Dorfläden sind mehr als ein Lückenfüller. Sie stehen für Nähe, Gemeinschaft und Regionales. Auf dem Land setzen sich immer mehr Menschen für die Rückkehr des Mini-Markts ein
Die Supermärkte mit Vollsortiment, die vor Jahrzehnten in fast jeder kleinen Kommune zum Ortsbild gehörten, sind längst geschlossen. Hier und dort erinnern verblasste Ladenschilder oder lädierte Leuchtreklamen an das Nahversorgungsangebot vergangener Tage.
Doch so blank, wie es anfangs schien, stehen viele Dörfer inzwischen nicht mehr da. Wer mit offenen Augen über Land fährt, findet in den Ortschaften immer häufiger kleine Läden, die mit regionalen und frischen Produkten aufwarten. Kleine Geschäfte, die früher liebevoll „Tante-Emma-Laden“ genannt wurden, kehren zurück. Und es werden immer mehr. Die Pioniere der Anfangszeit haben längst viele Nachahmer gefunden. Beim Verein Dorfladen-Netzwerk geht man inzwischen von weit über 500 Geschäften aus.
„So nah, so frisch, so Vinnum.“ Griffige Slogans wie dieser Leitspruch eines Dorfladens in einem 1000-Seelen-Flecken im Münsterland drücken aus, womit diese neuen Nahversorger punkten: Sie sind schnell zu erreichen, bieten frische Lebensmittel aus der Region an und stellen einen Identifikationspunkt im Ort dar.
In Vinnum haben es über 120 Bürgerinnen und Bürgern geschafft, die dauerhafte Grundversorgung mit Lebensmitteln und Artikeln des täglichen Bedarfs zu sichern. In Schapdetten, ebenfalls ein Dorf im Münsterland, hat der kleine Laden im Ortskern bereits sein zehnjähriges Bestehen gebührend gefeiert und plant nun einen Umzug an einen neuen Standort. Getragen wird auch hier das Geschäft von einer großen Gruppe engagierter Bürger.
In der Regel sorgt Hilfe zur Selbsthilfe dafür, dass zwischen Küste und Alpen immer mehr neue Dorfläden entstehen. Wenn viele Einwohner sich darüber ärgern, dass sie wegen jeder Kleinigkeit in die nächste größere Stadt fahren müssen, liegt es nah, die Dorfladen-Frage zu stellen.
Netzwerke helfen bei Gründung
Längst gibt es Netzwerke und informative Plattformen, die bei einer Gründung helfen. Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie hat erst kürzlich einen Leitfaden für Gründung und Betrieb eines Dorfladens neu aufgelegt. Die frei im Netz verfügbare Broschüre enthält wertvolle Hinweise und gute Ratschläge.
So wie in Bayern geht man auch in anderen Bundesländern davon aus, dass die Nachfrage nach Dorfläden aufgrund der wachsenden Attraktivität der ländlichen Räume weiter ansteigen wird. Inzwischen machen sich vielerorts nicht nur Bürgerinitiativen und Organisationen, sondern auch Kommunen selbst Gedanken darüber, wie sie den Laden zurück ins Dorf holen können.
Laut der Broschüre „Der Dorfladen in Bayern“ haben sich im Laufe der Jahre verschiedene Modelle durchgesetzt. Die Liste reicht von der Gründung eines Dorfladens auf genossenschaftlicher Basis durch Bürgerengagement bis hin zum kooperativen Betreibermodell, an dem Kommune, Bürger und eine örtliche Hilfsorganisation beteiligt sind.
Dorfläden, das fällt auf, sind in der Regel maßgeschneidert. Sie können nur dann erfolgreich sein, wenn sie die örtlichen Gegebenheiten und Wünsche der Menschen berücksichtigen. Inzwischen wird vom „Dorfbegegnungsladen“ gesprochen. Der etwas sperrige Name macht deutlich, dass es um mehr geht als um frische Brötchen oder das gerade einmal wieder in der Küche fehlende Ei. Der Dorfladen ist in diesem Fall Treffpunkt der Menschen, ein Anlaufpunkt gleichermaßen für Familien und Alte. Sitzecken, kleine Cafés oder bestuhlte Terrassen runden das Angebot ab. Mal trifft man sich im Dorfladen zum „Erzählkaffee“, mal zum Grillnachmittag.
Dorfläden können zudem ein wichtiges Bindeglied zwischen den landwirtschaftlichen Produzenten in der Region und den Verbrauchern vor Ort sein. „Ein Dorfladen, der sich auf regionale Produkte fokussiert, fördert (…) die Identifikation der Gemeinschaft mit ihrer Umgebung. Die Verbindung zu den Produzenten schafft Vertrauen, Transparenz und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit“, heißt es im bayerischen Leitfaden.
Auffällig ist dabei, dass die Dorfläden an vielen Stellen auf moderne Technik setzen, um möglichst flexibel zu arbeiten. Sie können, wenn sie Self-Scan-Systeme verwenden, dann sogar mit besonders verbraucherfreundlichen Öffnungszeiten punkten. Wenn Tante Emma das gewusst hätte …
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