Biogasanlagen liefern regenerative Energie und damit einen Beitrag zum Klimaschutz. Damit einher geht oft landschaftliche Maismonotonie. Blühwiesen sind eine Alternative, die der Biodiversität und der Niederwildhege dient

In Kürze beginnt für die Landwirte die Frühjahrsbestellung der Äcker. Zumindest rund um Biogasanlagen bedeutet dies großflächiges Säen von Energiemais. Denn die produzierte Strommenge aus dem alternativen Energieträger Biomasse ist seit der Jahrtausendwende rasant angestiegen. „Ohne den bedeutenden Beitrag des Energieträgers Biomasse sind die ehrgeizigen Ziele, die sich die Bundesregierung bei der Energiewende mit Blick auch auf Klimaschutz und Versorgungssicherheit gesetzt hat, kaum zu erreichen“, formulierte das Landwirtschaftsministerium vor einem halben Jahr. Denn Biogas ist speicherbar, flexibel nutzbar und grundlastfähig. Es produziert Energie auch dann, wenn keine Sonne scheint und kein Wind weht.
Mit Biogasanlagen wird aus einem Hektar Pflanzen vier- bis sechsmal soviel Energie produziert, wie für die Vergärung und den Anbau aufgewendet werden muss. Die positive CO₂-Bilanz von Biogasanlagen trägt stark zum Schutz des Klimas bei. Eine Standard-Biogas-Anlage mit einer Leistung von 400 kW spart beispielsweise im Vergleich zu einem fossilen Kraftwerk der gleichen Größe rund 1.800 Tonnen CO₂ pro Jahr ein.
Bereits im Jahr 2021 wurden etwa 54 Prozent der erneuerbaren Energie aus Biomasse erzeugt. Allein durch die Biogasproduktion werden 12,2 Prozent des erneuerbaren Stroms und fast zehn Prozent der erneuerbaren Wärme bereitgestellt. Hinzu kommt die Nutzung von Biomethan im Strom- und Verkehrssektor. Derzeit erzeugen in Deutschland etwa 9.600 Biogasanlagen eine elektrische Leistung von mehr als 5.600 Megawatt. Sie liefern ausreichend Strom für mehr als neun Millionen Haushalte und decken rund 5,4 Prozent des deutschen Stromverbrauchs ab. Ganz vorne bei der installierten Leistung liegen mit Abstand Niedersachsen und Bayern. Hinzu kommt die erzeugte Wärme aus Biogasanlagen, die ausreichend für über 2,5 Millionen Haushalte ist und etwa zehn Prozent der produzierten erneuerbaren Wärme ausmacht.
Was für eine Begrenzung des Klimawandels gut sein mag, ist aber für das Landschaftsbild von zweifelhaftem Vorteil. Schönheit liegt zwar im Auge des Betrachters. Aber die vielfach mit dem Heranwachsen der Pflanzen entstehende Maismonotonie genügt wahrlich nicht ästhetischen Ansprüchen. Ganz sicher aber läuft sie den Lebensbedürfnissen des Wildes zuwider. Verschärft gilt das, wenn neben dem Mais als Energiepflanze selbiger auch noch für die Verwendung als Nahrungsmittel oder als Futtermittel in der Nutztierhaltung gedeiht. In einer ansonsten ausgeräumten Feldflur gleicht manche Region dann ab dem Sommer einer Maiswüste. Das stößt nicht nur bei Radfahrern und Spaziergängern auf Unwillen, sondern in weiten Teilen der Bevölkerung und nicht zuletzt auch bei Jägern. Denn wenn in deren Pachtvertrag ganz allgemein steht, dass sie für Wildschäden ersatzpflichtig sind, dann kann auch Biogasmais unter diese Ersatzpflicht fallen, obwohl er der Energiegewinnung dient und insoweit keine typische landwirtschaftliche Nutzung ist.
Auch wenn mit der EEG-Novelle 2012 die Einsatzmöglichkeiten von Mais begrenzt wurden, steht sein Einsatz nach wie vor an erster Stelle. Insgesamt wuchsen in Deutschland nach Schätzungen der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) im Jahr 2023 auf rund 1,37 Millionen Hektar nachwachsende Rohstoffe für Biogas. Das entspricht etwa acht Prozent der bundesweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche. Mais war mit rund zwei Dritteln der Fläche die wichtigste Biogaspflanze, danach folgen Gräser/Zwischenfrüchte, Getreide, Zuckerrüben und Durchwachsene Silphie.
Bunte Biomasse ist schön und ökologisch
Vergleichsweise gering ist der Beitrag von Wildpflanzen und Blühmischungen. Gerade letztere aber bieten eine Reihe ökologischer Vorteile. Sie bieten ein vielfältiges Blüten- und damit Nahrungsangebot für Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und andere Insekten. Die Bereicherung des Landschaftsbildes geht also einher mit einem wichtigen Beitrag zur Bewahrung der Biodiversität. Die ganzjährige Bodenbedeckung reduziert die Bodenerosion. Vor allem aber ist sie ein wichtiger Lebensraum für Wildtiere wie Hase, Fasan und Rebhuhn, denn gerade Blühmischungen und Wildpflanzen bieten Deckung vor Fressfeinden und zugleich ausreichend Futter.
So bescheinigt das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) der Durchwachsenen Silphie „relativ hohe Methanerträge, die auf wärmeren Standorten an den Mais heranreichen“. Ihre langanhaltende Blühdauer mache sie zudem zur ergiebigen Insekten- und Bienenweide. „Auch Anbauversuche mit mehrjährigen blühenden Wildpflanzenmischungen haben zum Teil vielversprechende Ergebnisse gebracht. Sie können die Artenvielfalt auf deutschen Äckern deutlich erhöhen“, heißt es weiter. Noch deutlicher formuliert es das Netzwerk Lebensraum Feldflur (NFL): „Wir haben was gegen den Klimawandel, das Artensterben und ausgelaugte Böden: Bunte Biomasse.“
Ohne Förderung geht es nicht
Allerdings gibt es einen Pferdefuß: Die bunte Biomasse ist zwar für zahlreiche Vogel-, Insekten- und Säugetierarten ein wertvoller Lebensraum, der als mehrjähriges Anbausystem bereits im zeitigen Frühjahr Pollen und Nektar anbietet und nach der Ernte im Spätsommer bis zur Vegetationsruhe mit seiner etwa kniehohen Struktur dem Niederwild und vielen Rastvögel einen wertvollen Rückzugsraum und Insekten ein Winterquartier bietet. Doch Landwirte leben von ihrer Ernte und nicht vom schönen Aussehen ihrer Felder. Da sind Biogasanlagen und mit Biogas betriebene Blockheizkraftwerke (BHKW) oft wichtige Einnahmequellen. Doch der Methanertrag des Substrats aus bunter Biomasse beträgt im Vergleich zum Mais etwa 60 bis 70 Prozent. Im Portemonnaie bedeutet das mehrere hundert Euro je Hektar Anbaufläche weniger.
Das Fachmagazin Naturschutz und Landschaftsplanung hat deshalb bereits Ende 2020 in der Analyse einer Akzeptanzstudie betont, dass Landwirte zwar die positiven Aspekte der Blühwiesen bis hin zum Imagegewinn für den eigenen Berufsstand sehen. Allerdings brauche es eine finanzielle Förderung, die das Defizit ausgleiche. Sonst seien es „hauptsächlich überdurchschnittlich große und jagdlich engagierte Betriebe, die sich diese Kulturform leisten“.
Diese Lücke schloss bis Ende vergangenen Jahres das Projekt „Bunte Biomasse“ überall dort, wo es keine Förderprogramme gibt, indem ein Ausgleich für Deckungsbeitragsverluste in Höhe von 500 € pro Hektar und Jahr gewährt wurde. Immerhin aber verweist es bis heute auf seiner Internetseite auf Förderprogramme der Bundesländer, etwa in Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Darüber hinaus gibt es vereinzelt Unterstützung in einzelnen Kreisen, Städten und Gemeinden.
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