Bundesbauministerin Geywitz will den Umzug von der Großstadt in den ländlichen Raum fördern – und nennt ihre simplen Parolen eine Strategie gegen den Leerstand
Die Bundesbauministerin nennt es eine Strategie. Per Definition also eine grundsätzliche, langfristige Maßnahmenkombination der Unternehmung und relevanter Teilbereiche gegenüber ihrer Umwelt zur Verwirklichung langfristiger Ziele. Genau das aber ist all das, was Klara Geywitz von sich gibt, nicht. Im Gegenteil: Ihre „Strategie gegen den Leerstand“ ist ein politisches Armutszeugnis ersten Ranges. Heiße Verlautbarungsluft.
Denn was will die Ministerin? Etwa deutlich mehr neue Wohnungen bauen? Wie großspurig versprochen? Oder mehr Vermieter durch eine Anpassung des stringenten Mietrechts bewegen, freie Wohnungsflächen auf den Markt zu bringen? Stellt sie sich an die Spitze einer Bewegung, die überteuerte und überzogene Bauauflagen beseitigt und das Baurecht unbürokratischer macht? Plant sie Krediterleichterungen für bauwillige junge Familien, die sich trotz Doppelverdienst längst den Traum vom Eigenheim abgeschminkt haben? Von alle dem hört man aus dem leerstehenden Haus Geywitz nichts.
Stattdessen setzt die Ministerin auf eine Umverteilung von der Stadt hinaus aufs Land. Der ländliche Raum als Lückenbüßer für unbezahlbare Stadtimmobilien. Als Umsiedlungsgebiet für eine durch und durch gescheiterte Wohnungsbaupolitik. Das Münchner Ifo-Institut jedenfalls wagt die Prognose, dass die Zahl der neu gebauten Wohnungen in Deutschland 2026 auf nur noch 175.000 im Jahr sinken könnte. Das wären mehr als 40 Prozent weniger als die knapp 300.000 Wohnungen des Jahres 2022. Und deprimierend weit entfernt von dem Ziel der Ampel-Koalition, jedes Jahr 400.000 neue Wohnungen zu bauen.
Arbeitsplätze ziehen nicht mit um
Jetzt entdeckt Geywitz also den ländlichen Raum, schwadroniert über gute Kita- und Schulangebote, preist Einkaufsmöglichkeiten und feine Ärztepräsenz. Wovon träumt die Ministerin eigentlich nachts? Denn die Sozialdemokratin kommt natürlich nicht umhin, festzustellen – soviel Realitätssinn muss doch sein –, dass es zu dem angestrebten verlockenden Rück- oder Umzug aufs Land dort genügend Züge, Busse und digitale Angebote geben müsste. Denn die Arbeitsplätze ziehen ja nicht mit um. Spätestens hier könnte Geywitz ihre sogenannte Strategie dann locker in die Tonne treten.
Geywitz scheint die Hilflosigkeit ihrer Politik selbst zu bemerken. Immerhin. Die Strategie gegen den Leerstand könne nur aufgehen, wenn das Leben jenseits der Metropolen nicht als Notfalllösung wahrgenommen werde, sagt die Ministerin, die bei der letzten Bundestagswahl nicht mal ihren Wahlkreis Potsdam I gewinnen konnte. Wenigstens damit liegt sie richtig. Wenn also Kinder nicht ewig im Schulbus sitzen müssten, das nächste Krankenhaus nicht weit entfernt wäre, die letzte Apotheke im Ort nach Metzger und Bäcker nicht schlösse, der Einkauf nur im Supermarkt-Discounter möglich wäre, die Busse nicht nur alle zwei Stunden und am Sonntag gar nicht führen und die Anschaffung eines Zweitwagens zwingend auf die möglicherweise geringeren Mietkosten angerechnet werden müssten.
Homeoffice und Digitalisierung heißen die Geywitz-Zauberwörter. Wörter, die längst zu Leerstands-Leerwörtern geworden sind. Wer das eine Strategie nennt, der hat den Kampf für neue Wohnungen längst aufgegeben.
Comments