Wie Jäger um den Fortbestand der Waidgerechtigkeit kämpfen
Während sich Tierwohl in aller Munde und in jeder Supermarkt-Reklame findet, haben Jäger alle Mühe für die bewährten Regeln der Waidgerechtigkeit zu kämpfen. Obwohl die Jagd nach gutem Brauch gelebter Tierschutz ist.
Mit zweifelhaftem Erfolg versuchen Tierschützer die wachsende Schar der Natur-Touristen wenigstens zur Aufzuchtzeit der Wildtiere von den Kinderstuben in Wald und Flur fernzuhalten. Jeder Jäger kennt das Unverständnis, mit dem tierliebe Hundehalter allzu oft auf Bitten reagieren, ihre Lieblinge an die Leine zu nehmen. Wir staunen über fast schon religiösen Widerwillen gegen die Sterilisierung von Hauskatzen. Und über die Affenliebe zu Schädlingen wie den Waschbären.
Jägern schlägt solche Tierliebe oft in Form von Hass entgegen. Weil sie Tiere töten. Nicht nur um diese zu verspeisen, sondern auch um für Gleichgewicht in einer weitgehend von Menschen gemachten Natur zu sorgen. Ihrem Handeln wird gern eine gewisse Rückständigkeit nachgesagt. Wenn diese mit Respekt vor Gottes Natur und unseren Mitgeschöpfen einhergeht, ist nichts dagegen zu sagen. Deshalb berichten wir regelmäßig über Gruppen, die sich unermüdlich mühen, die Waidgerechtigkeit in unsere Zeit zu retten.
Zum Beispiel die „Gesellschaft für Tierschutzgerechte Jagd und Hege“ vereint mit den „Hirschgerechten Jägern“ die unermüdlich daran erinnern, dass das Bundesjagdgesetz schon im ersten Paragraphen auf die guten jagdlichen Bräuche verweist: Mit der „Verpflichtung zur Hege, Sicherung der Lebensgrundlage des Wildes sowie der Grundsätze deutscher Waidgerechtigkeit.“
Von der breiten Öffentlichkeit kaum bemerkt, drohen einst „eiserne Regeln“ wie der Schutz von Muttertieren während der Aufzuchtzeit oder das Verbot „unfairer“ technischer Hilfsmittel wie Nachtsichtgeräten aufzuweichen. Dies in einer Zeit, zu der Tierwohl zum mächtigen Marketinginstrument geworden ist. Und alles unter dem Irrglauben, dass wir den Wald im Klimawandel retten, wenn wir die Wildtiere als seine angestammten Bewohner vernichten.
Zeitgeist richtet viel Leid an
Ein Zeitgeist, der zunehmend nicht wahr haben will, wie viel Leid so manche „Reduktionjagd“ anrichtet. Und was so manche Strecken-Fotos auf Jungjäger-Handys bei den Älteren bewirken, die sich für Fehlabschüsse noch richtig schämten. Vieles erinnert dabei an die Parforce-Jagden feudaler Zeiten – in Deutschland seit Menschengedenken geächtet und seit 1936 auch gesetzlich verboten. Und klammheimlich wieder salonfähig im Rahmen der Klimarettung.
Ausgewiesene Experten werden nicht müde, diesem Zeitgeist entgegenzutreten. Immer wieder nachlesenswert ist da „Wildtiermanagement“ (Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2019) von Sven Herzog. Der Professor für Wildökologie und Jagdwirtschaft an der Technischen Universität Dresden bringt es auf den Punkt: „Jagd wird in einer offenen Gesellschaft, die durch ein zunehmendes Grundmisstrauen gekennzeichnet ist, nur eine Zukunft haben, wenn sie in vorbildlicher Weise die ethischen Anforderungen erfüllt und sich in der Öffentlichkeit entsprechend aktiv positioniert. Gelingt das nicht, ist abzusehen, dass noch innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahrzehnte das vom Wesen her absolut demokratische, in zahlreichen Revolutionen erkämpfte Jagdrecht als Teil des Eigentumsrechtes verloren geht.“
Jagd rechtfertigt sich aus solcher Sicht auch durch verantwortungsvollen Umgang mit Natur und Mitgeschöpfen. Nicht aber durch den Irrglauben, dass ökologische Wunschvorstellungen den Verzicht auf ethische Grundsätze rechtfertigen könnten. Einfacher: Nur weil Mehrheiten einen Teil der Fauna zu Schädlingen erklären, darf sich Jagd nicht zum Schädlingsbekämpfer degradieren. Der Tradition Verbundene wie die Jagdagenda21 e.V. verweisen dazu auf die wachsende Kluft zwischen Forst und traditioneller Jagdausübung: „Mit dem neuen Geist, der in die Forstwirtschaft und in die Jagd eingezogen ist, ‚Wald vor Wild‘ (auch vor Moral?), sind den Wildtieren und einer anspruchsvollen Jagd die Rechtsanwälte abhanden gekommen. Für die allgemeine Jägerschaft hatte die Forstwirtschaft in der Vergangenheit eine Vorbildfunktion von den Waldbauprofessoren bis zum Revierförster. Dieser Konsens scheint gebrochen zu sein, seitdem das Wild nur noch als Störfaktor gesehen wird, dem man nicht mit Hege, sondern mit Jägerhundertschaften begegnet.“
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