Die Meldungen über das Wiederaufflammen der Afrikanischen Schweinepest (ASP) alarmieren. Jäger und Landwirte sind aufgerufen, wachsam zu sein und eine effektive Schwarzwildbejagung sicherzustellen
Mit der immer wieder aufflackernden Afrikanischen Schweinepest (ASP) ist nicht zu spaßen. Nun ist sie erstmals auch in Hessen ausgebrochen. Nachdem das erste infizierte Wildschwein entdeckt worden war, dauerte es einige Tage, bis das Landesumweltministerium mitteilte, dass rund 500 Meter vom Erstfund entfernt und damit ebenfalls innerhalb der 7.300 Hektar umfassenden Kernzone im Landkreis Groß-Gerau fünf weitere infizierte Tiere gefunden worden seien, sodass es aktuell sechs Fälle sind.
Das klingt nach wenig, ist es aber besonders dann nicht, wenn einige Kadaver wie befürchtet schon älter sind und die Seuche damit schon länger wütet. Denn es gilt, den Seuchenherd einzudämmen und das Virus punktuell scharf zu bekämpfen. Ganz vermeiden lassen sich Neuinfektionen offenbar nicht. Das zeigt die Entwicklung seit dem ersten Ausbruch der ursprünglich auf Afrika begrenzten ASP in Europa. Nachdem die anzeigepflichtige Tierseuche 2007 nach Georgien eingeschleppt worden war, breitete sie sich von dort in die Nachbarländer aus, trat 2014 das erste Mal in den baltischen Staaten und Polen auf und wurde 2020 in Deutschland erstmals im Landkreis Spree-Neiße in Brandenburg bei einem Wildschwein festgestellt. Kurz darauf war Sachsen und ein Jahr später Mecklenburg-Vorpommern betroffen.
Zur Bekämpfung gesammelte Erfahrungen nutzen
Die Verantwortlichen in Hessen tun gut daran, auf die im Nordosten Deutschlands gesammelten Erfahrungen bei der erfolgreichen Bekämpfung zurückzugreifen. Zwar ist die Seuche für den Menschen absolut ungefährlich. Doch löst sie bei den betroffenen Schweinen enormes Tierleid aus, das fast immer tödlich endet. Noch schlimmer ist der volks- und betriebswirtschaftliche Schaden nach einem Eintrag in Haustierbestände. Er kann landwirtschaftliche Betriebe ruinieren. Von denen gibt es laut hessischem Landwirtschaftsministerium innerhalb einer Restriktionszone mit einem Radius von 15 km rund 75 mit etwa 5.600 Schweinen. Auch der Austausch mit den Behörden in Rheinland-Pfalz ist zwingend. Schließlich liegen dort der Landkreis Mainz-Bingen und die Stadt Mainz in dem Radius.
In der Vergangenheit gab es bereits acht ASP-Ausbrüche bei gehaltenen Schweinen. Neben einem Ferkelerzeuger in Niedersachsen waren fünf unterschiedliche Haltungen in Brandenburg sowie Mastschweinebestände in Mecklenburg-Vorpommern und in Baden-Württemberg betroffen. Ein Übergreifen auf Haustierbestände soll nun in Hessen mit aller Macht verhindert werden, zumal es keinen Impfstoff gibt. Deshalb ist dort das epidemiologische Expertenteam des Friedrich-Loeffler-Instituts, das die wohl renommierteste wissenschaftliche Einrichtung für Tiergesundheit in Deutschland ist, beratend tätig.
Einsatz von Kadaver-Suchhunden und Drohnen
Aber auch ganz praktische Maßnahmen sind zwingend. Intensiv wird nach Wildschwein-Kadavern gesucht. Dabei werden neben speziell ausgebildeten Kadaver-Suchhunden auch Drohnen eingesetzt. Das Regierungspräsidium Darmstadt hat dazu extra das Flugverbot für Natur- und Vogelschutzgebiete aufgehoben. Außerdem wurde in Hessen mit dem Bau eines elf Kilometer langen Schutzzauns begonnen. Er soll die Wanderbewegungen infizierter Wildschweine begrenzen. Außerdem muss deren Population niedrig gehalten werden. Dazu bedarf es einer intensiven Bejagung. Ohne Jäger, die dabei eine gesellschaftliche Aufgabe erfüllen, ist das nicht möglich. Denn eine Gesetzesreform, mit der das polnische Parlament Ende 2019 den Einsatz von Polizisten, Grenzschützern und Soldaten zum Abschuss von Wildschweinen ermöglicht hat, ist in Deutschland unvorstellbar. Bei uns ist das Jagdrecht ein Eigentumsrecht, also gebunden an den Besitz von Grund und Boden.
Doch alle Bemühungen von Behörden, Landwirten und Jägern sowie alle Restriktionen im Umgang mit Haus- und Wildschweinen sind nutzlos, wenn ein achtlos in der Natur weggeworfenes Brötchen sie zunichtemacht. So zitiert die Frankfurter Rundschau die FLI-Leiterin Carola Sauter-Louis, dass das ASP-Virus wahrscheinlich durch einen Lastwagenfahrer nach Hessen eingeschleppt wurde, der seinen Bioabfall an einer Autobahnraststätte nicht in einem der verschlossenen Müllbehälter entsorgt habe. Diese virushaltigen Speiseabfälle könnte das Wildschwein gefressen haben. Weil der Erreger sowohl über Nahrungsmittel als auch über Kleidung und Autoreifen weitergetragen werden kann, mahnen die zuständigen Ministerien in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen besonders angesichts der bevorstehenden Sommerreisezeit zu erhöhter Achtsamkeit. Beide Bundesländer haben die höchsten Hausschweinbestände in Deutschland. Da geht es um tausende Arbeitsplätze in Schlacht- und Zerlegebetrieben sowie der nachgelagerten Lebensmittelindustrie.
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