Heiße Woche und unveränderter Sturm gegen ein Landesjagdgesetz
- Jost Springensguth
- 5. Juli
- 8 Min. Lesezeit
Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und auf die Bundespolitik

Liebe Leserin, lieber Leser,
mehr Innen, weniger Außen. So verlief für den Kanzler diese Woche in Berlin. Und in der SPD rumort es nach dem Parteitag am letzten Wochenende. Die Wahl Klingbeils mit dem bekannt mauen Ergebnis hinterlässt Bremsspuren in der Koalition. Als Finanzminister hat er einen Haushalt vorgelegt, der trotz des hohen Schuldenrahmens nicht all das zulässt, was im Koalitionsvertrag steht. Es war eine in jeder Hinsicht heiße Woche. In Rheinland-Pfalz wollen die Jäger das Landesjagdgesetz nicht so hinnehmen, wie es nun beschlossen wurde. Sie blicken schon auf die Landtagswahl 2026. Weitere Stichworte dieses Newsletters sind die Ausbreitung der ASP sowie wieder Wolf und Goldschakal mit der OVG-Abschussgenehmigung; nur keiner weiß, wo der Räuber auf Sylt ist. Und das, was die Stiftung natur+mensch unter anderem mit Rotary-Clubs tut, um Grundschulkindern die Natur weiter zu erschließen.
In dieser Woche ging es in Berlin innenpolitisch Schlag auf Schlag, nachdem Friedrich Merz nach seinen welt- und europapolitischen Exkursionen jetzt mal länger im Kanzleramt geblieben ist. Er hat sich nun intensiver der Innenpolitik zugewandt. Die Koalition wollte noch vor den Sommerferien in wichtigen Punkten das liefern, was als erstes im Regierungsvertrag steht. Dazu gehört insbesondere der Kabinettsbeschluss über den Bundeshaushalt mit den Eckwerten der Finanzplanung bis 2029.
Wie immer nach einer Regierungsübernahme war erst einmal zu hören, dass in der Kasse viel weniger drin ist, als man gehofft hatte. Die jüngste Steuerschätzung hat tatsächlich die Probleme verschärft: Danach muss der Bund bis 2029 mit 33,3 Milliarden Euro weniger auskommen, als noch im Oktober vorhergesagt worden war. Zuvor hatte man sich ja noch mit der alten Verfassungsmehrheit im Bundestag den umstrittenen neuen Schuldenspielraum für Verteidigung und Infrastruktur beschafft. Gleichwohl konnte die erste Zusage „Niedrigere Stromsteuer für alle“ nicht eingehalten werden. Der Koalitionsausschuss hat entschieden, die Senkung der Stromsteuer auf das produzierende Gewerbe sowie die Land- und Forstwirtschaft zu begrenzen. „Na, wenigstens was“, wird man im ländlichen Raum sagen. Die außen vor bleiben – Handel, Dienstleistung und vor allem Privathaushalte – sorgen noch für genug politischen Sprengstoff.
Die Parteivorsitzenden Merz und Klingbeil werden den Ärger über nicht eingehaltene Zusagen wohl so schnell nicht los. Besonders in der SPD rumort es nach der bescheidenen Zustimmung auf dem Parteitag von 64,9 Prozent für Lars Klingbeil. Dabei sollte nach dem miesen Wahlergebnis ein Aufbruch für die Partei beschlossen werden. Der Trend setzte sich jetzt fort. Nach dem ARD-Politbarometer zum Ende dieser Woche erreichte Klingbeil einen Zustimmungswert von 30 Prozent – neun Punkte weniger als im Vormonat. Da kann sich Merz mit seinen inzwischen 42 Prozent trösten. Und das, zumal die Union in der Sonntagsfrage seit langem erstmals wieder bei 30 Prozent liegt; die SPD nur noch bei 13. Man kann Friedrich Merz glauben, dass es besser für die Stabilität im Lande wäre, wenn auch die Sozialdemokraten wieder über 20 Prozent kämen. Es wird also noch spannende Wochen geben, auch wenn offiziell jetzt in Berlin für das Parlament die Sommerpause bereits begonnen hat.
Hitze bei zu wenig Regen und gleichzeitigen Unwetterlagen
Schon im Juni hat sich unser Autor Frank Polke aktuell mit dem Thema Trockenheit und Dürre mit Waldbrandgefahr befasst: „Wir brauchen Regen, viel Regen“. Gefühlt und real ist die Lage in unserem Land unterschiedlich, nachdem aber auch insgesamt im Juni die Wetterbilanz zu trocken ausfiel und für die Frühe des Sommers zu heiß. Die Durchschnittstemperatur lag nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes mit 18,5 Grad Celsius um 3,1 Grad über dem langjährigen Vergleichsmittelwert. Und jetzt zum Ende der insbesondere am Mittwoch viel zu heißen Woche mit örtlichen Unwettern werden die ersten verheerenden Waldbrände gemeldet. In der sächsischen Gohrischheide und auf der Saalfelder Höhe in Thüringen kämpfen weit über 1.000 Einsatzkräfte darum, zunächst das Ausbreiten auf weitere Flächen zu verhindern. In einigen Gemeinden wurde Katastrophenalarm ausgelöst und es kam zu ersten Evakuierungen. Hier müssen wir bangend abwarten, wie weit die Feuerwehren und der Katastrophenschutz die Lage in den Griff bekommen.
Jetzt beschlossene Sache: Das neue Jagdgesetz in Rheinland-Pfalz
Der Klimawandel und seine Folgen sind auch Thema in Rheinland-Pfalz. Dort geht es darum, ob man unter Einbeziehung der Interessen der Jagd einen widerstandsfähigeren Wald für die Zukunft gestalten kann. Nach wochenlangen Protesten der Jägerschaft sowie politischer und ländlicher Partner hat nun am Donnerstag der Landtag in Mainz das neue Landesjagdgesetz mit 52 Stimmen der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP gegen 46 Stimmen aus der Opposition von CDU und AfD in namentlicher Abstimmung verabschiedet. Die Fraktionen aus dem Regierungslager haben nach dem heftigen Widerstand zwar eine Reihe von Änderungen zum ursprünglichen Entwurf in der Sitzung des Umweltausschusses noch kurzfristig eingebaut. Für den FDP-Abgeordneten Marco Weber war zwar „der erste Aufschlag eine Katastrophe“. Jetzt habe man aber einen Kompromiss, dem man zustimmen könne. Jäger und Opposition sehen das anders. In den Kernpunkten bleiben für sie fundamentale Ziele gegen die Jagd erhalten, mit denen die Umweltministerin des Landes, Katrin Eder (Grüne), den Gesetzentwurf angestoßen hatte. Das zitierte Zauberwort Klimawandel steht hier mit dem notwendigen Waldaufbau in Verbindung. Der Gesetzentwurf wurde in einigen Punkten, aber nicht im Kern verändert – die Verordnung von sogenannten Mindestabschüssen soll ermöglicht werden. Der Grund wird in der Meldung des SWR über den Beschluss populär so formuliert: „Das Problem: Vor allem Rotwild frisst besonders gern die jungen Triebe dieser neuen Bäume. Wenn zu viele Tiere unterwegs sind, schaffen es die Bäume gar nicht erst, groß zu werden.“ Was zu viel ist, bleibt Auslegungs- oder Interpretationssache, wo am Ende der staatliche Forst und nicht Waldbesitzer und Jagdausübungsberechtige das Sagen haben.
Die 25.000 Jäger befürchten, dass sie ohne Rücksichtnahme auf ihre Kompetenz, Kenntnis vor Ort und Reviererfahrung auf behördliche Anordnung mit dem Argument des Waldschutzes zur Erfüllung von Mindestabschussplänen verpflichtet werden können. Der CDU-Landtagsabgeordnete Horst Gies (CDU) betonte im Parlament, dass die Jägerinnen und Jäger Naturschützer mit entsprechender Ausbildung seien – und das im Gegensatz zu Organisationen, in denen allein die „Mitgliedschaft in monetärer Form“ zum Mitspracherecht reiche. Das 130-Seiten starke neue Gesetz soll zum 1. April 2027 in Kraft treten. Vorher sind Landtagswahlen. Aus Jägerkreisen war schon zu hören: „Für uns bedeutet das, dass wir jetzt in den Wahlkampf einsteigen für die Parteien, die klare und deutliche Zusagen gegeben haben für den Fall, dass sie nach der Wahl 2026 in die Regierungsverantwortung kommen!“ Die Aussage setzt darauf, dass es vor Inkrafttreten des Gesetzes mit einer anderen Mehrheit im Landtag zu einer Korrektur kommen wird. Auch das erinnert an das Nachbarland NRW, wo es nach dem Remmel-Gesetz vor gut zehn Jahren unter der nachfolgenden damaligen Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen (CDU) in wesentlichen Punkten zu einer jagdpolitischen Rückwärtsrolle kam.
Weitere Ausbreitung der ASP
Bleiben wir in NRW: Das Schreckgespenst ASP hat sich auf den Nachbarkreis Siegen-Wittgenstein mit dem Kadaverfund eines weiteren infizierten Wildschweins ausgeweitet. In den beteiligten Behörden des Landes, der Kreise und der Jägerschaft wird die eng vernetzte Zusammenarbeit fortgesetzt. Die Zahl der bestätigten Fälle ist in Südwestfalen damit auf zwölf gestiegen. Es gelten die dringenden Hinweise, die wir bereits nach dem ersten Fall in Kirchhunden auch in unserem Blog veröffentlicht haben. Bei Totfunden sei das zuständige Kreisveterinäramt zu informieren. Das sorge auch behördlich für die Bergung.
Herabgesetzter EU-Schutzstatus des Wolfes in Kraft
Der Wolf hat in Deutschland immer noch einen hohen Schutzstatus. Das soll sich nun wirklich ändern. Die ersten Schritte sind eingeleitet, nachdem das Europäische Parlament im Mai beschlossen hat, die Einstufung von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herabzusetzen. Der Landesjagdverband Nordrhein-Westfalen hat jetzt darauf hingewiesen, dass mit Veröffentlichung im EU-Amtsblatt die Herabstufung in Europa am 14. Juli in Kraft gesetzt wird. „Wenn die im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vorgesehene Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht erfolgt ist, ist der Weg frei für ein regional differenziertes Bestandsmanagement,“ Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat kürzlich Zahlen zu dieser Problematik in Europa und in Deutschland veröffentlicht. Danach sind die Wolfsbestände in Europa in den letzten zehn Jahren stark gewachsen – von 11.200 Tieren im Jahr 2012 auf über 20.300 im Jahr 2023. In Deutschland leben derzeit 209 Wolfsrudel, vor allem in Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen. Parallel dazu häufen sich Konflikte mit der Landwirtschaft: Jährlich werden in Europa rund 65.500 Nutztiere, überwiegend Schafe und Ziegen, von Wölfen gerissen.
Neues zum verschwundenen Goldschakal, der nun geschossen werden darf
Damit kommen wir wegen ähnlicher Risse auf das leidige Thema Goldschakal zurück. Abgesehen davon, dass man bei den Gesetzesänderungen die Überlegung aufnehmen könnte, neben der Regelung für den Wolf auch eine für diesen sich offensichtlich stark ausbreitenden „Einwanderer“ zu finden. Seit Freitag ist das Thema auf Sylt juristisch beendet. Das zuständige Oberverwaltungsgericht in Schleswig hat nun in einem nicht mehr anfechtbaren Beschluss die Abschussgenehmigung bestätigt. Es ging um die Klage eines Umweltverbandes aus Hessen (!) gegen die Zustimmung des zuständigen Landesministeriums in Schleswig-Holstein. Derweil fragt die Sylter Rundschau in einer Schlagzeile diese Woche: „Wo ist der Goldschakal?“ Nachdem das Raubtier nach der Tötung von fast 100 Lämmern und Schafen auf der Insel Furore machte und Schäfer wie Jäger in Alarmbereitschaft versetzte, sei es nun verschwunden. Zuletzt sei der Goldschakal kurz vor Pfingsten gesichtet worden, berichten Sylter Jäger. Das war also fast vor vier Wochen. Das Umweltministerium rechnet nicht damit, dass das Tier die Insel verlassen habe. Manfred Uekermann, stellvertretender Kreisjägermeister und Sylter CDU-Landtagsabgeordneter macht gegenüber der Lokalzeitung auf der Insel deutlich, dass es durchaus möglich sei, die Gesetze dahingehend zu ändern, dass der Abschuss des Goldschakals erleichtert würde. Das sei aber bislang versäumt worden, auch weil man die Dringlichkeit nicht erkannt habe. Die Abschussgenehmigung für ein Tier ist irgendwie auch keine Lösung…
Waldrucksack als Unterstützung zum erlebnisorientierten Lernen in der Natur
Erlebnisorientiertes Lernen in der und über die Natur bietet große Chancen: „Was ist denn das für ein Baum?“ Die Neugierde von Kindern ist groß und die Fragen sind vielfältig, wenn man ihnen die Gelegenheit gibt, unsere heimische Natur hautnah zu erleben. Da sieht neben den vielen Initiativen unserer Verbände auch die Stiftung natur+mensch eine großartige Chance, Anstöße und Unterstützung für den Unterricht zu fördern. Viele Kinder, die insbesondere in Städten aufwachsen, haben kaum noch eine Beziehung zur Natur, nachhaltige Naturbewirtschaftung ist ihnen oft ein Fremdwort. Mit der Chance zum erlebnisorientierten Lernen beizutragen, hat die Stiftung natur+mensch eine Materialsammlung zusammengestellt. Damit können Exkursionen von Schülerinnen und Schülern in die Natur vor- und nachbereitet werden. Neben didaktischem Material für den Schulunterricht enthält der Themenrucksack auch Hilfsmittel für einen Entdeckungsgang in Wald, Feld und Flur.
Service-Clubs wie Lions oder Rotary greifen zunehmend diese Anregung auf, unsere natur+mensch-Waldrucksäcke mit örtlichen Partnern aus der organisierten Jägerschaft den Schulen zur Verfügung zu stellen. So erfolgt dies jeweils mit fachlicher Unterstützung vor Ort. In diesen Tagen erhält der Rotary-Club Herzogtum Lauenburg-Mölln sieben Waldrucksäcke. Damit ist das Ziel des Clubs, alle Grundschulen im Kreis mit dem Material auszustatten, erreicht.

Ein anderes Beispiel: Der Präsident des Rotary-Clubs Hamm-Mark, Robert Vornholt, hat allen Grundschulen der Stadt Hamm den natur+mensch-Waldrucksack als naturpädagogische Grundausstattung zum Einsatz im Unterricht angeboten. 16 der 28 angeschrieben Grundschulen in Hamm haben sich angemeldet und beteiligen sich auch an dem Natur-Rucksack-Projekt dieses Service-Clubs. „Das beweist, dass praxisnahe Umweltbildung auf großes Interesse bei Lehrerinnen und Lehrer stößt“, so der Präsident. Die Initiative wurde frühzeitig gestartet, damit die Schulen genügend Zeit zur Umsetzung haben. Vornholt weiter: „Im großstädtischen Milieu gibt es häufig wenig Gelegenheiten, direkt mit der Natur und auch der Jagd in Berührung zu kommen.“ Es mangele oft einfach an „Natürlichkeit“. Deshalb werden die Rucksäcke der Jägerstiftung natur+mensch bei einem Aktionstag im Frühjahr kommenden Jahres an die Schüler und Lehrer übergeben. Zudem werden Kontakte zu Revierinhabern vermittelt, sodass die Inhalte vor Ort später weiter intensiviert werden können.
Das Projekt des Rotary-Clubs Hamm-Mark könnte und sollte eine Blaupause für viele andere Zivilclubs sein, weil damit Natur und Jagd auf geeignete Art und Weise vermittelt werden. Damit die Aktion an anderen Orten möglichst unkompliziert realisiert werden kann, werden die Abläufe – etwa Schriftwechsel, Presseerklärungen und Fotos – dokumentiert und können bei künftigen Bestellungen des Natur-Rucksacks mitgeliefert werden. „Wir freuen uns sehr über die Unterstützung. Wir planen im Mai 2026 eine Projektwoche zum Thema Wald. In diesem Rahmen wäre eine Übergabe des Rucksacks perfekt.“ (Zitat einer Rektorin einer der beteiligten Grundschulen)
Warum schläft die Katze auf der linken Seite?
Und zum Schluss eine ebenso überraschende und auf viele sympathisch wirkende Erkenntnis eines internationalen Forscherteams, die kürzlich die Ruhr-Universität Bochum veröffentlichte. Danach wurde wissenschaftlich belegt, warum Katzen am liebsten auf der linken Seite schlafen. Und das nicht aus Bequemlichkeit, sondern es handele sich um eine Überlebensstrategie. Die Naturwissenschaftler haben unter anderem durch Analysen von 408 öffentlich auffindbaren Youtube-Videos das Verhalten von Katzen erforscht. Sie kommen zu dem Schluss, dass so das Jagd- und Fluchtverhalten der Tiere nach dem Aufwachen begünstigt werde. „Asymmetrien im Verhalten können Vorteile haben, weil die beiden Hirnhälften auf unterschiedliche Dinge spezialisiert sind“, sagt Onur Güntürkün. Sie gehört zur Bochumer Arbeitsgruppe Biopsychologie.
Dies kann – wer eine Katze hat – doch mal selbst beobachten, auf welcher Seite sein „Stubentiger“ schläft. Das wäre dann auch eine Form von Naturbeobachtung.
In diesem Sinne wünsche ich wieder ein hoffentlich gutes Wochenende.
Ihr Jost Springensguth
Redaktionsleitung / Koordination
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