Die Forderungen zur Landwirtschaft und Jagd sind nicht die radikalsten Punkte im Wahlprogramm der AfD. Doch mit ihren EU-feindlichen Äußerungen stehen die Rechtspopulisten allein da

Die AfD verharmlost Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine, fordert Deutschlands Ausstieg aus dem Euro und der Europäischen Union und leugnet den Klimawandel. Damit unterscheidet sich die in Teilen rechtsextreme Partei fundamental von demokratischen Parteien, die am 23. Februar zur Bundestagswahl antreten. Aber welche Positionen vertreten die Rechtspopulisten zum ländlichen Raum?
Immerhin widmet sich die AfD im Wahlprogramm ausführlich der Landwirtschaft, Jagd, Waldpflege und Forstwirtschaft, dem Gewässerschutz und der Trinkwasserversorgung. Ein eigenes Kapitel behandelt „Landwirtschaft, Umwelt und Klima“. Neben Banalitäten wie „Fischerei ist ein Kulturgut“ oder „Heimat braucht Bauern“ reiht sich eine EU-skeptische Position an die andere. Die AfD fordert, dass sich Landwirtschafts- und Umweltpolitik zuerst an nationalen Gegebenheiten und Bedürfnissen orientieren.
Ist „Wald vor Wild“ eine linksgrüne Ideologie?
Die AfD bezeichnet Jagd als „gelebten Naturschutz“ und stimmt damit dem Deutschen Jagdverband zu. Alle Jägerinnen und Jäger dürften dieser Aussage zustimmen. Mit ihrem Prinzip „Wald mit Wild“ widerspricht sie dem Grundsatz „Wald vor Wild“, den sie als linksgrüne Ideologie diffamiert. Merkwürdig nur, dass es die CSU war, die vor Jahren diesen Grundsatz im bayerischen Waldgesetz verankert hat (Artikel 1, Abs 2., Nr. 2) – und die Partei von Markus Söder ist nun wirklich unverdächtig, im Münchner Landesparlament linksgrüne Ideologie zu fördern. „Wald vor Wild“ soll die von Borkenkäfern, Dürre und Stürmen bedrohten Bäume schützen und den klimagerechten Waldumbau fördern, um nachwachsende junge Bäume vor Wildverbiss zu bewahren.
Gegen die Gemeinsame Agrarpolitik
Zur Agrarpolitik schreibt die AfD, sie wolle die Unabhängigkeit der Landwirte stärken, marktwirtschaftliche Prinzipien wieder in den Vordergrund rücken und den Bauern mehr unternehmerische Entscheidungsfreiheit zurückgeben. „Eine sach- und leistungsgerechte Vergütung der Landwirte, landwirtschaftlichen Nutztierhalter und Nahrungsmittelproduzenten muss generationengerecht gesichert sein“, heißt es – ein Satz, dem wohl jeder Bauer zustimmen dürfte.
Doch die bewährte Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), eines der ältesten Politikfelder der Europäischen Union, lehnen die Rechtspopulisten strikt ab. Das unterscheidet die AfD eindeutig von CDU/CSU, SPD, Grünen und der FDP, die zumindest im Grundsatz alle der GAP zustimmen. Die Forderung der Rechtspopulisten nach einem Bürokratieabbau in der Landwirtschaft teilen hingegen alle Parteien.
Die AfD verspricht im Fall einer Regierungsübernahme die sofortige Verdoppelung der Agrardiesel-Rückerstattung und verlangt den Vorrang regionaler Produkte wie Gemüse, Obst, Fleisch und Fisch gegenüber Importware. Wie sie das umsetzen will, bleibt allerdings unklar.
Windräder lehnen die Rechtspopulisten ab, da sie angeblich Pflanzen, Tiere und die Gesundheit und Lebensqualität der Menschen gefährden. Auch den Neubau von Photovoltaikanlagen als Agri-PV auf landwirtschaftlichen Nutzflächen lehnt die AfD ab.
Region hat hohen Stellenwert
Die Region hat für die AfD einen hohen Stellenwert. Sie befürwortet regionale, wohnortnahe Nutztierhaltung, den Erhalt regionaler Schlachthöfe, die regionale Überwachung problematischer Wildtier-Bestände, die regionale Wasserversorgung und eine auf regionale Bedürfnisse ausgerichtete Umwelt- und Landwirtschaftspolitik. Was das konkret bedeutet, bleibt allerdings im Dunklen.
Die Passagen zum ländlichen Raum gehören nicht zu den radikalsten Positionen der in Teilen rechtsextremen AfD. Doch wegen ihres umstrittenen Politikstils, ihrer EU-feindlichen Haltung und ihres völkischen Menschenbildes sind die Rechtspopulisten für die Bewohner ländlicher Räume nicht wählbar. Kein Wunder, dass der Deutsche Bauernverband auf Distanz geht – und alle im Bundestag vertretenen Parteien eine Koalition mit der AFD ausgeschlossen haben.
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