vorstellung einer neuen „Kraftwerksstrategie“ der Bundesregierung, die offensichtlich nicht alle überzeugt, die von Energiepolitik etwas verstehen. Um nach Abschaltung der Kernkraft die verbliebenen Kohlekraftwerke auch vom Netz zunehmen, soll der Bau von später wasserstofffähigen Gaskraftwerken gefördert werden. In der Neuen Zürcher Zeitung bezeichnete der Energieökonom Manuel Frondel das als „teure Symbolpolitik“. Michael Lehner, der sich in unserem Blog regelmäßig auch mit der Politik des Wirtschafts- und Energieministers befasst, bemerkt dazu: Die eben vorgestellte „Kraftwerksstrategie‟ des Bundeswirtschaftsministeriums bleibt dem fatalen Grundsatz treu, dass Geld kaum eine Rolle spielt beim Öko-Umbau der deutschen Energieversorgung. Nun soll es der „Grüne Wasserstoff‟ richten, der in Klimawende-Kreisen vor Jahresfrist noch als Teufelszeug gegolten hat. Auch wegen der unerwünschten Optionen, damit Verbrenner-Autos und herkömmliche Gasheizungen klimaneutral zu betreiben. Helfen soll dieser teure Brennstoff gegen die „Dunkelflaute‟, die dem Stromnetz droht, wenn Windstille und Finsternis zugleich dafür sorgen, dass die Produktion erneuerbarer Energien mal nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken. Aber statt Wasserstoff einfach ins bestehende (und bezahlte) Gasnetz einzuspeisen, sollen (mindestens) zehn Reserve-Gaskraftwerke gebaut werden, für die der Steuerzahler geschätzt zehn Milliarden Euro Subventionen locker machen müsste. Was wohl noch nicht die ganze Wahrheit sein dürfte, wenn den privaten Betreibern auch der Strom vergütet wird, den sie gar nicht produzieren, weil Windkraft und Photovoltaik zunehmend den gesamten Bedarf decken. Speziell im deutschen Norden verschärft sich so die groteske Situation, dass überschüssige Windenergie mangels leistungsfähiger Stromleitungen in den Süden nach Dänemark verschenkt werden muss und dort zu Wasserstoff verarbeitet wird, der dann zum Betrieb der Reservekraftwerke teuer zu bezahlen ist. EU-Kommission: Klimawandel bei den Themen des Green Deal Derweil war in Brüssel in dieser Woche Hochbetrieb. Dabei blicken die Europapolitiker bereits intensiv auf die Europawahl vom 6. bis 9. Juni. Ludwig Hintjens, der für uns regelmäßig Themen aus Brüssel und Straßburg liefert, berichtet in unserer wöchentlichen Redaktionskonferenz: Seit dem vergangenen Frühling ist ein Klimawandel bei den Themen des Green Deal in der EU-Kommission zu beobachten. Der Abgang von Vizepräsident Frans Timmermans vor der Sommerpause letzten Jahres war eine Zäsur für den Green Deal. Seitdem ist deutlich, dass jetzt die Kommission unter Führung von Ursula von der Leyen bei dem zentralen Projekt, dem Umbau der Volkswirtschaft nach den Kriterien von Klimaschutz und Nachhaltigkeit, bremst. Vor allem bei den Agrarthemen, bei denen es auch um den Artenschutz geht, werden Gesetzesvorschläge entschärft, zurückgezogen oder auf die nächste Wahlperiode verschoben. So wurde die SUR-Verordnung, die eine Halbierung des Pestizideinsatzes bis 2030 vorsah, gerade offiziell von der Kommission beerdigt. Sie ließ durchblicken, dass der Vorschlag aus ihrer Sicht Mängel hatte. Die angekündigte Tierschutzreform und den Vorschlag für ein nachhaltiges Lebensmittelsystem legte sie erst gar nicht vor. Die Chemikalienverordnung REACH wurde ebenfalls von der Tagesordnung genommen. Das angekündigte Bodenschutzgesetz wurde weitgehend entschärft. Auch beim EU-Klimaziel für 2040, das eine Reduzierung des CO₂-Ausstoßes um 90 Prozent gegenüber 1990 vorsieht, spart die Kommission die Landwirtschaft aus, wenn es um die Konsequenzen geht. Und noch ein Wort zu den Demonstrationen Dann sind da noch die laufenden Proteste in der begründeten Sorge um unsere Demokratie in Freiheit. Der CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann schrieb Donnerstag dieser Woche in einem Mitgliederbrief: „Die aktuellen Demonstrationen richten sich gegen Rechtsextremismus, nicht gegen rechts.“ Das ist wohl so zu verstehen, nicht alles in einen Topf zu werfen – vor allem auch nicht Wähler und das, was Offizielle der AfD von sich geben. In der WAZ hat sich der Vize-Chefredakteur Alexander Marinos eine herausgegriffen, die im Bundestag das unsägliche Zitat gesetzt hat: „Diese Regierung hasst Deutschland.“ Marinos hat sich in seinem Kommentar die Klartext-Frage erlaubt, ob „die Dame noch alle Tassen im Schrank“ habe. Das lassen wir dann mal für dieses Wochenende so stehen. Und so ein Satz könnte auch im Karneval fallen – vielleicht etwa in der Kölner Stunksitzung. Wo es passt, wünsche ich für dieses Wochenende „Alaaf“ oder „Helau“ zusammen mit denen, die vor Kamelle und Konfetti flüchten, etwas weniger Regen fürs Freizeitvergnügen. Ihr Jost Springensguth Redaktionsleitung / Koordination

  • Die Scheuklappen der Gentechnik-Gegner

    Die EU will neue genomische Techniken (NGT) zulassen. Warum die Lobbyisten der Biobranche einen Fehler machen, wenn sie NGT mit klassischer Gentechnik gleichsetzen In Europa sind es nicht nur die Biobauern, die nichts von Gentechnik halten. Auch viele Molkereien werben damit, dass ihre Milchprodukte und der Käse das Etikett „gentechnikfrei“ oder „ohne Gentechnik“ tragen. Wirtschaftlich spielen in Deutschland und Europa Produkte, die mit der klassischen Gentechnik hergestellt wurden, auch kaum eine Rolle. Der Verbraucher kauft sie nicht. Nun deuten sich auf EU-Ebene Lockerungen in der Gesetzgebung für Pflanzen an, die mit sogenannten neuen genomischen Techniken (NGT) hergestellt wurden. Die Bioanbauverbände, konventionelle Hersteller, die mit „gentechnikfrei“ werben, lehnen diese Änderungen massiv ab. Auch die meisten Abgeordneten der Grünen und Sozialdemokraten im Europaparlament haben dies kürzlich getan, als in Straßburg der Gesetzgebungsvorschlag der Kommission für eine Liberalisierung der Techniken abgestimmt wurde. Die Gegner machen einen Fehler. Sie setzen die neuen genomischen Techniken mit der klassischen Gentechnik gleich. Das ist falsch. Sie machen es sich damit zu einfach. Längst gibt es Fachleute, Hochschullehrer etwa, die erklärte Anhänger der Biolandwirtschaft sind und dennoch für die Zulassung der neuen genomischen Techniken werben. Ihnen werden aber mit großer Rigorosität im eigenen Lager mundtot gemacht. Darum geht es in der Sache: Es soll jetzt Lockerungen geben für Pflanzen, die zwar gentechnisch verändert sind, deren Erbgut aber genauso im Laufe von herkömmlichen Züchtungen oder der Evolution hätten entstehen können. Der Pflanze wird also nicht ein Gen eines anderen Organismus eingesetzt. Der Eingriff ins Genom findet vielmehr etwa über die Genschere (CRISPR/CAS) statt. Der Unterschied ist gravierend. Und dennoch polarisieren die neuen genomischen Züchtungstechniken die Debatte. Geschützte Wahlfreiheit des Verbrauchers Das Europaparlament hat seine Position für die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten jetzt festgelegt. Die Kennzeichnung von Pflanzen, die mit den neuen Züchtungstechniken hergestellt wurden, soll verpflichtend werden. Patente auf Pflanzen sollen in der EU verboten bleiben. Und: Es soll Vorsichtsmaßnahmen geben, damit sich die NGT-Pflanzen nicht auf Anbauflächen des Ökolandbaus ausdehnen. Die Bio- und „Gentechnikfrei“-Branche soll also weiterhin dazu in der Lage sein, mit ihrem Alleinstellungsmerkmal zu werben. Die Wahlfreiheit des Verbrauchers wird geschützt. Flankierende Maßnahmen sind geplant, vergleichbar den Abstandsregeln zwischen konventionell bewirtschafteten Feldern und Bioäckern, um die Abdrift von Pestiziden und Herbiziden zu unterbinden. Zudem sind Rückstandkontrollen und Grenzwerte denkbar, um zu dokumentieren, dass das Produkt weiterhin „gentechnikfrei“ ist. Die Liberalisierung der Züchtungstechniken ist im Interesse der Landwirte und der Lebensmittelsicherheit. Es werden Pflanzen auf den EU-Markt kommen, die resistenter gegen Dürre, erhöhten Schädlingsbefall bei Wetterextremen und andere Folgen des Klimawandels sind. Wenn die neuen Züchtungstechniken zugelassen werden, bedeutet dies auch mehr Chancengleichheit für die Landwirte in der EU. Ihre Mitbewerber etwa aus Südamerika und den USA nutzen die Möglichkeiten der neuen Technologien bereits seit Jahren. Bis sie mit ihren Konkurrenten auf dem Weltmarkt zumindest in diesem Punkt gleichziehen können, wird es dauern. Auf der Seite der Mitgliedstaaten hakt es noch. Es ist eher unwahrscheinlich, dass es noch vor der Europawahl eine politische Einigung zwischen Parlament und Rat gibt. Damit dürfte die Liberalisierung frühestens 2025 in Kraft treten. Besser spät als nie.

  • Steuermodell für mehr Tierwohl oder noch ein Bürokratiemonster?

    Özdemir will ein Finanzierungsmodell auf den Weg bringen: Steuereinnahmen über Ladenkassen Jetzt geht es doch ganz schnell. Die Borchert-Kommission hat nach ihren ersten Erfahrungen mit der Exekutive im Hause Özdemir und der Ampel ihre Arbeit eingestellt. In der damals neuen Bundesregierung nach der Zeit von Merkel und Klöckner war keine Bereitschaft mehr erkennbar, die von den Fachleuten um den ehemaligen Landwirtschaftsminister geschätzten jährlich drei bis fünf Milliarden zum Umbau der Tierhaltung zu finanzieren. Dazu kam der neue Finanzminister mit seinem Nein. Zwischenzeitlich sah es in den letzten Monaten so aus, dass die Mastbetriebe notwendige Millionen-Investitionen selbst stemmen müssen, wenn sie durch entsprechende Um- oder Neubauten der Ställe ihre Existenz langfristig erhalten wollen. Das ist in vielen Einzelfällen oft auch eine Frage der Zukunft folgender Generationen im landwirtschaftlichen Familienunternehmen. Der zuständige Landwirtschaftsminister Cem Özdemir steht jetzt und nicht zuletzt durch die massiven Bauernproteste unter Druck, sondern auch weil gleichzeitig eine veränderte öffentliche Stimmung im Ernährungsverhalten der Bevölkerung wahrnehmbar ist. Wenn es denn bei allen grundsätzlichen Bedenken gegen Fleischkonsum politischer Wille ist, denjenigen, die bei ihrer Gewohnheit bleiben wollen, wenigstens Produkte aus artgerechter Tierhaltung auf den Tisch zu bringen, muss das eben etwas teurer bezahlt werden. Alternativen in der Finanzierung sind das Investitionsanteile aus dem Staatshaushalt oder direkt vom Verbraucher über die Ladenkasse. In diesen Tagen wurde bekannt, dass den Ampel-Fraktionen aus dem Haus Özdemir ein Finanzierungsmodell zu einer „Tierwohlabgabe“ zugestellt wurde, dass die „Bild“-Zeitung gleich als „Fleisch-Steuer“ bezeichnete. Der Branchendienst „Table-Agrifood“ hat bereits das Konzept und meldet, dass die Eckpunkte im Auftrag der Regierungsfraktionen ausgearbeitet wurden und irgendwie der Kaffeesteuer ähnelt. Mal sehen, was draus wird. Stolpersteine beim Finanzminister und in Brüssel Konkret ist das eine neue Verbrauchssteuer auf „Fleisch, Fleischerzeugnisse und genießbare Schlachtnebenerzeugnisse“. Damit fällt nichts durch den Fleischwolf, auch die letzte Currywurst im Imbiss um die Ecke nicht. Die Finanzierung über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer wäre sicher einfacher. Auch Kaffee-, Sekt- oder Tabaksteuer werden mit eigenem bürokratischem Aufwand erhoben. Nun eine weitere Verbrauchssteuer als Zusatzbeschäftigung für die Finanzbehörden? Die Ministerialen wissen: das muss EU-kompatibel gestaltet werden. Darauf hat die Borchert-Kommission bereits geachtet. Und sie hat dazu festgestellt: „Laut Machbarkeitsstudie sind sowohl eine Umsatzsteuerreform wie auch die Einführung einer Tierwohlabgabe in Form einer Verbrauchssteuer genauso wie eine Finanzierung aus dem Bundeshaushalt rechtssicher und praktikabel gestaltbar, wobei allerdings die Umsatzsteuerreform einen wesentlich geringeren administrativen Aufwand als die Verbrauchssteuer auslöst.“ Özdemir scheint den bürokratischeren Weg zu bevorzugen. Und dann ist da noch die Zuständigkeit des Finanzministers, der von höheren Steuern und Abgaben nichts hält und sich in den Weg stellen kann. Jedenfalls gilt Lindners Credo im Grundsatz: keine Steuererhöhung unter seiner Ressortverantwortung. Die Fraktionen wollen die Verbände einbeziehen und anhören. Gerade wurde bekannt, dass die Fleischproduktion im letzten Jahr deutlich gesunken ist. Während das Statistische Bundesamt meldet, dass beim Geflügel die Produktionsmenge leicht erhöht wurde, beim Rind annähernd gleich bleibt, sank die Vermarktung von Schweinefleisch mit 6,8 Prozent spürbar. Insgesamt verläuft der Fleischkonsum seit fünf Jahren kontinuierlich rückläufig. Das Thema Tierwohl ist bei allen Diskussionen über Verzicht nahezu in aller Munde. Wie sich das beim Blick zum weiteren Ernährungsverhalten der Deutschen passt, bleibt vielleicht auch ein Rätsel. Denn nahezu zeitgleich meldete der Fruchthandelsverband, dass der Verbrauch von Obst und Gemüse bei uns zurückgehe. Der Pro-Kopf-Konsum liegt hierzulande unter dem EU-Durchschnitt und den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation. Der Grund sollen die deutlich steigenden Preise für das sein, was aus den Feldern, Gärten und Gewächshäusern auf den Tisch kommt. Andere sagen, Lebensmittel seien in Deutschland billig. Verstehe das, wer will!

  • Mehr Klarheit für Verbraucher und Tierhalter

    Während das staatliche Tierhaltungslabel erst ab August 2025 verpflichtend wird, erweitert die Initiative Tierwohl schon ab Sommer die Kennzeichnung um die Stufe „Bio“ Wer im Bundesgesetzblatt das „Gesetz zur Kennzeichnung von Lebensmitteln mit der Haltungsform der Tiere, von denen die Lebensmittel gewonnen wurden“ mit allen Anhängen und Fundstellenverzeichnissen studiert, hat viel zu tun. Das „Tierhaltungskennzeichnungsgesetz“, wie es kurz genannt werden darf, steckt voller Paragrafen, Regeln und Hinweisen. Die Umsetzung in die Praxis benötigt Zeit. Auch deshalb ist es wohl erst ab dem Sommer 2025 verpflichtend – und es soll dann zunächst für Schweinefleisch gelten. Dass man schneller sein kann, zeigt seit Jahren die 2015 von Landwirtschaft, Fleischwirtschaft, Lebensmittelhandel und Gastronomie ins Leben gerufene Initiative Tierwohl. Schon seit April 2019 gibt es in verschiedenen großen Handelsketten die freiwillige ITW-Kennzeichnung mit den vier Haltungsform-Stufen. Schon ab diesem Sommer wird das System fünfstufig und greift die bei der staatlichen Tierhaltungskennzeichnung geplante Einordnung auf. Ein guter Schritt, denn so können sich die Verbraucher bereits an die künftige Systematik gewöhnen und müssen sich ab August 2025 nicht mehr umstellen. Außerdem finden sie über die gesetzlichen Vorgaben hinaus die fünfstufige Kennzeichnung ab dann bei frischem Fleisch und verarbeiteten Produkten vom Schwein, Rind, Geflügel und Kaninchen, bei Milch und Milchprodukten. Das staatliche Label wird ab August 2025 auf Schweinefleisch zu finden sein. Die Angleichung erleichtert auch den Tierhaltern die Arbeit. Mit der Einführung der Stufe 5 verspricht Robert Römer, einer der Geschäftsführer der Initiative Tierwohl, mehr Transparenz. Bisher war Bio mit in der bereits grün markierten Stufe 4 „Premium“ eingeordnet. Diese Stufe wird aufgeteilt in „Auslauf/Weide“ und „Bio“. Wahrnehmung des Logos auf den Verpackungen Es ist davon auszugehen, dass die Verbraucher sich ab Sommer rasch umstellen werden. Erst kürzlich zeigte eine Umfrage des forsa-Instituts, dass das bunte Haltungsform-Logo der Initiative Tierwohl von 80 Prozent der Befragten bewusst auf Verpackungen wahrgenommen wird. Es sei damit heute schon bekannter als das EU-Bio-Siegel (68 Prozent), hieß es. Wie es kürzlich auf der Grünen Woche erläutert wurde, nehmen rund 12.000 Landwirte an der Initiative Tierwohl teil. Die Marktabdeckung bei Mastschweinen betrage inzwischen zwei Drittel. Und bei den Geflügelhaltern komme die Initiative auf rund 80 Prozent der in Deutschland gehaltenen Masthühner und Puten. Für große Aufmerksamkeit sorgte auf der Messe, dass McDonald’s Deutschland der ITW beigetreten ist. Im Laufe dieses Jahres soll nach Angaben des Gastroriesen zuerst Schweinefleisch auf 100 Prozent ITW-Ware umgestellt werden. Auch alle in Deutschland aufgezogenen Hühner sollen ebenfalls künftig unter ITW-Bedingungen gehalten werden. McDonald’s betreibt in Deutschland mit rund 65.000 Mitarbeitern rund 1400 Restaurants. „Die Teilnahme von McDonald’s Deutschland an der ITW markiert einen wichtigen Schritt für das Tierwohl-Engagement in der Gastronomiebranche“, sagte Robert Römer in Berlin. „Die Entscheidung bestätigt unsere Mission, mehr Tierwohl in die Breite zu tragen.“ Das künftige staatliche Label hat fünf Haltungsformen: Stall: Entspricht den gesetzlichen Mindestanforderungen. Stall+Platz: Mindestens 12,5 Prozent mehr Platz als gesetzlich vorgegeben. Zusätzlich muss Raufutter gegeben werden und die Ställe müssen durch verschiedene Elemente strukturiert sein. Frischluftstall: In der letzten Mastphase mindestens 45 Prozent mehr Platz, als es das Gesetz vorschreibt, sowie Kontakt zum Außenklima. Auslauf/Weide: In der letzten Mastphase mindestens 100 Prozent mehr Platz im Vergleich zum gesetzlichen Mindeststandard, dazu ganztägige Möglichkeit zum Auslauf im Freien oder dauerhafte Haltung im Freiland. Bio: Entspricht den Anforderungen der EU-Ökoverordnung mit noch mehr Platz und mehr Auslauffläche als in den anderen Haltungsformen. Für 2025 ist bei der ITW eine Überarbeitung der eigenen Kriterienkataloge geplant, mit der das Programm die Anforderungen der staatlichen Tierhaltungskennzeichnung abdecken soll. Zunächst sollen bei den Schweinen das Platzangebot und die Strukturierung der Buchten in Stufe 2 angepasst werden.

  • Im „grünen“ Rausch der Subventionen

    In der Welt der Konzerne muss Robert Habeck um seine Reputation nicht fürchten. Jetzt soll ihm ein weiteres „Sondervermögen“ die Haushaltsmittel verschaffen Keine Bundesregierung hat in so kurzer Zeit so viele Milliarden in Industrieprojekte gebuttert wie die amtierende. Oft gegen den Widerstand des Kanzlers. Aber meistens unter Applaus des Stammpublikums von Grünen und SPD-Linken. Ähnlichkeiten mit dem Staatskapitalismus vergangener Zeiten werden hingenommen. Im ARD-Talk mit Caren Miosga schwärmte Habeck noch am Sonntag weiter von einer schuldenfinanzierten Wirtschaftspolitik. Seine Industrieprojekte sind Großprojekte. Damit führt sein Weg letztlich auch in die Brüskierung ganzer Bevölkerungsgruppen, zumal im ländlichen Raum. Dafür gibt es jetzt schon Beispiele genug. Der Norden feiert die Ansiedlung einer Batteriefabrik, die Bund und Land mit über einer Milliarde Euro Subvention angelockt haben. Mehr Geld also, als mit den Kürzungen zum Schaden der Landwirtschaft eingespart werden sollten. Gefördert wird eine Region, die noch vor wenigen Jahren drauf und dran war, im Kielwasser der Windenergie ein kleines Wirtschaftswunder zu erleben. Bis „der Markt“ dann doch entschied, lieber bei Billiganbietern in China einzukaufen. Ebenfalls spannend, wie preiswert Elektroautos mit einem Mal zu haben sind, seit der Staat die Subventionsorgie beenden musste. Und Kaufinteressenten weniger rätseln müssen, wie zum Beispiel Volkswagen den Strom-Golf in China zum halben Preis anbieten konnte. Kaum auszudenken, wie viel Gutes auch für die Umwelt möglich gewesen wäre, hätte der Staat die Milliarden in noch bessere Abgasreinigung der Verbrennungsmotoren investiert. Die werden uns nämlich noch lange begleiten. Weil der „grüne‟ Strom bei weitem nicht für die angestrebte flächendeckende E-Mobilität ausreicht. Goldgräberstimmung durch das süße Gift der Staatsmilliarden Gleiches gilt für den Heilsbringer Wärmepumpe. Im Prinzip prima für die Umwelt. Aber bei deutschen Verbraucher-Strompreisen absolut unrentabel bei den Betriebskosten, sogar im Vergleich zur Ölheizung. Und ökologisch sinnlos, solange Strom aus Import-Gas und (Braun-)Kohle-Kraftwerken zum Einsatz kommt. Wenigstens ist die Zeit vorbei, in der Wärmepumpen in Deutschland maßlos überteuert angeboten (und gekauft) wurden. Weil das süße Gift der Subvention für Goldgräberstimmung sorgte. Herausgekommen ist am Ende ein Absatzrekord für altmodische Gasheizungen. Wärmepumpen verkauften sich zugleich deutlich schlechter als vor der Subventionsorgie. Was aus Habecks Wunsch wird, industriellen Großverbrauchern den Strom so zu subventionieren, dass sie nicht unverhältnismäßig viel über Energieeinsparung nachdenken müssen, gehört zu den noch offenen Fragen. Wobei auch jene zu stellen wäre, warum bei drohendem Arbeitskräftemangel ausgerechnet Arbeitsplätze gerettet werden sollen, die mit Umweltschäden verbunden und schon auf kürzere Sicht nicht konkurrenzfähig sind gegen die Konkurrenz der Billiglohn-Länder mit ihren Niedrig-Energiepreisen und laschen Umwelt-Regeln. Der Wirtschaftsminister würde gerne noch tiefer in den Haushalt greifen. Dafür ist nun einmal jemand zuständig, der weiter unbeirrt auf die Schuldenbremse tritt. Für Christian Lindner als Kabinettskollegen war die Idee des Sondervermögens „in jeder Hinsicht überraschend“, wie er am Wochenende in einem Interview der Welt am Sonntag bekannte. Vom konkreten Vorschlag, Hunderte Milliarden Euro Schulden zu machen, um Subventionen auf Pump zu zahlen, sei er, so sagt Lindner, nicht überzeugt. „So würden wir die soziale Marktwirtschaft deformieren.“ Damit prallen am Kabinettstisch öffentlich sichtbar unverändert Grundsätzlichkeiten aufeinander.

  • Wie geht es weiter in der EU-Landwirtschaft?

    Der Unmut der europäischen Bauern ist in Brüssel angekommen. Nun steht die Forderung im Raum, den Green Deal weiter zu entschärfen Die Bauernproteste sind in Brüssel angekommen. Und zwar buchstäblich und in doppeltem Sinne. Zunächst waren die Landwirte in den Mitgliedstaaten auf die Straße gegangen. In Deutschland, den Niederlanden, Frankreich, Rumänien und anderen Ländern. Zum Sondertreffen der Staats- und Regierungschefs letzte Woche haben sie sich dann durchaus geschickt das Brüsseler Europaviertel ausgesucht. Es gibt Gründe für den Bauern-Unmut, die in der nationalen Politik zu suchen sind: etwa das Streichen von Steuersubventionen beim Agrardiesel in Deutschland, die Maßnahmen gegen zu hohe Nitratkonzentrationen im Boden in den Niederlanden. Den Landwirten in allen EU-Staaten ist aber gemeinsam, dass sie die grüne Architektur in der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) als finanzielle und bürokratische Belastung empfinden. Letztlich steht die Forderung im Raum, die Folgen des Green Deal für die Landwirtschaft zu reduzieren. Auf den akuten Unmut hat die EU-Kommission schon reagiert. Sie hat beschlossen, dass die Bauern auch 2024 nicht verpflichtet werden, einen Teil der Ackerfläche brachliegen zu lassen. In Deutschland sieht die GAP vor, dass Landwirte mit mehr als zehn Hektar Fläche jedes Jahr vier Prozent ihrer Äcker nicht bebauen. Damit soll dem Artensterben entgegengewirkt werden. Im Gegenzug werden sie aber nun verpflichtet, sieben Prozent der Flächen mit stickstoffbindenden Pflanzen anzubauen wie Linsen oder Erbsen oder mit Zwischenfrüchten. Die Mitgliedstaaten müssen dem Vorschlag zustimmen, womit zu rechnen ist. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat bereits Unterstützung signalisiert. Von Kommissionsseite wird die erneute Aussetzung der Verpflichtung zu Brachen mit den vielfältigen Krisen begründet: Krieg in der Ukraine, hohe Treibstoffpreise und extreme Wetterereignisse. Längst steht aber die Forderung im Raum, GAP-Regeln nicht nur befristet auszusetzen. Der Chef des Agrarausschusses im Europaparlament, Norbert Lins (CDU), verlangt: „Für die Jahre 2025 bis 2027 fordere ich ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren, um den Basisrechtsakt zur Gemeinsamen Agrarpolitik entsprechend abzuändern.“ Die Kommission hält sich vor den Europawahlen zurück Die aktuelle GAP ist Anfang 2023 in Kraft getreten und gilt bis 2027 einschließlich. Schon jetzt fragen sich die Landwirte, wie es in der EU-Agrarpolitik danach weitergehen soll. Die Kommission hält sich zurück. Eigentlich hatte sie angekündigt, noch vor den Europawahlen im Juni eine Mitteilung zur Landwirtschaftspolitik herauszugeben. Die Ankündigung hat sie aber zurückgezogen. Die Kommission sucht jetzt externe Beratung. Sie hat den Strategiedialog zur EU-Landwirtschaft gestartet. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nimmt sich hier ein Beispiel an Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Der Grüne hatte im Strategiedialog zur Automobilwirtschaft Wirtschaft, Umweltschützer und die Wissenschaft an einen Tisch geholt und dort recht erfolgreich Konflikte beigelegt. Die Kommission hat als Moderator den ehemaligen Chef der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Peter Strohschneider, verpflichtet. Strohschneider hat Erfahrung mit dem Format: Er hat bereits die Zukunftskommission Landwirtschaft auf nationaler deutscher Ebene geführt. Wohin die Reise in der EU-Agrarpolitik geht, dürfte sich erst 2025 zeigen. Dann ist die neue Kommission im Amt und wird einen Vorschlag für die GAP nach 2027 unterbreiten. Wie bereits beim letzten Mal rechnen Beobachter damit, dass wieder eine Übergangsphase nötig sein wird. Die neue GAP tritt also wohl frühestens 2029 in Kraft. Der Deutsche Bauernverband hat sich bereits erste Gedanken gemacht. Bis 2035 könnten die Direktzahlen auslaufen. Der DBV bekennt sich dazu, dass weiterhin Umweltmaßnahmen nötig sein werden. Die Förderpolitik der EU sollte aber davon absehen, den Landwirten vornehmlich Geld zu zahlen für Nachteile aus Umweltmaßnahmen. Sie sollte vielmehr den Bauern gezielt Geld geben dafür, dass sie etwas für das Klima und gegen das Artensterben unternehmen. Außerdem fordert die Standesvertretung eine bessere Absicherung der Landwirte gegen Marktversagen und Missernten. Gelder vom EU-Steuerzahler und aus den nationalen Haushalten sollen gezielt dafür eingesetzt werden, im Ackerbau und bei der Viehhaltung Versicherungsschutz aufzubauen. Staatlich bezuschusste Policen gegen „Ernte-Mehrgefahren“ und Tierseuchen sowie Betriebsunterbrechungen sollten kommen.

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