Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und zurück auf diese Woche

Liebe Leserinnen und Leser,
Schwerpunkte in unserem Wochenkommentar sind die Auswirkungen der in Brandenburg jüngst aufgetretenen Maul- und Klauenseuche auf die Landwirtschaft, aber auch für die Jäger. Des Weiteren blicken wir voraus auf die in der kommenden Woche geplante Großdemonstration gegen die Reform des niedersächsischen Landesjagdgesetzes sowie auf Bemühungen, Landwirtschaft und Klimaschutz stärker in Einklang zu bringen – ein Vorhaben, das momentan vom grün geführten Bundeswirtschaftsministerium auf EU-Ebene ausgebremst wird.
Neben der fürchterlichen Bluttat in Aschaffenburg war das große Thema dieser Woche in der Politik, aber auch in vielen persönlichen Gesprächen die Amtseinführung des neuen amerikanischen Präsidenten. Niemand weiß so recht, was die Wahl von Donald Trump für Deutschland und speziell den ländlichen Raum in der Praxis bedeutet. So wächst etwa bei den Herstellern von Agrarmaschinen die Sorge, dass womöglich Handelskriege die ohnehin schon schwindende Nachfrage weiter dämpfen könnten. Unser Autor Frank Polke hatte sich in dieser Woche in seinem Beitrag „Wenn der Traktor zum Ladenhüter wird“ mit der schwierigen Situation der gerade im ländlichen Raum wichtigen Branche beschäftigt.
Damit nicht genug: Bei Bauern und Jägern wächst aktuell die Sorge, dass sich die in Brandenburg jüngst aufgetreten Maul- und Klauenseuche (MKS) weiter verbreiten könnte. Viehzüchter fahren die Hygienemaßnahmen hoch. Und auch Jäger werden zu besonderer Vorsicht angehalten, denn die Seuche ist schwierig zu bekämpfen. Die Erreger können bis zu drei Monate überleben und allein vom Wind bis zu 40 Kilometer weit fortgetragen werden. In Brandenburg wird momentan alles versucht, um die Ausbreitung der MKS zu verhindern. Das ist bisher offensichtlich gelungen. Doch auch Betriebe in anderen Regionen sind angesichts wegbrechender internationaler Märkte von den Ereignissen betroffen. Erste Länder leiten wieder Lockerungen bei Einfuhrsperren für Schweinefleisch aus Deutschland oder der Einfuhr von Kälbern ein. Dort wird nicht zwischen Tieren aus Brandenburg, Niedersachsen oder Schleswig-Holstein unterschieden. Sinkende Nachfrage aus dem Ausland drückt naturgemäß auf die Preise – eine kritische Situation für viele Betriebe.
Keine Jagden in Brandenburg
Angesichts der schwierigen Lage hat die Jägerschaft Niedersachsen e.V. die Jäger aufgefordert, bis auf Weiteres auf Jagden in Brandenburg zu verzichten, insbesondere da der Eintragungspfad der Seuche noch nicht geklärt sei. Es sollten keine Haltungen von Klauentiere oder Neukameliden – Lamas und Alpakas – betreten werden, insbesondere wenn man zuvor auf Jagd war, heißt es in einem Schreiben von Präsident Helmut Dammann-Tamke an alle niedersächsischen Kreisjägermeister und Hegeringsleiter. Sollte dennoch ein Tierbestand betreten werden müssen, sei Folgendes zu beachten: mindestens 48 Stunden zuvor keine jagdlichen Aktivitäten, Wechsel von Kleidung und Schulwerk sowie eine gründliche Desinfektion. Im Wildtierbestand gelte es, wachsam gegenüber Anzeichen der MKS zu sein und bei Verdachtsfällen unverzüglich das zuständige Veterinäramt zu informieren, der Kontakt mit erkranktem oder verendetem Wild müsse strikt vermieden werden. Und: „Reinigen und desinfizieren Sie Ihre Jagdkleidung, Ausrüstung und Fahrzeuge nach Kontakt mit Wild“, so Dammann-Tamke.
Diese Schutz- und Vorsichtsmaßnahmen sind absolut geboten, auch wenn es mittlerweile erste Anzeichen für eine vorsichtige Entwarnung in Sachen Maul- und Klauenseuche gibt. So ist jetzt nach zweiwöchiger Schließung der Berliner Zoo wieder geöffnet. Allerdings bleiben vorsichtshalber Bereiche mit Kontakt zu Wasserbüffeln, Rentieren und Wisenten sowie der Streichelzoo geschlossen. Der Tierpark Berlin bleibt derweil ebenfalls weiter geschlossen. Die Schließung sei die wichtigste – mit dem Bezirksamt Lichtenberg abgestimmte – Präventivmaßnahme, heißt es auf der Internetseite des größten Tierparks in Europa.
Auch andere Zoos treffen Schutzmaßnahmen. So bleibt bei Hagenbeck in Hamburg das Streichelgehege der Zwergziegen im Haustierrevier bis auf Weiteres geschlossen. An einigen Gehegen gibt es zusätzliche Absperrungen zum Besucherbereich. Und im ganzen Tierpark Hagenbeck gilt ein absolutes Fütterungs- und Kontaktverbot.
Jäger protestieren gegen Pläne von Rot-Grün
Zurück nach Niedersachsen. Dort sorgt neben der Maul- und Klauenseuche momentan vor allem die geplante Reform des niedersächsischen Landesjagdgesetzes in der Jägerschaft für große Aufregung. Über den Aufruf zur Großdemonstration am 30. Januar in Hannover hatten wir bereits berichtet. Am Mittwoch hat das Landwirtschaftsministerium in Hannover ein Eckpunkte-Papier mit aus seiner Sicht zentralen Änderungsvorschlägen präsentiert. Dabei setze man insbesondere auf mehr Tierschutz bei der Jagd, heißt es. Auch sollten ökologische, wildbiologische und ethische Kriterien künftig stärker berücksichtigt werden. LJN-Präsident Dammann-Tamke nannte dieses Papier der grünen Ministerin in einer ersten Stellungnahme „nebulös und unkonkret“. Mit ihm solle der sozialdemokratische Koalitionspartner der Grünen „hinter die Fichte geführt werden“, um auf Kosten der Jäger ein Landesjagdgesetz auf den Weg zu bringen.
In diesen Tagen wird intensiv für eine Teilnahme von möglichst vielen Jägern geworben. LJN-Präsident Dammann-Tamke unterstreicht die Bedeutung: „Es ist das erste Mal in der fast 75-jährigen Geschichte der Landesjägerschaft Niedersachsen, dass das Präsidium zu dieser Form des Protests aufruft.“ Allein das zeige, „was die Stunde geschlagen hat“. Bis heute überlasse die in Niedersachsen mitregierende SPD dem grünen Koalitionspartner das Feld der Jagd unkommentiert – mit für die Jagdausübung in Niedersachsen folgenschweren Konsequenzen. „Das können und wollen wir nicht hinnehmen – wir werden für unsere Jagd kämpfen!“, so Dammann-Tamke.
Man kann nur hoffen, dass die Politik endlich umfassend und positiv auf diesen breiten Unmut in der Jägerschaft reagiert, statt sich auf ideologisch motivierte Verbote zu konzentrieren, für die sich beispielsweise der Landestierschutzverband einsetzt. Dessen Präsident Dieter Ruhnke hatte kürzlich in einem Interview mit der Syker Kreiszeitung erklärt, dass die Tonlage des Landesjagdverbands „völlig unangemessen“ sei. Und Ruhnke lehnte etwa die Ausbildung von Hunden in Schliefenanlagen, also dem Erdbau, mit lebenden Füchsen ab. Auch sei der Abschuss von wildernden Katzen weder erforderlich noch verhältnismäßig. Hier werde in die Eigentumsrechte eines Dritten, nämlich des Katzenhalters, eingegriffen, so Ruhnke.
In vier Wochen sind Bundestagswahlen. Da sind SPD und Grüne, aber auch die anderen demokratischen Parteien auf allen Ebenen gut beraten, keine ideologischen Scharmützel zu führen, sondern die ganz praktischen, drängenden Sorgen von Landwirten, Jägern und anderen Naturnutzern ähnlich ernst wie die von Großstädtern zu nehmen. Die kommende Wahl wird nicht allein, aber auch im ländlichen Raum entschieden. Von dessen Lebenswirklichkeit haben sich viele Politiker leider entfremdet – eine Thematik, mit der wir uns in unserem Blog immer wieder schwerpunktmäßig auseinandersetzen.
Landnutzung auf zwei Ebenen
Dazu gehören Bemühungen, Landwirtschaft und Klimaschutz in der Praxis weiter zusammenzuführen. Dies gilt etwa für die Idee von Agri PV – Landnutzung auf zwei Etagen: Aufgeständert in rund zwei Meter Höhe über der landwirtschaftlichen Nutzfläche werden Photovoltaik-Zellen, also Sonnenkollektoren, montiert. Auf dem Ackerboden wachsen Gemüse, Kartoffeln oder Obst. Der gewonnene Strom aus erneuerbaren Quellen wird ins Netz eingespeist. Da die Sonnenkollektoren Schatten spenden, sind die Pflanzen an heißen Tagen einem geringeren Stress ausgesetzt und brauchen daher weniger Pflanzenschutz. Alles sehr nachhaltig und pfiffig. So weit die Idee, viele Bauern finden sie überzeugend. Zu einem Geschäftsmodell wird sie, wenn eine etwas höhere Einspeisevergütung die Investitionskosten anschiebt.
Die Bundesregierung hat sogar die gesetzlichen Grundlagen geschaffen – im Solarpaket 1. Nur: Da es sich EU-rechtlich um eine Beihilfe handelt, muss das Gesetz aber in Brüssel notifiziert werden. Und da hakt es seit Monaten. In der Kommission heißt es, dass man immer noch auf Unterlagen aus Berlin warte. Projektentwicklern und investitionswilligen Bauern läuft die Zeit weg, Banken verwehren Kredite, solange es nicht das grüne Licht für die Subventionen gibt. Norbert Lins (CDU-Europaabgeordneter) sieht den Schwarzen Peter im Bundeswirtschaftsministerium. Das grün geführte Haus von Spitzenkandidat Habeck hintertreibe Agri-PV, weil die Subventionen den Bundesetat belasten und den Grünen die Bauern nicht wichtig seien. „Es wird höchste Zeit, dass die Hängepartie aufhört.“ Unser Autor Ludwig Hintjens wird die Thematik für unseren Blog kommende Woche näher analysieren.
Ich wünsche Ihnen eine gute, positive Woche und verbleibe mit den besten Grüßen
Ihr Jürgen Wermser Redaktionsleitung/Koordination
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