In einem zehnseitigen Positionspapier beschreibt die SPD, wie sie die ländlichen Räume stärken will. Manche Forderungen sind sinnvoll, doch in vielen Punkten bleibt die Partei im Ungefähren
Die Landwirtschaft in Deutschland braucht Unterstützung und Wertschätzung, das Auto ist das zentrale Fortbewegungsmittel auf dem Land und eine zukunftsfähige Infrastruktur ist entscheidend für die Attraktivität und Lebensqualität in ländlichen Regionen. Überraschend klingen solche Äußerungen wahrlich nicht für Dorf- und Kleinstadtbewohner, sondern eher selbstverständlich – falsch sind sie aber zweifellos auch nicht. Veröffentlicht hat diese Aussagen die SPD in einem bisher wenig beachteten zehnseitigen Positionspapier. Es trägt den Titel „Deutschlands ländliche Räume: Potentiale erschließen, Gemeinschaft stärken, Zukunft gestalten“.
Im brandenburgischen Groß Behnitz, rund 50 Kilometer westlich vom Parlament in Berlin-Mitte, haben sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete Anfang September darüber auf einer Klausurtagung beraten. Lobenswert ist auf jeden Fall, dass die Fraktion überhaupt auf die ländlichen Räume blickt und diese stärken will. Wobei realistischerweise eingeschränkt wird, dies geschehe „im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel“. Gleichwertige Lebensverhältnisse sollen nach Ansicht der SPD als Staatsziel stärker im Grundgesetz verankert werden. Ob dies allein die Situation bessert, darf allerdings bezweifelt werden.
Ohne Zahlen und Zeitangaben
Manche Passagen lesen sich wie aus einem Koalitionsvertrag, doch im Unterschied dazu bleiben sie im Ungefähren. Zahlen oder Zeitangaben finden sich keine in dem Papier, stattdessen vage Aussagen wie: „Wir wollen die ländlichen Räume durch gezielte Investitionen, strukturelle Reformen und die Förderung von Innovationen stärken.“ Ziel sei es, die Lebensqualität zu verbessern, wirtschaftliche Perspektiven zu schaffen und den sozialen Zusammenhalt zu fördern. Alles gut und richtig, aber was bedeutet das konkret? Darauf bleiben die Sozialdemokraten mehr als einmal eine klare Antwort schuldig.
So heißt es außerdem, um hochwertige Bildung auch in abgelegenen Regionen zu erhalten, „müssen wir geeignete Lösungen gegen den Lehrkräftemangel, lange Schulwege, marode oder wegfallende Schulstandorte und schlechte Ausstattung finden“. Auch das ist richtig. Aber es wirkt hilflos, wenn Leserinnen und Leser dazu vergeblich überzeugende Lösungen suchen.
Zu viel selbstverständliche Aussagen
Richtigerweise werden im Positionspapier etliche Chancen und Probleme benannt – der Wert dualer Ausbildung, der Mangel an Fachkräften, der Mitgliederschwund bei Vereinen und vieles andere. Doch warum setzt die SPD zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements auf den Aufbau unbefristeter, aufsuchender, hauptamtlicher Strukturen? Warum muss immer der Staat alles lösen? Immerhin befürworten die Parlamentarier eine Entlastung der Ehrenamtlichen von bürokratischen Aufgaben.
Das Positionspapier lässt durchaus Wertschätzung erkennen für die Menschen im ländlichen Raum, für Handwerker, Kleinunternehmer und andere, und es nennt auch zahlreiche Probleme. Aber insgesamt erschöpft es sich zu sehr in selbstverständlichen Aussagen wie der Forderung zur Gemeinschaftsaufgabe „Agrarstruktur und Küstenschutz“, „dass die Mittel dort ankommen, wo sie benötigt werden“. Wer wollte das ernsthaft bestreiten? Mit solchen Formulierungen machen sich die Sozialdemokraten nicht angreifbar, doch solche Aussagen führen auch nicht weiter. Nötig sind direkte Antworten, um den Ärztemangel, den fehlenden Breitbandausbau, Probleme in der häuslichen Pflege oder mangelnden Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu beseitigen. Daher können die Überlegungen der SPD-Bundestagsfraktion allenfalls ein erster Schritt sein. Noch besser wäre es, für die Umsetzung in der Ampel-Koalition einzutreten. Überzeugend ist das Positionspapier so nicht.
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